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Ostseeliebe

Ostseeliebe

Titel: Ostseeliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Jaskulla
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wenn sie auf Raubzug gingen. Die Spaziergänger kehrten jeden Tag ein wenig eher zurück. An den Fenstern der Buchhandlung bildeten sich Eisblumen, selten jedoch brannte Licht in dem kleinen Laden. Jörg beeilte sich, vor den erwarteten Winterstürmen Dachboden und Keller zu sichern, und Mady schien sich ein wenig zu fürchten vor Malte seit dem Ereignis bei der Gemeindeversammlung, von dem Julia erst im Nachhinein erfahren hatte. Sie war schon weg gewesen, hinter Hanno her, als es passierte, und Anne - Anne redete nicht über solche Dinge. Das Ereignis! Verblüfft stellte Julia fest, wie heftig die Dorfbewohner reagiert hatten. Aber so war es eben: Auf der Insel gab es kein Entrinnen, deshalb wirkte Gewalt hier heftiger als auf dem Festland. »Das Echo einer Ohrfeige«, hatte Schuck gemeint, »dringt bis nach Bornholm.« Der Fuhrunternehmer kam weit herum, er mußte es wissen. Beim wöchentlichen Saunabesuch der Frauen hatte Julia es erfahren, an demselben Abend, an dem sich die Frauen auch zum ersten Mal darüber wunderten, daß man Marga Niemann so gar nicht mehr zu sehen bekam. Aber Hauptgesprächsthema an diesem Abend war die Gemeindeversammlung, besser gesagt, deren zweiter Teil, den Julia ja leider verpaßt hatte. Der Schalk blitzte Renate
aus den Augen, als sie das zwischen zwei Saunagängen scheinbar bedauernd feststellte.
    »Daß du auch unbedingt wegmußtest! Ts...ts...ts...«
    Erika, die froh war, wenn über ihre eigenen Affären Stillschweigen bewahrt wurde, lenkte ein:
    »Soo grandios war das nun auch wieder nicht!«
    »Ja, aber der Malte hat sich denn doch als janzer Kerl herausjestellt!« Die Frau aus dem Dorf schubberte sich behaglich mit der Sisalbürste die stattliche Wade. »Wie meiner, früher, vor dem Herzklabaster, als noch mehr mit ihm los war …«
    Die Frau seufzte, hing ihren Gedanken nach. Endlich erbarmte sich eine, erzählte. Nach Hannos überstürztem Verlassen des Lokals war erst einmal Chaos ausgebrochen. Einige hatten verlangt, daß man den Doktor zurückhole, andere meinten, es sei doch nur gut, daß der elende Besserwisser Leine gezogen habe...
    »Und so ging das hin und her!« ereiferte sich die Frau. »Anselm Nothnagel übrigens, unserer sauberer Ortsvorsteher, hat seine kümmerlichen Versuche, für Ruhe zu sorgen, schnell aufgegeben, der ist regelrecht in sich zusammengesackt und hat nur noch getrunken, ein Weizenbier nach dem anderen - der Süddeutsche, der Lackaffe!«
    »Die drei Geschäftsleute, die doch eigentlich gekommen waren, um für ihr Freizeitzentrum, den Golapark, zu werben, die haben sich erstaunlich lange zurückgehalten, finde ich«, warf Biggi jetzt ein. »Die sind doch erst wachgeworden, als die ersten gehen wollten und meinten, es hätte ja eh alles keinen Sinn. Schönes Trio! Bis dahin haben sie einfach nur dagesessen und sich das Chaos angeguckt.«
    »Mineralwasser haben sie getrunken«, hetzte Renate, »die wollten immer schön nüchtern bleiben, immer schön den Überblick behalten. Ham se ja auch! Aber was hat es ihnen genützt? Nichts! Nicht mal die wirklich schöne Rede,
die einer von denen, der Dicke, dann gehalten hat.« Renate sprang von ihrer Saunabank auf und griff sich Biggis langstielige Bürste. Die hielt sie nun wie ein Zepter in der Hand und warf sich in die Brust, senkte die Stimme und schmetterte: »Aber Herrrschaften, Herrrschaften! Auf so einen Schrrreck trrrinken wir doch erst mal einen! - So haben die geredet! Puh, ist das heiß!« Sie setzte sich wieder. Biggi nahm ihr die Bürste weg.
    »Jedenfalls sind wir alle schön brav sitzengeblieben«, sagte Biggi. »Wir wissen ja schließlich, was sich gehört.«
    »Schafsbrav waren wir.« Das war die brummelnde Lisa. »Schafsbrav sind wir da alle hockengeblieben.«
    »Die drei haben sich dann aber wirklich nicht lumpen lassen«, erzählte Biggi weiter. »Ein echtes Multimedia-Feuerwerk haben sie entfacht! Ich war schon schwer beeindruckt! Was man da alles machen könnte, in diesem Golapark! »
    Die Mausbraune versetzte ihr einen Rippenstoß: »Süße, du lernst das nie. Kaum sagt einer ›Wellness‹, schon bist du platt. Oder ›Freizeitmöglichkeiten‹ oder so was. Und das haben die drei andauernd gesagt. Und dauernd betont, daß vor allem wir, nicht bloß die Touristen etwas vom Golapark hätten.«
    »Schön wär’s«, Lisa hatte wirklich ausnehmend schlechte Laune. »Wer soll denn das bezahlen? Den Unterhalt für so ein beheiztes Freibad und die Whirlpools und die Sonnenliegen und den

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