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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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wir waren TMX.« Er lachte bellend. »Trau niemals Leuten, die Sachen mit Initialen benennen, ist meine Meinung. Heute jedenfalls. Ich wünschte, ich hätte sie damals schon gehabt.
    Na, jedenfalls bezeichneten die GB-Leute, oder einige ihrer Ingenieure zumindest, dieses neue Netzwerk hin und wieder mit dem Namen ›Otherland‹ oder ›Anderland‹. Das sollte, glaub ich, ein Witz sein, aber die Pointe hab ich nie begriffen. Melanie und ich und einige der andern stellten Vermutungen an, welchen Zweck es haben sollte – wir dachten uns, es sollte wohl ein riesiger VR-Freizeitpark sein, eine Online-Version dieses Disney-Monstrums in Baja California, das jeden Tag größer wird, aber selbst dafür schien seine Leistung ziemlich hoch zu sein. Dierstroop sagte uns ständig, wir sollten unsere Gehirnzellen schonen und die Klappe halten und einfach unsere zugegebenermaßen hohen Gehaltsschecks einstreichen. Aber irgendwas an dem ganzen Projekt war echt nicht geheuer, und als vielleicht zehn Jahre vergangen waren, nachdem wir unsere Arbeit beendet hatten, und es immer noch keine Ankündigung gab, haben wir uns alle im stillen eingestanden, daß es keine Kommerzsache gewesen war. Ich dachte mir, es wäre irgendwas Staatliches – Telemorphix hat von jeher mit Regierungen auf sehr gutem Fuß gestanden, natürlich vor allem mit der amerikanischen. Wells hat schon immer gewußt, wo was zu holen ist.«
    »Aber was war’s jetzt?« fragte Renie. »Und warum bringt jemand deine Freunde um, um es geheim zu halten? Und wichtiger noch, was hat das mit meinem kleinen Bruder zu tun? Susan Van Bleeck hat mit dir geredet, Herr Singh – was hat sie gesagt?«
    »Kommt gleich. Kleinen Moment noch.« Der alte Mann langte nach etwas, das nicht zu sehen war. Eine Tasse erschien in seiner Hand. Er nahm einen langen, zittrigen Schluck. »Das ganze Zimmer ist nicht live«, erklärte er, »bloß ich. Ah, schon besser.« Er leckte sich die Lippen. »Okay, jetzt kommen wir zu eurem Teil der Sache.
    Susan hatte bei den Recherchen nach eurer komischen Stadt Glück. Das Architekturgear, das sie benutzte, entdeckte an den Gebäuden kleine aztekische Elemente, winzige Details, die nur einem Expertensystem auffallen würden. Also ließ sie nach Leuten suchen, die von solchen Dingen eine Ahnung hatten, in der Hoffnung, jemand zu finden, der ihr helfen konnte, eure Stadt irgendwo hinzutun.«
    »Warum hat sie dann Kontakt zu dir aufgenommen?«
    »Hat sie nicht, beziehungsweise erst, als sie in der Liste von Experten auf einen Namen stieß, an den sie sich aus Gesprächen mit mir erinnerte. Also rief sie mich an. Ich war zu Tode erschrocken. Klar erkannte ich den Namen, den sie gefunden hatte. Der Mistkerl war einer der GB-Obermacker gewesen. Als wir den Sicherheitskram für dieses Anderland machten, unterstanden wir ihm. Bolívar Atasco.«
    »Atasco?« Renie schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich dachte, er wäre Archäologe.«
    »Was weiß ich, was er sonst noch macht, jedenfalls war er bei dem Otherlandprojekt der maßgebende Mann«, knurrte Singh. »Ich bin natürlich ausgeflippt. Denn inzwischen war nur noch ich übrig, und ich wußte, daß irgendeine Schweinerei im Gange war. Ich hab Susan gesagt, sie soll um Gottes willen die Finger davon lassen. Ich wünschte … ich wünschte, sie hätte mich eher angerufen.« Einen Moment lang drohte seine rauhe Fassade abzubröckeln. Er rang um Fassung. »Diese Scheißkerle haben sie noch in derselben Nacht erledigt. Wahrscheinlich wenige Stunden nach dem Gespräch mit mir.«
    »O Gott. Also deshalb hat sie den Zettel geschrieben und ihn versteckt«, sinnierte Renie. »Aber wieso das Buch? Wieso nicht bloß seinen Namen?«
    »Welches Buch?« fragte Singh, leicht verstimmt über die Ablenkung.
    »Ein Buch über … mittelamerikanische Kulturen. Irgendwas in der Art. Geschrieben von diesem Atasco. Martine und ich haben es beide durchgeschaut, und wir konnten nichts damit anfangen.«
    Ein Fenster ging neben Martine auf. »Das ist es. Aber wie Renie schon sagte, wir haben es uns sorgfältig vorgenommen.«
    Der alte Mann beäugte blinzelnd das Fenster an. »Das frühe Mesoamerika. Ja, ich erinnere mich, daß er der Autor eines berühmten Lehrbuchs war. Aber das ist lange her – vielleicht habt ihr die falsche Ausgabe.« Er ließ das Buch durchrollen. »Zum Beispiel gibt es in dieser Version kein Bild des Verfassers. Wenn ihr euch den Mistkerl anschauen wollt, solltet ihr eine ältere Auflage des Buches finden.«
    Das

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