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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Fenster schloß sich. »Ich werde sehen, was ich auftreiben kann«, sagte Martine.
    »So, was wissen wir jetzt wirklich?« Renie machte ein Weilchen die Augen zu, um das schäbige Zimmer auszublenden und die verstreuten Informationsfäden zu sammeln. »Atasco leitete dieses Otherlandprojekt, und du glaubst, daß die Leute, die mit dir daran arbeiteten, ermordet wurden?«
    Singh grinste bitter. »Ich glaub es nicht, Werteste, ich weiß es.«
    »Aber was hat… was hat diese Stadt mit alledem zu tun, das Bild, das mir jemand in den Computer gepflanzt hat? Und was können diese Leute von meinem Bruder wollen? Ich kapier’s nicht!«
    Ein anderes Fenster platzte mitten im Zimmer auf.
    »Du hast recht, Herr Singh«, sagte Martine. »In der älteren Ausgabe ist ein Foto des Autors drin.«
    Der gesamte Inhalt des Buches rollte als grauer Wasserfall vorbei, dann blickte Renie auf ein Bild von Bolívar Atasco, einem gut aussehenden, hageren Mann im fortgeschrittenen Alter. Er saß in einem Raum voll großblättriger Pflanzen und alter Statuen. Hinter ihm in einem Rahmen an der Wand hing …
    »O mein Gott.« Renie streckte eine Simhand danach aus, als könnte sie es berühren. Das Bild hinter ihm hatte nichts von der vibrierenden Kraft des Originals – es war nur eine Aquarellskizze, wie Architekten sie manchmal machten –, aber es war ohne jeden Zweifel die Stadt, die unmögliche, surrealistische goldene Stadt. Neben ihr schnalzte !Xabbu vor Überraschung mit der Zunge. »O mein Gott«, sagte sie noch einmal.
    »Schon gut, !Xabbu . Mir ist nur ein wenig flau. Das ist eine Menge zu verdauen.« Sie winkte ab. Ihr Freund zog sich mit der besorgten Miene einer Zeichentrickfigur auf seinem Simgesicht zurück.
    »Nach deiner Krankheit neulich habe ich Angst um dich«, sagte er.
    »Ich hab kein Problem mit dem Herzen. Eher ein Problem mit dem Verstehen.« Sie wandte sich matt dem alten Mann und der Mona Lisa zu. »Also, was ist das für eine Geschichte? Ich würde das gern auf die Reihe kriegen. Ein verrückter Archäologe, der vielleicht für die CIA oder so arbeitet, baut ein riesiges, superschnelles VR-Netzwerk. Dann fängt er an, sämtliche Leute umzubringen, die daran gearbeitet haben. Gleichzeitig versetzt er meinen Bruder – und vielleicht noch ein paar tausend andere Kinder – ins Koma. Und obendrein beamt er mir aztekisch beeinflußte Hausentwürfe. Alles völlig logisch, nicht wahr?«
    »Es ist in der Tat sehr merkwürdig«, sagte Martine. »Aber es muß ein Muster geben.«
    »Sag mir Bescheid, wenn du’s raushast«, versetzte Renie. »Warum schickt mir dieser Mann Bilder einer imaginären Stadt? Als Warnung davor, mich weiter einzumischen? Wenn ja, dann ist das die bestverschlüsselte Warnung, die ich mir vorstellen kann. Ich kann mit Mühe und Not glauben, daß es ein Projekt geben könnte, das diese GB-Gruppe, oder wie sie sonst heißen mag, geheimhalten will, selbst um den Preis, eine Reihe alter Programmierer umzubringen. Aber was hat das mit meinem Bruder Stephen zu tun? Er liegt bewußtlos in einem Krankenhausbett. Mir wäre es beinahe genauso ergangen, als ich in die Fänge einer bizarren Horrorgestalt mit zu vielen Armen geriet, aber davon will ich jetzt gar nicht anfangen, um die Sache nicht zu komplizieren.« Sie schnaubte wütend und war vor Übermüdung der Ohnmacht nahe. »Was um Himmels willen hat mein Stephen mit einem internationalen Komplott zu tun?« Sie wandte sich an Martine, die seit einiger Zeit recht wortkarg war. »Und was weißt du über die ganze Sache? Du hast schon von Otherland gehört. Was weißt du über diese Leute?«
    »Ich weiß so gut wie nichts«, antwortete die Französin. »Aber Herrn Singhs Geschichte in Verbindung mit deiner gibt mir das sichere Gefühl, daß es hier um größere Interessen geht, um Absichten, die wir noch nicht voll begreifen.«
    Renie fiel das Wort ein, das !Xabbu kürzlich zitiert hatte. Eine rohe Bestie. Der kleine Mann begegnete ihrem Blick, aber der Billigsim sorgte dafür, daß seine Miene unergründlich blieb. »Und das heißt?« fragte sie Martine.
    Die Mona Lisa seufzte, und der Säuselton des Atems paßte gar nicht zu dem gemalten Gesichtsausdruck. »Ich habe keine Antworten auf deine Fragen, Renie, nur Informationen, die womöglich noch mehr Fragen aufwerfen. Die von Herrn Singh erwähnte ›GB‹ ist mir bekannt, allerdings wußte ich vorher nicht, daß diese Leute bei Otherland die Hand im Spiel haben. Sie nennen sich die Gralsbruderschaft,

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