Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut
Konzentration und vollen Einsatz zeigen muss. Kürschner und ich haben schon alles so weit vorbereitet. Wir haben Sie in Teams den verschiedenen Aufgaben zugeteilt und die Liste ans Pinboard geheftet. Fragen und Berichte gehen umgehend und direkt an uns beide. Das wär’s für den Augenblick.«
Nach Sauerstoff und Koffein lechzend, verließen die Männer und Frauen der erweiterten SoKo den Raum. Einige strebten dem Kaffeeautomaten zu, andere dem Pinboard, um ihre neue Aufgabe zu erfahren. So auch Pia und Broders, die eine Weile warten mussten, bevor sie einen Blick auf Gablers Aufzeichnungen werfen konnten. Als sie dort standen, fühlte Pia den durchdringenden Blick von einem der neu hinzugekommenen LKA Beamten auf sich ruhen.
»Kennst du den in der schwarzen Jacke, der zu uns herübersieht«, fragte sie Broders leise.
»Oh, sieht er gut aus?« Heinz Broders warf einen Blick in die angegebene Richtung. »Ach, Steffen Benseler meinst du. Ein fähiger Mann, aber leider vergeben, wie ich gehört habe. Trotzdem, nimm dich lieber vor ihm in Acht.«
»Ich bin gerade nicht interessiert«, sagte Pia.
»Ach ja? Er starrt dich wirklich an. Muss ich mir Sorgen machen?«
Gerlach, der direkt neben ihnen stand, mischte sich leise in das Gespräch. »Benseler hat heute Morgen eine Bemerkung über Pia fallen lassen … Ich hab’s nur zufällig gehört.«
»Und zwar?«
»Er hat natürlich auch mitbekommen, dass du mit Broders bei der Gasexplosion dabei warst. Live und in Farbe, sozusagen. Es schien ihm nicht zu gefallen.«
»Ach ja?«
»Er findet, du solltest zurzeit lieber Innendienst schieben, Pia.« Er hob abwehrend die Hände. »Seine Worte, nicht meine.«
»Was geht den das an? Und woher weiß er es überhaupt?«, fragte sie aufgebracht. Benseler hatte inzwischen wohl erfahren, was er wissen wollte. Er löste seinen Blick nur sehr widerwillig, wie es schien, von Pias Anblick.
Er mag dich nicht, dachte Pia. Und dann: Unsinn! Es ist die Anspannung. Der gestrige Abend hat mich angreifbar gemacht.
»Benseler arbeitet normalerweise in Kiel. Das könnte man schon mal als einen Hinweis werten«, sagte Broders. Pia verstand und hörte deshalb nur noch mit halbem Ohr hin, als Broders fortfuhr: »Mal sehen, was Gabler sich für mich ausgedacht hat: Na bitte! Ich fahre mit dir zusammen zu Rainer Halby, Gerlach. Das ist doch der Ehemann der Frau, die gestern überlebt hat. Wie erfreulich! Und du, Pia? Innendienst?«
»Na, schau selbst«, sagte sie mit einer gewissen Genugtuung in der Stimme. Sie war eingeteilt, mit Olaf Maiwald nach Kargau zu fahren, um weitere Befragungen über einen möglichen Aufenthaltsort von Wilbur Asmussen vorzunehmen.
Andere Kollegen drängten von hinten nach, sodass sie den Rückzug antraten. Auf dem Weg klingelte Pias Mobiltelefon. Sie sah, dass es Hinnerk war, und zog die Tür zu ihrem Büro hinter sich zu. Wieso meldete er sich bei ihr? Sie hatte ihm am Kanal deutlich zu verstehen gegeben, dass sie ihn erst mal nicht wiedersehen wollte. Die Wut über seinen Verrat hatte sie dazu verleitet, ihm Dinge an den Kopf zu werfen, an die sie jetzt lieber nicht denken wollte.
»Wie geht es dir, Pia?« Hinnerks Stimme klang distanziert. »Ein Kollege hat mir erzählt, dass du gestern vor Ort warst, als das Haus in Scharbeutz in die Luft geflogen ist. Er war ebenfalls da und hat dich vorn an der Absperrung gesehen.«
Es waren mindestens zwei Rettungswagen vor Ort gewesen, erinnerte sich Pia. »Mir ist nichts passiert – und deinem Kind auch nicht.«
» Meinem Kind, nicht unserem ?«
»Natürlich unserem. Ich kann mich ja aus der Geschichte schlecht ausklinken, oder?«
»Nein. Das würde schwierig, rein biologisch gesehen.« Ein Hauch der sonst mitschwingenden Ironie und des Witzes klang durch, vermischt mit Bitterkeit.
Pia merkte, wie ihr die Kehle eng wurde. Was sollte das, sie gerade jetzt, während der Arbeitszeit, anzurufen? Hatte er überhaupt eine Vorstellung davon, was heute hier los war? Ganz abgesehen davon, was sich gestern Abend seinetwegen bei ihren Eltern abgespielt hatte? Oder hatte Nele sich schon bei ihm ausgeweint? Bestimmt. Hier liefen jedenfalls überall Kollegen herum. Jeder brauchbare Raum im Kommissariat war belegt, und auch in ihr Büro konnte jeden Moment wieder jemand reinkommen.
»Ich kann jetzt schlecht telefonieren, Hinnerk«, sagte sie ungeduldig.
»Ich wollte nur hören, ob es dir gut geht, nach deiner Beteiligung an einer Gasexplosion. Kannst du dich nicht eine Weile
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