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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Sie mußte ihnen mitteilen, was sie konnte, ihnen erzählen, was sie gesehen und erlebt hatte. »Wir sind auf dem Berg geblieben«, begann sie. »Als wir aufwachten, wart ihr fort. Wir müssen jetzt in diesem Weißen Ozean sein, von dem die andern erzählt haben. Aber ich habe !Xabbu und Sam verloren, und jetzt habe ich mich verirrt.«
    »… können dich nicht sehr gut verstehen«, entgegnete Martine. »Wo genau bist du?«
    Sie war nirgendwo. Sie war im Reich des Schreckens. Nur mit größter Mühe konnte sie sich an das erinnern, worüber sie so lange nachgedacht hatte. »Ich glaube … o Gott, ich glaube, wir sind im Herzen des Systems.« Wieder kamen ihr die Tränen. »Aber ich bin in Gefahr – in großer Gefahr …!«
    In den Ästen hinter ihr knackte es. Entsetzt sprang Renie auf und ließ das Feuerzeug fallen.

Zwei
Zauberlieder
    Ziehet durch, ziehet durch,
    Durch die goldne Brücke.
    Sie ist entzwei, sie ist entzwei,
    Wir wolln sie wieder flicken.
    Mit was denn?
    Mit Steinerlein,
    Mit Beinerlein.
    Der erste kommt,
    Der zweite kommt,
    Der dritte muß gefangen sein.
     
    Kinderreim

Kapitel
Mit vorzüglicher Hochachtung
    NETFEED/NACHRICHTEN:
    Clubkunden mit Kinderreimen terrorisiert
    (Bild: Werbung für Limousine)
    Off-Stimme: Zur allgemeinen Überraschung wurde der Betrieb des virtuellen Erotikclubs Limousine fast eine Stunde lang von einer, so manche Besucher, verstellt oder künstlich klingenden Stimme unterbrochen, die Kinderreime aufsagte.
    (Bild: unkenntlich gemachter Limousine-Kunde)
    Kunde: »Klar, das hört sich komisch an, aber es war echt ziemlich gruselig. Ich weiß nicht, irgendwie klang es nicht … normal.«
    Off-Stimme: Nach Angaben von Happy Juggler, dem Unternehmen, dem Limousine und mehrere andere Online-Clubs gehören, ist der Vorfall »nur der jüngste in einer ganzen Reihe von ärgerlichen Rüpeleien«.
    (Bild: Jean-Pierre Michaux, Unternehmenssprecher der Happy Juggler Novelty Corporation)
    Michaux: »Es bedeutet, daß wir in den ergiebigsten Einlogzeiten unsere Dienste nicht an den Mann bringen konnten – und an die Frau, versteht sich. Hinzu kommt, daß gut die Hälfte unserer Benutzer Väter und auch Mütter sind, die endlich die Kinder im Bett haben und sich jetzt ein bißchen Abwechslung und Entspannung wünschen. Von denen möchte sich gewiß niemand noch mehr elende Kinderreime anhören müssen.«
     
     
    > Jeremiah verstaute den letzten Vakuumbeutel und betrachtete sein Werk. Es war keine richtige Küche – Quatsch, es glich nicht im entferntesten einer Küche –, aber es mußte genügen. Berge von Dosen, Schachteln und Beuteln mit Lebensmitteln, etliche Kunststoffkanister voll Wasser, der einzige funktionierende tragbare Halogenring, den sie in einem der Gemeinschaftsräume oben gefunden hatten, ein Wasserkessel und ein Vorrat für ungefähr drei Wochen – bei sparsamem Verbrauch – von dem wahrscheinlich kostbarsten Gut überhaupt, Instantkaffee. Da in dieser unterirdischen Gefangenschaft an echten Kaffee nicht zu denken war, hatte er sich schon vor einiger Zeit darauf trainiert, die selbstkochende Brühe ohne Brechreiz zu trinken, und verspürte mittlerweile sogar schon eine gewisse Vorfreude auf seinen Morgentrunk. Jetzt war er mehr denn je darauf bedacht, an ein paar letzten Normalitätsritualen festzuhalten.
    Er beäugte seine Notvorräte, die einen aufrechten Metallschrank fast ganz füllten. Alles in allem würde es hinkommen. Und falls sie so lange in diesem untersten Geschoß ausharren mußten, bis ihnen der Kaffee ausging, tja, dann waren die Killer über ihnen vielleicht sogar das kleinere Übel.
    Er brachte nicht einmal mehr ein Schmunzeln zustande. Er kontrollierte die Batterien in seiner Taschenlampe, rückte an einem seiner Stapel die Ecken zurecht und richtete sich auf.
    Lieber Gott, ich bin ein wandelndes Klischee. Wir rüsten uns hier zum Kampf um unser Leben, und wer übernimmt prompt die Küche als Mutter der Kompanie?
    Er begab sich auf der ringsherum laufenden Galerie zu den Bedienerkonsolen, wo Del Ray mit gerunzelter Stirn auf den Bildschirm starrte wie ein Literaturkritiker, der einen schlechten Roman rezensieren muß. Long Joseph lümmelte mißmutig hinter ihm auf einem Stuhl, zwei Plastikflaschen mit Wein neben sich auf dem Tisch. Wie er so dahing, tat er Jeremiah beinahe leid. Wenn er selbst schon darunter litt, daß er den Kaffeevorrat für mehrere Wochen rationieren mußte, wie mochte Joseph dann dabei zumute sein, sich einen knappen

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