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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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müssen.
    Der Mantis berichtete seinen Angehörigen: ›Es geht mir schlecht. Sie haben mich getötet, diese Männer, die nicht zu den ersten Menschen gehören.‹ Und er verfluchte die Neuankömmlinge und sprach: ›Mein Wort erfülle sich an ihnen. Sie werden ihr Feuer verlieren, und sie werden ihre Schafe verlieren, und sie werden wie die Zecken nur von Ungekochtem leben.‹ Aber immer noch ging es ihm schlecht, denn er fühlte, daß die Welt eine Stätte der Finsternis geworden war. Er sah es als ausgemacht an, daß für die ersten Menschen darin kein Platz mehr war.«
    Renie begriff, daß hier die erste der Parallelen lag, die !Xabbu ziehen wollte, nämlich zwischen ihrer hilflosen Verzweiflung und dem Elend von Großvater Mantis. Sie wurde darüber fast ärgerlich, denn es kam ihr wie billiges Psychologisieren vor, aber die große Ernsthaftigkeit von !Xabbus Stimme verhinderte es. Er predigte ihr aus dem Alten Testament seines Volkes. Es hatte etwas zu bedeuten.
    »Er rief seine ganze Familie zu sich«, fuhr !Xabbu fort, »seine Frau die Klippschlieferin, seinen Sohn den Regenbogen, seine geliebte Schwiegertochter, das Stachelschwein und ihre beiden Söhne, die Enkel des Mantis, die Ichneumon und Jüngerer Regenbogen hießen. Die Stachelschweinfrau mit ihrem großen Herzen und ihrem mitfühlenden Auge war die erste, die sah, daß ihr Schwiegervater völlig durcheinander war. Auch gefielen ihr die Schafe nicht, die ihr fremd waren. ›Schau‹, sagte sie zu ihrem Mann, dem Regenbogen. ›Schau dir die Tiere an, die dein Vater mitgebracht hat.‹
    Doch der Mantis gebot ihnen allen, still zu sein, und er sprach: ›Ich bin schwach vor Schmerzen, und meine Kehle ist zugeschwollen, so daß ich weder richtige Worte sprechen noch diese Schafe essen kann. Stachelschwein, du mußt zu deinem Vater gehen, den sie den Allverschlinger nennen, und ihm sagen, er möge kommen und mir helfen, diese Schafe aufzuessen.‹
    Die Stachelschweinfrau ängstigte sich und sagte: ›Nein, Großvater, denn wenn der Allverschlinger kommt, wird für niemanden mehr etwas bleiben. Er wird nichts unter dem Himmel übriglassen.‹
    Der Mantis blieb hartnäckig. ›Geh zu dem alten Mann dort hinten, dem Allverschlinger, und sage ihm, er möge kommen und mir helfen, diese Schafe aufzuessen. Ich merke, daß mein Herz verstört ist, deshalb möchte ich, daß der alte Mann dort hinten kommt. Wenn er kommt, werde ich wieder richtig sprechen können, denn meine Kehle ist jetzt zugeschwollen, und ich kann nicht so sprechen, wie es sich gehört. Wir wollen die Schafe auftischen und deinen Vater willkommen heißen.‹
    Die Stachelschweinfrau sprach: ›Es kann nicht dein Wille sein, daß dieser alte Mann hierherkommt. Ich werde dir Springbockfleisch vorsetzen, damit kannst du deinen Bauch füllen.‹
    Der Mantis schüttelte den Kopf. ›Dieses Fleisch ist weiß vor Alter. Ich werde diese Schafe essen – dieses neue Fleisch –, aber du mußt deinem Vater sagen, er soll kommen und mir helfen.‹
    Die Stachelschweinfrau war traurig und von großer Furcht erfüllt, denn der Mantis war noch nie zuvor so krank und so unglücklich gewesen, und es war unausweichlich, daß etwas Schreckliches geschehen würde. ›Ich werde ihn holen gehen, und morgen wird er hier sein. Dann wirst du ihn selber sehen, diesen furchtbaren alten Mann, mit deinen eigenen Augen.‹
    Der Mantis war damit zufrieden und schlief ein, aber noch im Schlaf schrie er mehrmals vor Schmerz auf. Die Stachelschweinfrau wies ihre Söhne Jüngerer Regenbogen und Ichneumon an, das Springbockfleisch wegzutun und zu verstecken und den Speer des Regenbogens, ihres Vaters, zu nehmen und ebenfalls zu verstecken. Dann machte sie sich auf den Weg.
    Unterwegs blickte sie alles, woran sie vorbeikam, mit dem Auge des Herzens an und sprach bei sich: ›Morgen wird dies hier fort sein. Morgen wird das da fort sein.‹ Als sie dort ankam, wo ihr Vater wohnte, konnte sie ihm nicht gegenübertreten, sondern rief von fern: ›Der Mantis, dein Vetter, wünscht, daß du kommst und ihm hilfst, die Schafe aufzuessen, denn sein Herz ist bekümmert.‹ Daraufhin eilte sie zu ihrer Familie im Kraal von Großvater Mantis zurück.
    Der Mantis fragte sie: ›Wo ist dein Vater?‹
    Die Stachelschweinfrau antwortete: ›Er ist noch unterwegs. Schau dir den Strauch an, der dort über uns steht, du wirst von oben einen Schatten darauf fallen sehen.‹
    Der Mantis schaute hin, aber sah nichts.
    Die Stachelschweinfrau sagte:

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