Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ostwind (German Edition)

Ostwind (German Edition)

Titel: Ostwind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Wimmer
Vom Netzwerk:
Sie war voller Sehnsucht und so schnell sie konnte zu Herrn Kaans Koppel gelaufen. Jetzt lag sie im hohen Gras und schaute in den strahlend blauen Sommerhimmel. Ostwind stand neben ihr und hatte seinen Kopf schmatzend in den mit Futter gefüllten Rucksack getaucht. Als er seinen Kopf heben wollte, blieb der Rucksack an ihm hangen.
    Mika konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. »Das hast du davon!« Liebevoll zog sie ihm den Rucksack vom Kopf. Ostwind wieherte freudig. Er wollte spielen!
    Lachend lief Mika los. Ostwind folgte ihr auf dem Fuße. Sie rannte einen großen Bogen über die Koppel, der Hengst blieb ihr immer auf den Fersen. Auch als Mika sich drehte und Haken schlug, ließ er sich nicht austricksen. Ostwind folgte jeder ihrer Bewegungen. Wild tobten die beiden über die Wiese. Es war ein ausgelassener Tanz. Schließlich hielt Mika völlig außer Atem an. Ostwind kam zu ihr.
    »Ist aber auch unfair, vier Beine gegen zwei«, rief Mika schnaufend und strich Ostwind über die Mähne.
    Für einen Moment standen sie eng beieinander, Stirn an Stirn. Mika wurde plotzlich traurig. Der Ernst der Lage lastete tonnenschwer auf ihrer Seele. Aber sie wollte ihren Kummer nicht zeigen.
    »Ich lass mir schon was einfallen«, sagte Mika aufmunternd. Dann ging sie zum Gatter, Ostwind begleitete sie. Als sie den Zaun erreichten, wurde er unruhig. Mika sah sich verwundert um – doch da war niemand.
    »Was ist denn?«, fragte Mika Ostwind. »Ich muss los, sonst krieg ich Arger.«
    »Den hast du schon!«, war plötzlich eine Stimme aus dem Baum über ihnen zu hören. Es war Sam. Er saß auf einem dicken Ast. Mika hatte ihn nicht bemerkt.
    »Was machst du denn da?«, rief sie.
    »Ich soll auf dich aufpassen«, sagte Sam. »Und was machst du da!?«
    Mika begriff nicht, was er meinte. »Was denn?«
    Sam deutete auf Ostwind. »Das ist das gefahrlichste Pferd, das ich kenne – und du spielst mit ihm Fangen, als ware es dein Hund.«
    »Er ist nicht gefahrlich«, erklärte Mika und kletterte zu Sam auf den Baum. Vielleicht verstand Sam eher als ihre Großmutter, was mit Ostwind los war.
    »Er braucht einfach jemanden, der ihn …«, erklärte Mika und suchte nach dem richtigen Wort, »… der ihn sieht.«
    »Ach ja? Und woher willst du das wissen?« Sam war skeptisch.
    »Weiß ich eben«, sagte Mika. Ihr war klar, dass sie es nicht genauer erklären konnte.
    Sam schaute Mika von der Seite an, dann sah er zu Ostwind, der friedlich unter ihnen graste.
    »Mhm«, machte Sam, und es klang noch immer so, als würde er Mika kein Wort glauben. Doch nachdem er eine Weile Ostwind beobachtet hatte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er lachelte.
    »Der sieht ganz anders aus, irgendwie … glucklich«, sagte er schließlich.
    Auch Mika hatte Ostwind nicht aus den Augen gelassen. Ihr liebevoller Blick erstarrte.
    »Sie darf ihn nicht diesem Ungarn geben! Wir mussen mit ihr reden!«, rief sie plötzlich unerwartet heftig. Dabei kam sie auf dem Ast gefährlich ins Schwanken.
    Doch Sam hielt sie fest. Er schüttelte den Kopf. »Sie wurde uns nicht mal zuhoren«, sagte er und fügte sehr ernst hinzu: »Ostwind hat deine Großmutter schwer verletzt. Sie kann nicht mehr reiten seitdem.«
    Mika schluckte. Das hatte sie nicht gewusst. Eine Weile sahen Sam und Mika schweigend auf Ostwind hinab.
    Plötzlich hatte Mika eine Idee. »Er konnte an diesem Turnier teilnehmen!«, schlug sie vor.
    Diesmal geriet Sam aus dem Gleichgewicht. »An den Kaltenbach Classics? Und wer sollte ihn da reiten?«, fragte er.
    Mika schaute Sam vielsagend an.
    Sam musste lachen: »Du?«
    Mika zog die Stirn in Falten. »Und warum nicht?«, fragte sie trotzig.
    Sam ruderte mit den Armen. Erwartete dieses verrückte Mädchen ernsthaft eine Antwort?
    »Weil du nicht reiten kannst?«, schlug er vor.
    »Na und? Ich kann’s ja lernen«, widersprach Mika.
    Sam wurde wieder ernst. »Mika! In vier Wochen kann kein Mensch … und selbst wenn: Frau Kaltenbach wurde dich – uns beide – umbringen«, erklärte er eindringlich.
    »Sie muss es ja nicht wissen«, sagte Mika.
    Sam schwieg nun nachdenklich, während Mika weiter auf ihn einredete: »Bitte. Ich muss ihr ja nur beweisen, dass er nicht unbrauchbar ist. Schau ihn dir doch an.«
    Sam sah hinüber zu Ostwind. Das Pferd graste friedlich. Sams Miene verdusterte sich plötzlich unerklärlich. »Mmmhhh«, machte er.
    »Was?«, fragte Mika. Doch Sam antwortete nicht sofort. Er zog nur weiter die Stirn in Falten. Nur zu gerne würde er

Weitere Kostenlose Bücher