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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Ähnlichkeit mit der Zivilisation hatten als dieser Park am Rande von Twickenham.
    Frau Pankies Versuche, ihn von den Vorzügen ihrer Gesellschaft zu überzeugen – »es wird fast wie ein Sonntagsausflug sein, nicht war, wie ein lustiges Kinderabenteuer« –, reichten allein schon beinahe aus, ihn in die Flucht zu schlagen, aber die Bedürftigkeit der beiden war so nackt, daß er sie einfach nicht zurückweisen konnte.
    Doch auf dem Weg zu seinem Boot, das glücklicherweise noch dort lag, wo er es gelassen hatte, war etwas Merkwürdiges geschehen. Er war vorausgegangen, um es ganz an Land zu ziehen – der Gedanke, Undine durch das Wasser zu manövrieren und sie in ein schaukelndes Boot zu befördern, war zuviel für ihn –, und als er sich umschaute und sie die Uferböschung hinunterkommen sah, durchzuckte ihn beim Anblick der beiden Gestalten, einer großen dicken und einer kleinen, ein jäher Schreck, ein derart heftiger Angststoß, daß er einen Augenblick lang meinte, er hätte einen Herzanfall.
    Die Bestien im Schloß! Er sah sie deutlich in diesen Umrissen am Flußufer, die beiden gräßlichen Kreaturen, die ihn so lange schon hetzten, den großen und den kleinen Jäger, beide herzlos, beide gnadenlos, beide schrecklicher, als menschliche Verfolger jemals sein konnten. Und jetzt hatten sie ihn gefaßt – nein, er hatte sich ihnen ausgeliefert.
    Er blinzelte, und da hatte er die Pankies wieder in ihrer alten Erscheinung vor sich: zwei unglückliche Bewohner dieser unglücklichen Welt. Er starrte sie mit zusammengekniffenen Augen an und hielt sich am Bootsrand fest. Jetzt, wo die Panik abgeklungen war, hatte er ein anderes Gefühl als in den Situationen vorher, in denen seine beiden Häscher dicht an ihn herangekommen waren: Bei den Gelegenheiten hatte ihre bloße Nähe ihm nackte Angst eingejagt, ein so unverkennbares Gefühl wie Kälte oder Schwindel. Hier jedoch hatte er bis zu dem Zeitpunkt, wo ihm die Ähnlichkeit der Silhouetten aufgefallen war, keine Furcht vor irgend etwas anderem verspürt als vor der Möglichkeit, daß Undine Pankie die ganze Nacht hindurch redete.
    Und wenn diese Leute wirklich seine Feinde wären, hätten sie ihn ohne weiteres packen können, als er geschlafen hatte …
    Frau Pankie stützte sich auf ihren sich abmühenden kleinen Mann und winkte, doch als der Wind auffrischte, mußte sie ihren zerdrückten Hut auf dem Kopf festhalten. »Oh, sieh doch, Sefton! Was für ein prachtvolles kleines Boot!«
    Es war Zufall, beschloß er, weiter nichts. Einer, der ihn an einer sehr empfindlichen Stelle getroffen hatte, aber dennoch nur ein Zufall.
    Aber auch wenn die Pankies nicht seine Feinde waren, dachte er, während das Grün von Hampton Wick am Nordufer vorbeiglitt, hatten sie es doch fertiggebracht, ihn abzulenken, und das konnte auf lange Sicht schädlich sein. Immerhin hatte er so etwas wie ein Ziel, und soweit er sagen konnte, war er dem seit seinem Eintritt in dieses andere England kein bißchen näher gekommen.
    Ihre Stimme, die Stimme der Vogelfrau in seinen Träumen, hatte durch das Neandertalerkind zu ihm gesprochen und ihm gesagt, was er tun müsse. »Du hast gesagt, du würdest zu mir kommen«, hatte sie ihn getadelt. »Das Haus des Irrfahrers. Du mußt es finden und die Weberin befreien.«
    Aber wer oder was war die Weberin? Und wo in dieser oder irgendeiner anderen Welt konnte er etwas derart Vages finden wie »das Haus des Irrfahrers«? Es war, als wäre er auf die obskurste Schnitzeljagd geschickt worden, die man sich vorstellen konnte.
    Vielleicht bin ich ja der Irrfahrer, dachte er plötzlich. Aber wenn dem so wäre und ich mein Haus finden würde, dann bräuchte ich sonst nichts mehr, nicht wahr? Ich wäre zuhause.
    Oder soll ich vielleicht mein Haus hier in diesem anderen London finden?
    Die Aussicht, tatsächlich etwas zu unternehmen, war verlockend. Einen Moment lang war er versucht, kehrtzumachen und in den verwüsteten Stadtkern von London zurückzurudern. Das Haus in Canonbury, in dem er seine Wohnung hatte, war zu diesem Zeitpunkt bestimmt schon gebaut – die Häuser in seiner Straße waren zum größten Teil georgianisch –, aber es war höchst fraglich, ob noch etwas davon übrig war. Und allen Schilderungen zufolge gab es im Zentrum der Stadt sehr viel mehr Tote.
    Je mehr er darüber nachdachte, um so unsinniger erschien ihm ein solches Wagnis – »Irrfahrer« konnte alles mögliche bedeuten. Aber was hatte er sonst für Ideen …?
    »Er hat sie schon

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