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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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fügsamere Häftlinge und raschere Abfertigung. Statt uns zu bemühen, Verbrechen zu verhindern, geben wir unser Geld für immer teurere Bestrafungsmethoden aus — größere Gefängnisse, mehr Polizei. Jetzt wollen sie für irgendeinen armen Schlucker, der jemandem die Brieftasche gestohlen hat, eine halbe Million an Steuerzahlerkrediten ausgeben, um ihn ins Koma zu versetzen …!«
     
     
    > Noch eine der gefräßigen Zangen schoß aus dem Wasser, stürzte sich auf sie und schnappte zu wie eine Bärenfalle. Häuptling Starke Marke gelang es, dem Angriff auszuweichen, aber als die Zange wieder in den Fluß eintauchte, knallte sie gegen den Birkenrindenrand, so daß Orlando und die anderen auf dem Boden des Kanus heftig durchgeschüttelt wurden.
    Beim nächsten Stoß rollte Orlando auf den Bauch herum und auf den Knauf des Schwertes, das er verloren geglaubt hatte, doch da ließ ein Schmerzensschrei des Indianers ihn hochfahren. Eine der Salatzangen hatte den Häuptling am Arm gepackt und versuchte, ihn in den Fluß zu zerren; vor Orlandos entsetzten Augen zog sich der Arm wie Toffee in die Länge. Er raffte sein Schwert auf und führte mit aller Kraft einen Hieb gegen die Zange, dicht hinter die Zähne. Der Aufprall erschütterte ihn von den Fingern bis ins Rückgrat, aber die Zange ließ den Häuptling los, warf Orlando einen bösen Blick zu und versank wieder im aufgewühlten Wasser.
    Häuptling Starke Marke rieb sich den Arm, der schon wieder zu seiner vorherigen Größe und Form zusammengeschnurrt war, und war sofort bereit, den Kampf von neuem aufzunehmen. Ein nahe klingender Chor dünner Stimmen weckte in Orlando die Hoffnung, jemand käme vielleicht zu ihrer Rettung, doch es war nur das Gemüse am Ufer, das mit seiner Polonäse aufgehört hatte und jetzt dichtgedrängt am Rand des Wassers stand. Die meisten beobachteten den Angriff auf das Kanu mit gespanntem Entsetzen, aber einige, vor allem die eingemachte Rote Beete, schienen die ganze Sache irrsinnig witzig zu finden und schrien sowohl den Leuten im Boot als auch den mörderischen Salatbestecken wahllos nutzlose, betrunkene Ratschläge zu.
    Das kleine Boot bekam abermals einen heftigen Stoß nahe der Wasserlinie ab. Orlando stellte sich breitbeinig hin und hob das Schwert über den Kopf. Er wußte, daß das Kanu jeden Augenblick kentern würde, und er war entschlossen, wenigstens eines der stumpfköpfigen Schnappdinger mitzunehmen. Fredericks stellte sich neben ihn und versuchte, einen Pfeil auf die Bogensehne einzulegen, während das Kanu kurz auf dem Rücken eines der Angreifer hin und her wippte, bevor es wieder ins Wasser platschte.
    Durch das Gegröle vom Ufer schnitt plötzlich ein schriller Schmerzensschrei.
    Einige der Gemüse in der vordersten Reihe waren von den Gaffern hinter ihnen und den Scharen, die noch aus dem umgedrehten Sieb herandrängten, um zu sehen, was los war, in den Fluß geschoben worden. Eine kleine Cocktailtomate, die immer weiter vom Ufer abgetrieben wurde, jammerte herzzerreißend. Ein Salatkopf, noch mit einem Blütenkranz um seinen breitesten Umfang geschmückt, watete kreischend hinter der Tomate her.
    Da teilte sich direkt neben dem Salat das Wasser, und dieser wurde hoch in die Luft geschleudert. Als er wieder aufkam, schnappten schon die aufgerissenen Rachen nach ihm – selbst aus ziemlicher Entfernung konnte Orlando das Knacken und Malmen hören. Die herumfliegenden Salatblätter zogen sofort den ganzen Zangenschwarm an. In panischer Angst rempelten sich die Zuschauer am Strand auf der Flucht vor den freßwütigen Angreifern gegenseitig um, und in dem entstehenden Chaos fielen noch mehrere andere ins Wasser. Der Brei zerhackter Tomaten und das Blut von Roter Beete strömten jetzt aus den scharfzähnigen Mäulern. Eine Mohrrübe, die eine Grillschürze umgebunden hatte, wurde aus dem Wasser gefischt und entzweigebissen.
    Binnen weniger Augenblicke war das Wasser um das Kanu herum ruhig geworden, während einen Steinwurf entfernt der Fluß von zubeißenden Zangen und spritzenden Gemüseteilen nur so schäumte. Häuptling Starke Marke hob sein Paddel auf und lenkte das Kanu wieder in die Mitte des Flusses. »Haben Glück«, knurrte er. »Salat sie mögen lieber.«
    »Das … das ist ja grauenhaft.« Auf den Kanurand gestützt beobachtete Fredericks gebannt die mörderische Gewalt. In Ufernähe bildete sich rasch eine Schaumschicht von püriertem Gemüse auf dem Fluß.
    »Sie selber schuld«, erwiderte Starke Marke kalt.

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