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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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daß Orlando mit einigen merkwürdigen Leuten in Kontakt stand. Er war … er ist ein sehr, sehr intelligenter Junge, der seine ganze freie Zeit im Netz verbringt. Deshalb möchten wir herausfinden, wo im Netz er gewesen ist, was er dort gemacht hat und mit wem er es gemacht hat. Und wir wollen nicht, daß irgendwer erfährt, daß wir das herauszufinden versuchen. Aus diesem Grund sitzen wir auch in einem unbekannten Restaurant im Freien.«
    »Und von uns …?« fragte Fredericks langsam.
    »Wir wollen eure Dateien haben. Sam und unser Sohn waren zusammen an irgend etwas dran. Irgendwer oder irgendwas hat in unser System eingegriffen, gegen unsere ausdrücklichen Anordnungen. Eures könnte noch intakt sein – und auf jeden Fall seid ihr es euch schuldig, es nachzuprüfen, selbst wenn ihr uns für plemplem haltet. Aber wir wollen eure Dateien haben. Oder Sams, um ganz genau zu sein.« Vivien fixierte ihn mit einem überraschend scharfen Blick. »Wir wollen wissen, wer unserem Sohn das angetan hat.«
    Vivien und Jaleel starrten einander an. Ihre Gatten sahen zu und warteten gespannt, aber Ramsey wußte bereits, wie die Sache ausgehen würde. Zwischen Hochstimmung und Verzweiflung hin- und hergerissen setzte er sich zurück. Also doch keine Spinner. Und dazu eine wirklich interessante Nuß zu knacken, die sich als hohl herausstellen konnte, aber die man auf keinen Fall ignorieren durfte. Es würde natürlich jede Menge Recherchen, tonnenweise Details und eine ganze Latte äußerst kniffliger Probleme zu lösen geben.
    Wie es aussah, würde er noch viel mehr Zeit mit Arbeit verbringen müssen.
     
     
    > Olga Pirofsky steckte die letzte Melone in den Beutel und ging dann mit ihren Einkäufen an die Expreßkasse. Man konnte sich zwar alles liefern lassen, aber es sprach immer noch einiges dafür, ein Stück Obst tatsächlich in die Hand zu nehmen, bevor man es kaufte. Man blieb so mit einem Stück menschlicher Geschichte in Verbindung, das inzwischen beinahe untergegangen war.
    Sie ging wie immer die Kinmount Street nach Hause, unter den großen Hochgleisen hindurch, auf denen die Pendelzüge der Magnetschwebebahn nach Toronto im Süden fuhren. Juniper Bay bekam heute ein richtiges Sonnenbad, und die Wärme fühlte sich angenehm in ihrem Nacken an.
    Obwohl sie es sich verboten hatte (wohl wissend, daß sie es trotzdem tun würde), blieb sie vor dem Spielwarengeschäft stehen. Eine Schar holographischer Kinder spielte sittsam im Schaufenster, und niedliche Phantombabys führten niedliche Babykleidung vor. Es war früh am Nachmittag, und die meisten richtigen Kinder waren noch in der Schule; nur eine Handvoll Mütter und Väter mit Kinderwagen waren im Laden.
    Olga beobachtete durch das Fenster, wie sie vollkommen selbstverständlich von einer Auslage zur anderen schlenderten und nur hin und wieder stehenblieben, um einen quengelnden Säugling zu beruhigen oder sich eine witzige Bemerkung oder eine Überlegung mitzuteilen, ganz und gar im Jetzt lebend, einem Jetzt, in dem das Elternglück ewig so weitergehen würde, mit der einen kleinen Einschränkung, daß alles, was sie vor einem Monat gekauft hatten, schon wieder zu klein war. Sie wollte an die Scheibe hämmern und sie davor warnen, sich in irgendwelchen Sicherheiten zu wiegen. Früher einmal hatte sie gemeint, sie würde eines Tages auch zu diesen Leuten gehören, zu diesen erschreckend unbekümmerten Leuten, doch jetzt fühlte sie sich wie ein heimatloses Gespenst, das neidisch aus der Kälte zuschaute.
    Ein Schwebeball – der ständig seine magnetische Ladung wechselte und dadurch schwer mit den dazugehörigen Schlägern in der Luft zu halten war – trudelte zwischen zwei der holographischen Jungen hin und her. Aber ich bin kein Gespenst, begriff sie. Durchaus nicht. Diese imaginären Schaufensterkinder sind Gespenster. Onkel Jingle und seine Freunde sind Gespenster. Ich bin ein lebendiger Mensch, und ich habe soeben Melonen und Tee und zwölf Packungen Hundefutter gekauft. Ich habe etwas zu tun.
    Nicht völlig überzeugt, aber wenigstens so weit von Kraft und Entschlossenheit durchdrungen, daß sie sich von dem Spielwarenladen losreißen konnte, setzte sie ihren Heimweg fort.
    Eines Tages werde ich nicht mehr davon wegkommen, dachte sie. Ich werde einfach dastehen und in das Fenster starren, bis der Winter kommt. Wie das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzchen.
    Vielleicht war das gar keine so schlechte Art, von hinnen zu gehen.
     
    »Später kommen wir wieder

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