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Ostwind (German Edition)

Ostwind (German Edition)

Titel: Ostwind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Wimmer
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gebeten hat.« Sie machte eine Handbewegung in Richtung des Bucherstapels. »Etwas, das ihr aus unerfindlichen Grunden wichtig ist.«
    Mika schaute die Bucher trotzig an. »Genau. Ihr ist das wichtig. Mir aber nicht!«
    Mikas Großmutter lachelte nachsichtig. In schweigender Ubereinkunft saßen sie fur einen Moment nebeneinander.
    »Tut mir leid, dass Ostwind abgehauen ist«, sagte Mika schließlich.
    Die Miene ihrer Großmutter verhartete sich merklich. Ihr Blick wanderte aus dem Fenster. »Ostwind. Meine große Hoffnung. Halla war seine Urgroßmutter, weißt du?«, erklärte sie traurig.
    »Halla?«, fragte Mika.
    »Halla ist eine echte Legende. Sie hat ihren Reiter damals zum Olympiasieg getragen, obwohl er halb bewusstlos war. Ein einzigartiges Pferd. Mit großartigen Anlagen. Nur leider hat Ostwind nichts davon«, erklärte Mikas Großmutter und fügte bitter hinzu: »Er ist vollig unbrauchbar.«
    Mika fühlte plötzlich einen tiefen Stich in ihrem Herzen. Wütend sprang sie auf. Tränen der Wut brannten in ihren Augen. Maria Kaltenbach erschrak.
    »Ist er nicht!«, rief Mika. »Er ist doch nicht unbrauchbar, nur weil er vielleicht nicht so toll ist wie seine Eltern!« Sie funkelte ihre Großmutter böse an. »Und du hast ihn einfach eingesperrt! Kein Wunder, dass er nicht macht, was du willst!«
    Maria Kaltenbach starrte ihre Enkelin mit strengem Blick an. Mika war zu weit gegangen.
    »Deine Mutter hatte recht. Du musst noch viel lernen. Uber Pferde weißt du nichts«, sagte sie schließlich mit eisiger Ruhe. Dann stand sie auf und drehte das Buch richtig herum. »Vielleicht hast du mit Quantenmechanik ja mehr Gluck.«
    Mika begehrte noch einmal auf: »Aber Ostwind …«
    »Ich will diesen Namen nicht mehr von dir horen!«, erklärte Maria Kaltenbach überraschend laut.
    Mika erschrak. Auch ihre Großmutter schien erschuttert uber ihren Ausbruch. Schnell wandte sie sich ab.
    »Was hat er dir bloß getan?«, fragte Mika leise.
    Maria Kaltenbach hielt inne. Als sie sich umdrehte, traf Mika ein Blick, der ihr Gänsehaut machte.
    Aber Maria Kaltenbach schwieg. Sie konnte das Offensichtliche nicht aussprechen. Und für ihre innersten Gefühle hatte Mikas Großmutter keine Worte.
    In der Nacht fand Maria Kaltenbach keinen Schlaf. Zu viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Der Gutshof warf schon lange nicht mehr genug Geld ab. Die Classics standen an. Sie mussten ein Erfolg werden, sonst sah die Zukunft düster aus. Sie würde wohl einige der Pferde verkaufen müssen.
    Maria Kaltenbach seufzte still. Doch niemals hätte sie sich laut beklagt. Denn auf Gut Kaltenbach jammerte man nicht. So war es zur Zeit ihrer Eltern, zur Zeit ihrer Großeltern, einfach schon immer gewesen. Der Pferdesport verlangte Härte. Aber die Führung des Hofes lag ihr nicht.
    Dabei hatte sie doch immer nur eines gewollt: Reiten! Nie hatte sie eine Geschäftsfrau werden wollen! Aber früher war das nicht so schlimm. Früher hatte sie ihre Sorgen einfach vergessen können. Wenn sie auf ihrem Pferd am frühen Morgen durch die Felder ritt. Oder auf dem Reitplatz beim Absolvieren des Parcours.
    Das ging nun allerdings nicht mehr. Und daran war allein Ostwind schuld. Sie musste ihre Enkelin ein für alle Mal von diesem Pferd fernhalten. Er war ihr Unglück. Gleich morgen früh würde sie sich mit aller Konsequenz darum kümmern!

9. Kapitel
    Hinter dem Gestut ging die Sonne auf. Ein Hahn krahte.
    Sam bandagierte im Stall gerade einem Pferd die Fesseln, als Maria Kaltenbach im Türrahmen hinter ihm auftauchte. »Samuel?«, fragte sie.
    Sam drehte sich um. »Frau Kaltenbach?«
    »Ich hatte dich doch ausdrucklich gebeten, ein Auge auf meine Enkelin zu haben«, erklärte Maria Kaltenbach streng. »Ich will nicht, dass sie noch einmal unbeaufsichtigt hier herumwandert.«
    In diesem Moment sah Sam Mika, die hinter Frau Kaltenbachs Rucken mit einem Rucksack uber den Hof in Richtung Tor schlich. Sollte er sie verraten? Vermutlich ja. Aber er schwieg.
    »Kann ich mich auf dich verlassen?«, fragte Frau Kaltenbach.
    »Ah … ja … naturlich, Frau Kaltenbach. Absolut«, versicherte ihr Sam.
    Mikas Großmutter lachelte und ging davon.
    Als Sam Mika hinterherstürzte, war sie schon verschwunden. Er wurde wütend auf sich selbst. Schließlich ging es um seinen Job! Wie konnte Mika ihn nur in eine so dumme Lage bringen! Jetzt war Schluss, ein für alle Mal.
    An Sam, der durch ihr Verhalten Schwierigkeiten bekommen könnte, hatte Mika tatsächlich nicht gedacht.

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