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Ostseeliebe

Ostseeliebe

Titel: Ostseeliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Jaskulla
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Strümpfe und über den Hof, hinaus auf den Weg und über die Felder - und teilte die Insel schließlich in zwei Teile. »Und so kommt es, daß wir heute unseren eigenen
kleinen Flecken in der Ostsee haben!« Malte sah sich um, höchst zufrieden mit seiner Geschichte.
    »Ich glaube, wir war’n schon immer für uns!« brummte die eine Alte mißmutig. »Das ist wieder so eine Geschichte von drüben. Die können’s nich’ ab, daß wir alleine sind!«
    Sie lachten. »Drüben«, das war die Nachbarinsel, die große.

    Die Tür hinten im Saal schwang auf, und mit dem kalten Windzug fegte ein Mann zur Tür herein, im weiten Mantel, einen Hut mit einer breiten Krempe ins Gesicht gezogen - Hanno Minarek. Das Schwatzen der Frauen verstummte. Malte hatte plötzlich ungeheuer viel an einem Bierseidel herumzuwienern. Hanno gab sich leutselig:
    »’n Abend, Mädels! Ihr hattet ein Taxi, hattet ein Taxi bestellt?«
    Fast hätte Julia seinen Auftritt etwas großspurig gefunden, aber dann hörte sie sein mühsames Stammeln und dahinter die Unsicherheit. Er kam näher, und sie glaubte, etwas in seinem Gesicht erkennen zu können, als er sie sah. Hanno beeilte sich, die beiden Alten zu begrüßen, fragte höflich, ob »die Damen« denn gleich loswollten oder ob noch Zeit für ein Bier für einen verdurstenden Kutscher wäre. Aber die »Damen« mochten nicht mehr, die Bierlaune war ihnen sichtlich vergangen, und als Biggi fragte, warum denn nicht Hilda gekommen sei, da wußte Julia, was passiert war: Renate hatte zwischendurch telefoniert, »nach’m Kutscher«, wie sie sagte, und alle hatten insgeheim darauf gehofft, daß Schuck käme - oder wenigstens Hilda. Statt dessen war es nun ausgerechnet Hanno, der ihre fidele Runde nach Hause fahren sollte. Die zentrale Kutschenrufnummer, die auf Betreiben Hannos vor einiger Zeit eingerichtet worden war, nutzte anscheinend nur ihm. So kam es den Frauen jedenfalls vor. Hanno schien in den Mienen der Frauen zu lesen.
    »Ihr habt wohl gedacht, daß der Schuck kommt, was?... daß der Schuck kommt?« - Da war es schon wieder, dieses Stammeln. »Aber ihr müßt bedenken, der Mann ist schon sechzig, und bei dem Wetter läßt ihn seine Frau, läßt ihn seine Frau doch gar nicht mehr, gar nicht mehr raus! Um mich ist aber keinem bang, was?! Also müßt ihr, müßt ihr wohl mit mir vorliebnehmen. Und mit Leo und Schorsch natürlich.« Hanno wies Richtung Tür. Er versuchte zu scherzen, hilflos, mit mühsam unterdrückter Anspannung in der Stimme. »Ich mach’ den Kremser mal klar.«
    Sie brachen auf, trotz der unliebsamen Unterbrechung schon wieder recht vergnügt, Hanno wartete draußen. War es Bosheit, daß er angeblich vergessen hatte, die Plane über den großen Wagen zu ziehen? So würde es eine ziemlich kühle Fahrt werden: elf Frauen, Erikas Fahrrad und jede Menge Gepäck auf zwei langen Holzbänken, die längs zur Fahrtrichtung auf dem Wagen festgeschraubt waren. Leo und Schorsch schnaubten ungeduldig, Nachtfahrten gehörten offenkundig nicht zu ihren Lieblingsunternehmungen. Schwatzend richteten sich die Frauen ein, zogen Jackenkragen und Kapuzen hoch, kramten nach Handschuhen, nach ein paar Plaids, die Hanno nachlässig nach hinten geworfen hatte. Keine nahm neben ihm auf dem Kutschbock Platz, auf dem rechts und links Laternen befestigt waren. Auch Leo und Schorsch trugen Lampen, wie Julia noch beruhigt feststellte, bevor sie plötzlich gegen Renate geworfen wurde - los ging die Fahrt in scharfem Trab, Richtung Stiftsdorf. Julia fiel ein, daß Hanno in Nebel, am entgegengesetzten Ende der Insel wohnte. Nach der Tour würde er noch einen weiten Heimweg vor sich haben.
    Lisa, die am Ortsausgang von Stiftsdorf wohnte, noch hinter dem Kirchhof in Richtung des Föhrenwaldes, schlug Hanno einen zentralen Haltepunkt vor, aber Hanno wandte den Kopf um und rief, das komme gar nicht in Frage, er
setze sie alle zu Hause ab, jede einzelne, denn er wolle nicht schuld sein, wenn eine von ihnen unterwegs verloren ginge! Und dann stieg Renate ab, in Godshorn schon als erste, winkte und grüßte, sagte »Dankeschön, Hanno,« bezahlte und verschwand hinter einer Gartenpforte.
    »Da wartet er, der dritte«, sagte Erika ein wenig boshaft und wies auf das erleuchtete Fenster neben dem Eingang.
    Dann stieg die Maushaarige ab, dann ihre Freundin, dann eine andere, und sie erreichten Stiftsdorf. Julia betrachtete den breiten Rücken Hannos. Er saß völlig still, über dem weiten Mantel neigte sich nur der Hut

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