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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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großen goldenen Pokal in den schwarzen Fingern. Jongleur schluckte seinen Ärger hinunter – eigentlich hätte Dread zu diesem Anlaß seine vorgegebene Rolle in der Simulation spielen sollen, aber er hatte sich unerreichbar gemacht, so daß Jongleur gezwungen gewesen war, diese seelenlose Replikantenversion des Todesboten zusammenzuschustern. Er tröstete sich mit dem Gedanken an die Strafen, die er über seinen untreuen Diener verhängen würde, sobald er ihn ausfindig gemacht hatte. »Nehmt, was er euch darreicht«, wies er die anderen an. »Es ist für jeden ein Kelch da.« Und tatsächlich, als der ibisköpfige Jiun Bhao den Pokal genommen hatte, erschien in den Händen des Anubis sogleich ein neuer, den der Schakal gehorsam dem nächsten in der Reihe hinhielt, dem gelbgesichtigen Ptah. Als Robert Wells seinen Pokal in Empfang genommen hatte und Anubis zu Daniel Yacoubian mit dem Falkenkopf des Horus weitergegangen war, machte Wells eine leichte Drehung und prostete Jongleur ironisch zu.
    Von mir aus, dachte Jongleur, obwohl er sich über den Amerikaner ärgerte. Das kann er haben. Aber ich werde ihn ewige Qualen leiden lassen, wenn er unser Spiel durch irgend etwas verrät.
    Als jeder der Neunheit einen der sich augenblicklich erneuernden Pokale in der Hand hielt, verschwand der dienstbare Schakal wieder untertänig im Schatten. Wahrscheinlich ist es letztlich sogar besser, daß Dread nicht da ist, dachte Jongleur bei sich. Ich hätte wich nicht darauf verlassen können, daß der junge Narr nicht eine flegelhafte Dummheit begeht und den feierlichen Moment verdirbt …
    Die leicht peinliche Pause wurde von Sachmet unterbrochen. Die löwenköpfige Göttin spähte in ihren Pokal und sagte: »Wozu soll das nötig sein? Können wir nicht einfach einen Knopf drücken oder … oder was man sonst so macht? Wozu dieses ganze Brimborium?«
    Jongleur zögerte. Es ist jetzt so nahe, so nahe. Hab Geduld. »Weil wir etwas tun, was noch niemand getan hat, Madame. Dies ist ein Augenblick, wie es in der Geschichte noch nie einen gegeben hat – ist das nicht eine kleine Zeremonie wert?« Er versuchte zu lächeln, aber das Osirisgesicht war für so etwas nicht geschaffen.
    Ymona Dedoblanco war nicht so leicht zu besänftigen. »Mir ist das alles nicht geheuer. Wir sollen … wir sollen Gift trinken?«
    »Nur symbolisch, verehrte wilde Sachmet. In Wirklichkeit hast du, wie alle anderen auch, die Methode gewählt, die dir für deinen … Übergang am besten erscheint. Die zu deinen sonstigen Arrangements am besten paßt.« Was natürlich bedeutete, daß bei einigen aus der Bruderschaft das leibliche Ableben eine Zeitlang nicht bekannt werden durfte, sei es, damit ihre Macht gesichert blieb, sei es einfach, damit die Welt nicht merkte, daß eine erstaunliche Anzahl berühmter und mächtiger Personen alle zum gleichen Zeitpunkt gestorben waren. »Aber wenn du fragst, ob der Tod deines physischen Leibes notwendig ist, dann lautet die Antwort ja. Bitte, Madame, über alles, was damit zusammenhängt, bist du ausführlich aufgeklärt worden.«
    Der afrikanische Präsident auf Lebenszeit mit dem Krokodilskopf hatte ebenfalls Bedenken. »Warum kann ich meinen wirklichen Körper nicht behalten?«
    Nun erlitt Jongleur im Kampf mit seinem Ärger doch eine Niederlage. »Ich fasse es nicht, daß du jetzt im letzten Moment noch solche Fragen stellst, Ambodulu. Der Grund ist schlicht der, daß du nicht nur außerstande sein wirst, in deinen physischen Leib wieder einzutreten, sondern daß du praktisch zwei Versionen von dir erzeugen würdest, deine jetzige physische Form und eine eigenständige, aber unsterbliche Form innerhalb des Netzwerks. Du würdest dir selbst den erbittertsten Rivalen erschaffen, den man sich vorstellen kann, einen Zwilling, der deine sämtlichen Machtmittel kennt, der frei über alle deine Finanzen verfügen kann.« Er schüttelte den Kopf. »Wells, du hast dieses System entwickelt – sei so gut und erkläre es ihm. Ich verliere langsam die Geduld.«
    Das zitronengelbe Gesicht des Ptah blieb ernst, aber Jongleur meinte, einen Anflug von Belustigung erkennen zu können, als Wells sich erhob. Das ist das Problem mit diesen Amerikanern, dachte Jongleur säuerlich, sie lieben das Chaos um des Chaos willen.
    »Die meisten von euch haben dies längst schon verstanden und eingesehen«, sagte Wells glattzüngig, »aber ich werde es nochmal erläutern, nur um sicherzugehen, daß keine Zweifel bestehenbleiben. Ich weiß, es ist

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