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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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– gesichtslose, beinahe gestaltlose Phantome, die das Auftauchen der kleinen Schar gar nicht zu registrieren schienen.
    Renie fühlte auf einmal einen Kloß im Hals. Konnten das … die Kinder sein? Stephen und die vielen andern?
    !Xabbu und die übrigen waren kurz vor dem Fuß des Titanen stehengeblieben. In der Hoffnung, daß es ihm und Florimel gelungen war, Orlando und T4b halbwegs zur Vernunft zu bringen, spornte Renie Paul an, schneller zu gehen, und gemeinsam hoben sie Martine fast vom Boden ab.
    »Seht«, rief !Xabbu , als er sie kommen sah, und deutete in die andere Richtung.
    Beinahe eine Meile entfernt war die Hand des langgestreckten Riesen, die in einer lockeren Faust neben ihm auf dem Boden gelegen hatte, jetzt im Begriff, sich zu öffnen.
    Während sie in gebanntem Schweigen darauf schauten, gingen die mächtigen Finger langsam in die Höhe und auseinander, als führten sie das Finale eines äonenlangen Zauberkunststücks aus. Es dauerte Minuten, aber als die Hand sich schließlich zur Form eines ungeheuren Sterns gespreizt hatte, war nichts darin zu sehen als die weite, leere Innenfläche.
    »Faßt sie nach uns?« grübelte Renie laut.
    »Wir sollen kommen«, meinte !Xabbu .
    »Oder weggehen«, fügte Florimel leise hinzu.
    Sie bewegten sich darauf zu; wieder schnurrte die Entfernung zusammen, so daß sie sich nach kaum hundert Schritten schon am Fuß des riesenhaften Gebildes befanden, das ein ganzes Stadion wie eine Teetasse hätte umfassen können. Aus der Nähe war die Hand noch beängstigender, denn sie schimmerte und verschwamm an den Rändern und auf der ganzen Fläche, so daß es weh tat, sie zu lange oder zu intensiv anzuschauen.
    »Die ist wie meine«, wunderte sich T4b mit heiserer Stimme. Der Zorn in seinem Gesicht war dem reinen Staunen gewichen. »Wie meine.« Er hielt die Hand hoch, die in dem Flickenland verändert worden war. Sie sah tatsächlich aus wie eine Miniaturversion der vor ihnen aufragenden unsäglich großen Extremität.
    »Was hat das zu bedeuten?« fragte Fredericks ratlos. »Das ist so … scännig!« Selbst Orlando hatte vor der unfaßbaren Größe des Dings sein Schwert gesenkt.
    »Wir können nicht einfach …«, begann Renie, dann brach sie erschrocken ab, als sich vor den gespreizten Fingern ein Leuchten im Raum ausbreitete. »Mein Gott.« Das Zauberkunststück war noch langsamer, als sie vermutet hatten, und es war noch nicht vorbei.
    Beim ersten Aufglimmen des goldenen Lichtes dachte sie, ein Gateway entstände, aber die Helligkeit dehnte sich nach hinten aus, bis deutlich war, daß sie nicht auf etwas, sondern durch etwas hindurch blickten: Ein unregelmäßiges Fenster bildete sich in der leeren Luft zwischen den Fingerspitzen des Riesen und dem Boden, und das gelbe Licht kam von der anderen Seite. Mit zunehmender Schärfe und Tiefe erkannte Renie durch das Loch einen außerordentlich großen, ganz mit spiegelndem Blattgold überzogenen Raum, in dem tierköpfige Gestalten thronten, still und majestätisch wie Statuen. Neben jedem Thron lag ein großer Sarkophag, rot und glänzend wie ein überdimensionaler Blutstropfen.
    »Wer ist das?« flüsterte Paul.
    Renie schüttelte fassungslos den Kopf. »Weiß ich nicht, aber ich glaube nicht, daß sie uns hören können. Es ist, als würden wir sie durch eine halbverspiegelte Scheibe sehen.«
    »Ich weiß, wer das ist«, sagte Orlando matt. »Einem davon sind wir schon mal begegnet, in dieser ägyptischen Welt. Der da ist Osiris. Was wir vor uns haben, ist die Gralsbruderschaft.«
    Die gekrönte Figur in der Mitte des goldenen Raumes erhob sich, streckte lange, mit weißen Binden umwickelte Arme aus und richtete dann an seine schweigenden Genossen auf ihren Thronen das Wort.
    »Die Stunde ist gekommen.« Die Stimme des Osiris tönte leise zu Renie und ihren Gefährten herüber wie durch einen langen, staubigen Korridor, ein Hauch aus dem Grab. »Die Zeremonie beginnt …«
     
     
    > Felix Jongleur sammelte sich. Der heftige Spasmus, der wenige Minuten vorher durch das ganze System gegangen war, hatte ihn genauso erschüttert wie die anderen Herren des Grals: Er hörte, wie die Mitglieder der Neunheit immer noch untereinander flüsterten und sich dabei nicht einmal um Geheimhaltung bemühten.
    »Die Zeremonie beginnt«, verkündete er abermals. »Wir haben alle lange auf diesen Augenblick gewartet. Mein Diener wird euch jetzt die Kelche bringen.«
    Der schakalköpfige Gott Anubis tauchte aus dem Schatten auf, einen

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