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Ostseegrab

Ostseegrab

Titel: Ostseegrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Clausen
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wissen jetzt, was das ist.«
    Stefan starrte ihn an, wie eine Schlange das Kaninchen. Enno lehnte sich wieder zurück und lockerte seinen albernen Schlips.
    »Getrocknete Scheuermilch! So ein Zeug eben, mit dem man Waschbecken und Badewannen sauberschrubbt. Scheuermilch löst sich nicht auf. Meine Frau meinte allerdings, dass man deshalb gründlich nachspült. Entweder hatte euer Mann es ziemlich eilig oder er kann nicht putzen.«
    Stefan legte seinen Kopf auf die Handflächen und kratzte mit den Fingernägeln seine Kopfhaut. Scheuermilch! Die Frauen hatten Scheuermilch unter den Nägeln, weil sie in ihrem Todeskampf versucht hatten, an den Wänden einer Wanne Halt zu finden. Jetzt hatten sie einen Tatort. Sie mussten die richtige Badewanne nur noch finden.
    »Scheiße!«, fluchte er laut.
     
    Tobias rollte rasant durch die Wohnungstür. »Hallo, bist du da?«, rief er gut gelaunt. »Ich bin früher weg. War nicht viel los und wozu hat man Angestellte. Olli?«
    Tobias zog die Tür zu und fuhr in die Küche. Olli schien noch unterwegs zu sein. Das hatte man nun davon, wenn man sich um einen alten Kumpel kümmern wollte. Tobias schaltete die Espressomaschine an und fuhr durch das Wohnzimmer, um die kleine Terrassentür zu öffnen, die in seinen winzigen Schattengarten führte. Es war stickig in der Wohnung. Draußen waren es über 30 Grad und es lag ein Gewitter in der Luft. Zurück in der Küche packte er die eingekauften Lebensmittel in den Kühlschrank. Er würde heute eine Paella machen und zur Vorspeise Melone mit Serranoschinken. Gut gelaunt schaltete Tobias das Radio ein: ›It never rains in Southern California‹. Aber hier hoffentlich schon! Plötzlich fuhr er zusammen. Das Wohnzimmer hatte ausgesehen wie sonst. Wo waren Ollis Sachen? Er ließ die Melone fallen und fuhr zurück. Nicht nur von Olli fehlte jede Spur, auch seine Klamotten waren weg. Auf dem Tisch lag ein Zettel: ›Vielen Dank fürs Essen und dein offenes Ohr. Bin spontan nach St. Peter-Ording aufgebrochen. Lass mir den Kopf durchpusten.‹
    Tobias schüttelte den Kopf und knüllte die Notiz zusammen. Er war ein bisschen beleidigt, dass Olli einfach so abgehauen war, doch auf der anderen Seite beneidete er ihn. Er war gesund und hatte eben die Möglichkeit, einfach seine Pläne zu ändern und spontan ans Meer zu fahren, um zu kiten. Wütend ließ er die Faust auf den Tisch krachen. Er hasste die Spur von Selbstmitleid, die in ihm hochkam. »Jetzt dreh nicht durch!«, beschimpfte Tobias sich selbst. Ihm ging es wirklich nicht schlecht. Er war nicht isoliert, sondern durch sein Geschäft noch mitten in der Szene. Plötzlich klingelte es an der Tür. Tobias öffnete in der Hoffnung, dass Olli zurückgekommen war.
    »Herr Schuhmacher?«, fragte ein ihm fremder Mann.
    »Ja?«
    »Schölzel von der Kripo Lübeck. Darf ich kurz eintreten? Ich habe nur eine Frage.«
    Tobias zuckte mit den Schultern und fuhr zur Seite.
    »Wir sind auf der Suche nach Oliver Konrad. Er ist ein, ähm, wichtiger Zeuge. War er zufällig hier?«
    Tobias nickte und freute sich, dass seine Beine nicht zittern konnten. »Ja, er war hier. Nun ist er aber weg. Ich habe es selbst gerade erst gemerkt. War in meinem Surfshop ›The Wave‹. Der Laden ist gleich um die Ecke.«
    »Wissen Sie vielleicht, wo er hin wollte?«
    Tobias schluckte und machte ein nachdenkliches Gesicht. In Wirklichkeit überlegte er, ob er dem Kommissar von der Notiz erzählen sollte. »Keinen Schimmer«, sagte er schließlich.
    »Verdammt! Vielen Dank, Herr Schuhmacher. Ich lass Ihnen meine Karte da. Nur für den Fall, dass Herr Konrad sich bei Ihnen melden sollte.«
    Tobias nahm sie entgegen und nickte freundlich. Dieser Schölzel war schon wieder aus der Tür, als er sich noch einmal umdrehte.
    »Herr Schuhmacher. Sie sind doch ein alter Freund von Oliver Konrad. Ist er Ihnen irgendwie verändert vorgekommen? Irgendwie bedrückt?«
    Tobias zuckte mit den Achseln und hob die Augenbrauen. »Mir ist nichts dergleichen aufgefallen. Natürlich hat er von der schrecklichen Sache erzählt, die auf Fehmarn passiert ist. Ist doch klar.«
    »Danke noch mal«, sagte der Kommissar und trat nach draußen.
    Tobias schloss die Tür und atmete tief durch. Olli war ganz und gar nicht normal gewesen. Er hatte das erst auf den Liebeskummer und dann auf den Verlust geschoben. Tobias beschloss, statt des Espressos doch lieber ein Bier zu trinken. Er hatte der Polizei nicht die Wahrheit gesagt und er kam nicht dahinter, warum er

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