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Ostwind (German Edition)

Ostwind (German Edition)

Titel: Ostwind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Wimmer
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»Also … wenn du unbedingt ›spazieren‹ gehen willst«, erklärte er schroff, »dann kannst du auch meinem Großvater das Mittagessen vorbeibringen.«
    Durch Ostwinds Flucht war sein ganzer Arbeitstag durcheinandergeraten. Wenn er nicht auch noch zu seinem Großvater musste, war ihm das nur recht.
    Er drückte Mika den Korb in die Hand und erklärte ihr rasch den Weg zur Laube. Aber den kannte Mika schon.
    Normalerweise wäre Mika nur ungern zu dem alten Kauz gegangen, denn er war ihr ein bisschen unheimlich. Aber das war jetzt egal. Der Weg war das Ziel. Denn natürlich hoffte Mika, irgendwo da draußen Ostwind zu finden.
    Als sie den Gutshof verließ, pochte ihr vor Aufregung das Herz bis zum Hals. Rasch eilte sie den Schotterweg entlang. Mit der Hand uber den Augen suchte sie die umliegenden Wiesen und Felder ab. Doch von Ostwind keine Spur. Dafür entdeckte Mika Tinka, die in einiger Entfernung auf ihrem gescheckten Pony vorbeiritt. Auch Tinka war auf der Suche nach Ostwind. Mika konnte erkennen, dass sie sich ein Fernglas vor die Augen hielt.
    Doch plötzlich blieb Archibald abrupt stehen. Tinka fiel beinahe vornuber. Als sie sich wieder aufgerappelt hatte, schimpfte sie wie ein Rohrspatz. »Mann, Archibald, was soll das denn?«
    Das Pony stand da wie angewurzelt. Tinka folgte seinem Blick. Auf der anderen Seite des Zauns stand eine Kuh, gefleckt wie Archibald. Es war offensichtlich: Diese Kuh war die Liebe seines Lebens.
    Mika musste unwillkürlich uber das absurde Bild grinsen, aber dann lief sie schnell weiter.
    Als sie den umgebauten Bauwagen erreichte, blieb sie unsicher stehen und sah sich um. »Hallo? Hallo?«, rief sie und näherte sich dann langsam der merkwürdigen Behausung.
    Eine kleine Holztreppe fuhrte auf eine Art Terrasse. Dort stand eine grobe Holzbank. Mika entdeckte auch eine Feuerstelle und ein selbst gezimmertes Regal auf dem allerhand Krempel und unzahlige geschnitzte Holzpferdchen standen. Dann fiel ihr Blick auf einen bekannten Gegenstand: Ihr Kickboard. Sie kniete nieder und untersuchte ihr Gefahrt. Es war wieder ganz.
    Plötzlich hörte Mika ein Wiehern. Sofort folgte sie den vertrauten Lauten. Hinter der Laube entdeckte sie eine von Bäumen umsäumte Koppel. Mika sah Sams Großvater – und wenige Meter von ihm entfernt: Ostwind! Doch das Pferd bäumte sich bedrohlich auf.
    »Ho!!«, machte Herr Kaan. Doch Ostwind ließ sich nicht beruhigen. Die Hufe des Hengstes krachten gefährlich zu Boden. Mit einem beherzten Sprung auf die Seite konnte sich der alte Mann gerade noch retten. Schnaubend trabte Ostwind zum anderen Ende der Wiese, ein bunter Strick baumelte um seinen Hals.
    »Ich habe den ganzen Morgen gebraucht, um ihn hier reinzutreiben«, rief Sams Großvater, ohne sich umzudrehen. »Und jetzt lässt er mich nicht naher als drei Meter an sich ran.«
    Mika trat näher ans Gatter. Erschrocken bemerkte sie einen Blutfleck an Herrn Kaans Ärmel. »Woher wussten Sie, dass ich hier bin?«, fragte Mika.
    Herr Kaan nickte hinüber zu Ostwind, der mit gespitzten Ohren am anderen Ende der Koppel stand.
    »Ich nicht. Er!«, sagte er. Dann drehte er sich zu Mika: »Warst du das?«, fragte er mit aufmerksamem Blick.
    Mika nickte verlegen. »Ich wollte ihn nur kurz rauslassen«, erklärte sie.
    »Er tragt seinen Namen nicht umsonst. Der Ostwind ist unberechenbar. Die Bauern furchten ihn. Mal bringt er Sonne, lässt alles blühen, dann wieder bringt er Kälte und Sturm, der die Felder verwüstet«, belehrte sie Herr Kaan.
    »Ist doch nur ein Name«, sagte Mika stirnrunzelnd. Jetzt fing der Kauz also auch noch mit Belehrungen an! Aber irgendetwas musste er ja mit seinem Enkel gemeinsam haben.
    Entschlossen kletterte sie über das Gatter.
    »Halt! Du bleibst hier! Du sollst da nicht rein …«, rief Herr Kaan erschrocken und versuchte Mika aufzuhalten. Doch Mika ließ sich nicht beirren und lief auf die Koppel.
    Unsicher, was er davon halten sollte, beobachtete Herr Kaan vom Gatter aus die Szene. Aber gerade als er doch noch energisch eingreifen wollte, sah er, wie ruhig der Hengst geworden war. Mit gespitzten Ohren schaute Ostwind Mika unverwandt an.
    »Komm her«, rief Mika leise und streckte dem Pferd ihre geoffnete Hand entgegen. Dabei drehte sie ihren Korper seitlich ein. »Komm!«, rief sie wieder.
    Dann machte sie einen Schritt auf Ostwind zu. Und plötzlich wurde Ostwind zu Mikas Spiegel: Auch er machte einen Schritt. Langsam, Schritt fur Schritt kamen sie einander näher, bis sie

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