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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Tagesbedarf von seinem täglichen Gift einteilen zu müssen und nicht einmal zu wissen, für wie lange?
    »Wie läuft’s?« fragte er.
    Del Ray zuckte mit den Achseln. »Ich bringe die Kontrollmonitore nicht an. Eigentlich müßten sie funktionieren, aber sie tun’s nicht. Ich hab dich ja gewarnt, das ist wirklich nicht meine Stärke. Wie sieht’s bei dir aus?«
    »Leidlich.« Jeremiah zog sich einen der Drehstühle heran und setzte sich. »Ich wünschte, wir hätten uns von dem alten Singh die ganzen Kameras anschalten lassen, als wir noch die Gelegenheit dazu hatten. Aber wer hätte damals gedacht, daß wir sie nochmal brauchen würden?«
    »Vielleicht meldet sich ja dein Freund Sellars wieder«, sagte Del Ray, aber er klang nicht, als ob er daran glaubte. Er drückte einen der Knöpfe auf der Konsole und versetzte ihr dann einen ärgerlichen Schlag. »Vielleicht kommt er mit diesem ganzen Mist klar.«
    »Wenn meine Renie hier wär, die hätt die Dinger laufen, bevor ihr überhaupt wißt, was los is«, meldete sich Long Joseph plötzlich. »Kennt sich aus mit dem ganzen Zeug. Hat’s schließlich studiert und so.«
    Del Rays finstere Miene verzog sich unerwartet zu einem winzigen Lächeln. »Ja, das hätte sie. Und es würde ihr einen Mordsspaß machen, das Kuddelmuddel in Ordnung zu bringen, das ich gemacht habe, und es mir unter die Nase zu reiben.«
    »Aber logisch. Is’n cleveres Ding. Muß ja, bei dem ganzen Geld, das ihr Studium und alles gekostet hat.«
    Del Rays Lächeln wurde ein wenig breiter, als er Jeremiahs Blick begegnete. Ein Studium, das sie selbst bezahlt hat, wenn ich das richtig verstanden habe, dachte Jeremiah. Er erinnerte sich, daß Renie von ihrer jahrelangen Sklavenarbeit in der Universitätsmensa erzählt hatte.
    »Moment mal«, sagte er an Joseph gewandt. »Habe ich richtig gehört? Du hast gerade mit Renie geprahlt?«
    »Was soll’n das heißen, geprahlt?« erkundigte sich Joseph mißtrauisch.
    »Das soll heißen, du redest, als ob du tatsächlich stolz auf sie wärst.«
    Der ältere Mann knurrte unwirsch. »Stolz auf sie? Klar bin ich stolz auf sie. ’n cleveres Ding isse, genau wie ihre Mama war.«
    Jeremiah konnte seine Verwunderung nicht ganz verbergen. Er überlegte, ob der Mann in Renies Beisein jemals etwas in der Art gesagt hatte. Er bezweifelte es. Wahrscheinlich mußte sie dazu erst in einem großen Keramiksarg mit plasmodalem Gel schwimmen.
    »Ach, zum Teufel.« Del Ray fuhr mit seinem Stuhl von der Konsole zurück. »Ich geb’s auf. Ich krieg’s nicht hin. Dieses Warten macht mich noch wahnsinnig. Ich dachte, wenn wir wenigstens sehen könnten, was sie da oben treiben, statt bloß hier zu hocken …«
    »Scheiß auf die Kameras«, grummelte Joseph. »Gegen Typen wie die nützt das gar nix. Ich sag euch, Waffen müssen wir finden, daß wir die Schweinepriester abknallen können.«
    Jeremiah stöhnte genervt auf. »Es gibt keine Waffen. Das weißt du bereits. Kein Mensch macht eine Militärbasis dicht und läßt irgendwelche Waffen in der Gegend rumliegen.«
    Joseph zeigte mit dem Daumen auf Del Ray, der zusammengesunken auf seinem Stuhl saß und die Decke des riesigen unterirdischen Raumes anstierte, als wollte er die Arbeit der inaktiven Monitore selbst übernehmen. »Er hat ’nen Revolver. Ich sag dir, den solltste mir geben. Hättste mal sehen sollen, wie er damit panisch rumgefuchtelt hat, die Hand so verschwitzt, ich dacht schon, er knallt mir vor lauter Schiß die Rübe runter.«
    »Nicht das schon wieder«, ächzte Jeremiah.
    »Ich mein ja bloß. Ich glaub, das Muttersöhnchen hat im Leben noch nie ’ne Knarre abgefeuert. Ich war in der Schutztruppe, jawoll.«
    »Oh, bestimmt«, sagte Del Ray, die Augen geschlossen. »Ich bin sicher, du hast jede Menge Hühner geschossen, wenn du mit deinen Kumpanen ein paar hinter die Binde gekippt hattest.« Er rieb sich das Gesicht. »Selbst wenn er nicht auf mich handcodiert wäre, wärst du der letzte, dem ich …«
    Eigenartigerweise verstummte er. Jeremiah wollte ihn eben fragen, ob alles in Ordnung sei, als Del Ray sich plötzlich mit schreckensweiten Augen kerzengerade auf seinem Stuhl hinsetzte.
    »Um Gottes willen!« stieß er hervor. »Um Gottes willen!«
    »Was ist los?« erkundigte sich Jeremiah.
    »Der Revolver!« Del Ray griff sich in die Haare, als wollte er sie ausraufen. »Der Revolver! Er ist in meiner Jackentasche!«
    »Und?«
    »Ich hab sie oben liegenlassen! Als ich gestern die Wasserbehälter verstaut

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