Ostseegrab
Geburtstag hatte ... und das neue Brett ... dann war sie doch bestimmt glücklich an diesem Tag.«
Hanjo klatschte aufgeregt in die Hände. »Du bist auf dem richtigen Weg! Aber eine Frage bleibt doch offen, findest du nicht auch? War sie auch noch glücklich, als sie starb?«
46
Ben erreichte das Bistro. Das Licht war bereits aus und die Tür verschlossen. Der alte Hanjo schlief sicher längst. Aber wo war Sophie? Vielleicht wartete sie doch in seinem Bus auf ihn. Ben rannte zur Wiese.
»Sophie?«, rief er schon von Weitem. Er bekam keine Antwort. Schnaufend erreichte er seinen Transit. Sie schien nicht da gewesen zu sein. Zettel und Stift lagen unberührt auf dem Tisch. Sie hätte sonst doch bestimmt eine Nachricht hinterlassen. Wahrscheinlich war sie längst zu Hause und schlief. Sicher war sie die Straße zurückgegangen, um nicht noch mal an Olli vorbei zu müssen. Dieser Vollidiot hatte sie zu Tode erschreckt. Wo bist du, fragte Ben stumm und sah in den wolkenlosen Himmel. Der große Wagen stand direkt über ihm. Es war schon spät und der Tag war wirklich turbulent gewesen. Er sollte sich ins Bett legen und ein bisschen schlafen. Ben setzte sich auf seinen Campingstuhl und versuchte, sich zu beruhigen. Es gelang ihm nicht. Das mulmige Gefühl blieb. Er würde nie und nimmer einschlafen können, bevor er sich nicht davon überzeugt hatte, dass sie unbehelligt bei Tina angekommen war. Entschlossen sprang er auf und suchte in seinem Bus nach seinem Handy. Das Telefon war tot. Der Akku war alle. Kein Wunder! Er hatte so oft versucht, sie zu erreichen. Ohne Erfolg. Und er hatte sich Sophies Nummer nicht notiert. Ben feuerte das Telefon mit aller Gewalt zurück in den Bus. Mit klopfendem Herzen überlegte er, was er jetzt noch tun konnte. Natürlich! Er würde zu Hanjo gehen. Er hatte doch den Schlüssel für die Hintertür. Und Hanjo hatte ein Telefon. Er musste Tinas Nummer rausfinden und sie anrufen. Es war ihm mittlerweile auch egal, wenn der Superbulle ans Telefon ging. Tinas Mann, so ätzend er auch war, würde sicher verstehen können, dass er in Sorge war.
Sophie wischte sich das Erbrochene vom T-Shirt. Wenn es ihr körperlich nicht so schlecht gehen würde, hätte sie vielleicht eine Chance gehabt. Hanjo musste sie mit irgendeiner Droge vollgepumpt haben.
»Ach Sophie, nun versteh mich doch bitte!«, forderte Hanjo verzweifelt. »Ich habe mir jahrelang vorgestellt, wie es sein muss zu ertrinken. Ich meine, mein Baby ist doch ... Ich habe Bücher gelesen, mit Ärzten gesprochen ... Irgendwann habe ich akzeptiert, dass sie tot ist. Freya war so stark. Sie trauerte um ihr einziges Kind und kümmerte sich trotzdem um mich. Freya hatte genug Kraft für uns beide. Unser Leben ging tatsächlich weiter. Natürlich ohne Kinder, aber dafür mit Gästen und jungen Wassersportlern. Sie nahm sie immer alle unter ihre Fittiche. Und dann wurde sie krank: Brustkrebs.«
Sophie versuchte, ihn zum Weitererzählen zu motivieren. Solange er erzählte, konnte er sie nicht töten. »Würde Freya verstehen, was du getan hast und tust?«
Hanjo schüttelte nachdenklich den Kopf. »Nein«, gab er gedankenverloren zu. »Wahrscheinlich nicht. Aber sie wäre bestimmt einverstanden, wenn sie wüsste, dass es mir hilft. Komm jetzt! Du musst jetzt baden.«
Sophie überlegte panisch, wie sie es hinauszögern könnte. Sie fühlte sich wie eine Unschuldige auf dem Weg zur Hinrichtung. Wenn sie schon sterben musste, dann wollte sie auch die ganze Geschichte hören. »Was war mit ihr?«
»Freya? Die Ärzte konnten nichts mehr für sie tun. Im Krankenhaus wollte sie nicht bleiben. Ihr fehlte die Ostsee und unser Haus. Da hab ich sie mitgenommen und mich um sie gekümmert. Doktor Pieper kam jeden Tag vorbei und sah nach ihr. Von ihm bekam ich das Valium. Es dauerte nur ein paar Wochen. Freya ist in meinen Armen gestorben. Sie sah so friedlich aus, fast glücklich. Ich war plötzlich allein und da kam mir die Idee. Wenn ich wüsste, dass meine Tochter damals genauso glücklich ausgesehen hat, dann wäre ich ein zufriedener Mann und könnte irgendwann beruhigt sterben. Es wäre dann so wie damals, als sie noch klein war. Ich würde sie einfach ins Bett bringen und ihr beim Einschlafen zusehen. Na komm! Wir bringen es zu Ende.«
Sophie konnte nicht allein aufstehen. Hanjo nahm sie hoch und stützte sie. Er zog sie nicht aus. Er ließ sie einfach in die Wanne gleiten.
Ben rannte zur Hintertür und nahm seinen Schlüssel. Das
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