Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut
ihre inzwischen gefühllos gewordenen Finger aus Versehen die eingegebene Nummer löschten? Verdammt, sie war so nah dran und doch keinen Schritt weiter.
Sie drehte sich zu dem Telefon um, bis es direkt vor ihren Augen lag. Mit vor Anstrengung zitternden Halsmuskeln senkte sie das Gesicht, bis ihre Nasenspitze die Hörertaste berührte. Sie konnte aus dieser Nähe nichts mehr erkennen und hoffte, dass sie die richtige Taste erwischte. Die Taste war schwerer herunterzudrücken, als sie gedacht hatte, ihre Nasenspitze zu weich, je nachdem. Endlich gelang es ihr, einmal … zweimal.
»Ich wette, wir haben gerade die Tatwaffe gefunden, mit der Feldheim erschossen wurde«, sagte Pia zu Broders, als sie auf dem Rückweg nach Lübeck waren. Sie waren über Plön gefahren, weil sie auf dem Revier noch etwas zu erledigen gehabt hatten. Bösdorf lag nun hinter, der Staatsforst Eutin vor ihnen.
»Ich halte dagegen«, antwortete er. »Asmussen ist nicht fähig, so einen Mord wie den an Timo Feldheim zu planen und auszuführen. Er müsste ja vorher herausgefunden haben, wann und wo Katja und Timo an einem Orientierungslauf teilnehmen würden. Es stand zwar alles im Internet und wurde am Startplatz ausgehängt – Teilnehmerlisten, Startnummern und Zeiten –, aber ich habe in dem Wohnmobil nirgends einen Computer gesehen.«
»Vielleicht hatte er einen Helfer … Oder er hat die beiden einfach verfolgt?«
»Ohne Auto? Der Bus ist seit Jahren nicht von der Stelle bewegt worden.«
»Wer sagt uns, dass Asmussen kein Auto hat?«
»Er hat uns selbst erzählt, dass er Fahrrad fährt.«
»Er könnte lügen.«
»Nein, Pia, nicht so, nicht planmäßig und geschickt. Außerdem, und das ist das Entscheidende: Wo ist das Motiv?«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Ist es nicht bemerkenswert, dass er nach all den Jahren noch ein Foto von Tamara Kalinoff versteckt hält? Und diese anderen Dinge? Die haben bestimmt mal ihr gehört. Er muss verrückt nach ihr gewesen sein. Vielleicht vermutet er, dass ihre Freundin, Katja Simon, irgendwie Schuld an ihrem Tod hat.«
»Doch nicht nach all den Jahren, Pia.«
»Und wenn es einen Auslöser gegeben hat? Diese Wut und der Hass gärten jahrelang in ihm, bis etwas diese Reaktion in ihm auslöste: den Wunsch, Katja Simon zu ermorden.«
»Und was sollte das gewesen sein?«
»Ich weiß es noch nicht.«
»Dein Telefon klingelt.«
Es war ihr Diensthandy, nicht das private. »Geh du eben ran, vielleicht ist es Gabler …«, bat sie Broders.
Er nahm das Telefon aus der Halterung und meldete sich. »Hier, hör mal«, forderte er sie auf, nachdem er einen kurzen Moment gelauscht hatte.
»Ich höre nichts«, sagte Pia.
Er nahm das Handy zurück und hielt es wieder an sein Ohr. »Hallo? Wer ist denn da? Hallo?«
»Leg auf, Broders.«
»Merkwürdig. Ich könnte schwören, dass da ein Stöhnen zu hören war …«
»Das ist ja noch schöner! Obszöne Anrufe auf meinem Diensthandy?«
»Nein, Pia. Da war etwas anderes. Kennst du diese Nummer?« Er las ihr eine Mobilfunknummer vor.
»Keine Ahnung. Die sagt mir spontan überhaupt nichts. Ruf doch mal da an.«
Sie wartete ab, während Broders die Nummer wählte, horchte, doch es ging wohl niemand an den Apparat. »Seltsam«, sagte er.
Pia bog von der B 76 in eine Seitenstraße und hielt an. Sie schaltete die Innenbeleuchtung ein. »Gib mal her. Ich denke, das haben wir gleich.« Sie drückte auf der Tastatur herum, kontrollierte das Anrufprotokoll und die angenommenen Anrufe. »Hier, siehst du, ich habe die Nummer schon einmal gewählt. Der Abfolge nach ist es zwei oder drei Tage her.«
»Kann uns nicht einfach jemand den Besitzer der Nummer nennen?«
»Das dauert zu lange. Es könnte Katja Simons Nummer sein, Solveigh Pahl, die von Sven Waskamp. Marianne Fierck … Nein, die nicht, da hatte ich nur die Festnetznummer … und Waskamp habe ich mit Namen eingespeichert.«
»Und nun?«, fragte Broders.
»Also … Im Zweifelsfall müssen wir dem nachgehen«, sagte Pia. »Wenn wir nicht reagieren und irgendetwas passiert, machen wir uns ewig Vorwürfe.«
»Die mache ich mir sowieso.«
Pia sah ihn von der Seite an. Das ewige schlechte Gewissen, sie kannte das. »Wir sagen den Kollegen von der Schutzpolizei Bescheid. Die können einen Streifenwagen bei Katja Simon vorbeischicken. Ich vermute nämlich, dass es die Nummer von Katja Simon oder Solveigh Pahl ist.«
»Und warum schicken wir niemanden bei Solveigh Pahl vorbei?«
»Soweit ich
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