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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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manchmal auch einfach die Bruderschaft, obwohl die Gruppe angeblich auch weibliche Mitglieder hat. Es gibt keinen eindeutigen Beweis, daß die Gruppe überhaupt existiert, aber ich habe den Namen zu viele Male aus Quellen gehört, denen ich traue. Sie ist eine ziemlich bunt zusammengewürfelte Schar, Akademiker wie Atasco, Finanziers, Politiker. Gerüchten zufolge soll es auch andere Mitglieder von noch zwielichtigerer Natur geben. Sonst weiß ich nichts Sicheres über sie, nur daß sie ein Magnet für…, wie soll ich sagen?…, alle möglichen Verschwörungstheorien ist. Es ist damit so ähnlich wie mit den Bilderbergern oder den Illuminaten oder den Freimaurern. Es gibt Leute, die ihnen regelmäßig die Schuld geben, wenn der chinesische Dollar fällt oder ein Hurrikan in der Karibik die Datenübertragung stört. Aber was könnten sie mit Kindern vorhaben? Ich habe keine Ahnung.«
    Das war die längste Rede, die Renie je von Martine gehört hatte. »Könnten es … Pädophile oder sowas sein?«
    »Dafür treiben sie einen Riesenaufwand, ohne tatsächlich Hand an eines der Kinder zu legen«, bemerkte Martine. »Reiche und mächtige Leute würden bestimmt nicht so viel Energie verausgaben, wo sie sich doch auf viel einfacherem Wege Opfer besorgen könnten. Es sieht mir eher danach aus, als wollten sie diese Kinder von etwas abschrecken, was ihnen wichtig ist, und als wäre die Krankheit mehr zufällig, eine … Begleiterscheinung.«
    »Organe«, sagte Singh.
    »Was soll das heißen?« Renie starrte ihn an.
    »Auch reichen Leuten kann es gesundheitlich dreckig gehen«, erwiderte der alte Mann. »Glaubt mir, wenn ihr erst mal in meine Jahre kommt, denkt ihr oft daran, wie schön neue Lungen oder Nieren wären. Vielleicht geht’s dabei um Organbeschaffung im großen Stil. Das würde erklären, warum sie die Kinder nicht verletzen wollen, sondern sie bloß komatisieren.«
    Renie verspürte einen kalten Stich, dann eine hilflose, kochend heiße Wut. Konnte das sein? Ihr Bruder, der beinahe ihr Kind war?
    »Aber das gibt doch keinen Sinn! Selbst wenn diese Kinder irgendwann sterben, müssen die Familien immer noch der Organentnahme zustimmen. Und Krankenhäuser verhökern sie nicht einfach an den Meistbietenden.«
    Das Lachen des Alten klang unangenehm. »Du hast das blauäugige Vertrauen eines jungen Menschen in die Ärzteschaft, Werteste.«
    Sie schüttelte resigniert den Kopf. »Kann sein. Kann sein, daß sie die Ärzte bestechen, die Organe bekommen. Aber was hat das dann wieder mit deinen Freunden zu tun und mit deren Arbeit an diesem … Otherland?« Sie drehte sich um und deutete auf Das frühe Mesoamerika, das immer noch mitten in Singhs Zimmer hing. »Und warum sollte der Organräuber Atasco mir ein Bild von dieser Stadt senden? Es gibt einfach keinen Sinn.«
    »Für irgend jemand doch«, sagte der alte Mann bitter. »Sonst wäre ich nicht der letzte Sicherheitsprogrammierer bei diesem Projekt, der noch am Leben ist.« Auf einmal fuhr er auf, als hätte er einen elektrischen Schlag bekommen. »Moment mal.« Eine ganze Weile sagte er nichts, während die anderen ihn verwundert beobachteten. »Aha«, sagte er schließlich, aber zu keinem der Anwesenden, »das ist allerdings interessant. Schick mir die Daten zu.«
    »Mit wem redest du?« fragte Renie.
    »Mit jemand hier in TreeHouse, aus dem Sicherheitsausschuß. Wartet.« Er verstummte wieder und lauschte, dann beendete er das Gespräch mit ein paar knappen Sätzen. »Anscheinend hat jemand hier rumgeschnüffelt und nach ›Melchior‹ gefragt«, erläuterte er. »Das war ein Handle für mich und Felton – der mit dem sogenannten Herzanfall in der U-Bahn. Wir haben es für Geararbeiten und so Sachen benutzt. Diese Leute sind in die Programmierersitzung rein und haben nach Melchior gefragt. Ziemlich dreist, einfach so in TreeHouse reinzuspazieren. Jedenfalls haben die Programmierer sie kaltgestellt.«
    Bei dem Gedanken, daß ihre gesichtslosen Feinde so nahe waren, bekam Renie eine Gänsehaut. »Sie?«
    »Es waren zwei. Ich kriege gleich eine Aufnahme von ihnen. Ich habe nämlich einen allgemeinen Aushang gemacht, daß jeder, der nach einem meiner Kollegen beim Otherlandprojekt fragt, mit größter Vorsicht zu behandeln und nach Möglichkeit zu verhören ist.«
    !Xabbu stemmte die Hände auf die Schenkel und stand auf. »Aber sie sind entkommen?«
    »Ja, aber wir haben reichlich Material über sie – wie sie reingekommen sind, ihre Tarnidentitäten, solche

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