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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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geglückte Einbruch nur die Erkenntnis, daß die ihr gestellte Aufgabe geradezu irrsinnig kompliziert war.
    Mit der Nonchalance der Ahnungslosen hatte Dread ihr mitgeteilt, er wolle alles von Interesse über das Gralsnetzwerk haben, insbesondere alles, was einen Bezug zum Otherland-Betriebssystem hatte. Gleichzeitig hatte er sehr deutlich zu verstehen gegeben, daß sie selbst die Daten auf keinen Fall allzu genau in Augenschein nehmen durfte – eine Restriktion, die ihr seinerzeit beim Abhören seiner Anweisung ein lautes verächtliches Schnauben entlockt hatte.
    Toll, hatte sie sich gedacht. Als ob die ihr ganzes gespeichertes Material etikettieren würden, um Industriespionen die Arbeit zu erleichtern. »Das braucht ihr nicht zu lesen. Verlaßt euch drauf: Es ist wichtig!«
    Jetzt, wo die Begeisterung über das Cräcken des Systems verflogen war, drückte das volle Gewicht der Aufgabe sie nieder. Sie hatte keine Ahnung, wie sie die Sachen, die Dread haben wollte, jemals finden sollte. Das Ausmaß der vor ihr liegenden Informationen war gigantisch, der gesamte Datenbestand eines der größten multinationalen Konzerne der Welt. Und dabei konnte es sein, daß die Sachen über das Gralsnetzwerk noch nicht einmal darin enthalten waren – schließlich war es ein wichtiges Geheimnis, nicht wahr? Zumindest würde es mit Sicherheit keine hilfreichen Etikettierungen geben.
    Fast zwei Stunden Stöbern in den Systemindizes bestätigte ihre Befürchtungen. Sie seufzte, klickte sich aus und stand auf, um den nächsten Kaffeebeutel aufzureißen. Es mußte einen Weg geben, die Sache einzugrenzen.
    Die Idee kam ihr, während die Tasse noch sprudelte. Eigentlich war es gar nicht die J Corporation , worauf sie aus war, es war Jongleurs persönliches System. Man konnte davon ausgehen, daß die Otherlandinformationen den Angestellten der J Corporation nicht oder nur in sehr geringem Umfang zugänglich waren, da die Verwaltung des Netzwerks allem Anschein nach weitgehend in den Händen von Robert Wells’ Telemorphix lag, und auch wenn Jongleur der alleinige Besitzer der J Corporation war, war das Unternehmen dennoch eine privatrechtliche Gesellschaft und unterlag zumindest theoretisch der staatlichen Wirtschaftsprüfung. Jongleur konnte doch nicht die ganze Welt bestochen haben, oder? Ihres Erachtens waren die Chancen sehr hoch, daß jemand, der sein Leben so gut wie ausschließlich online führte, die wichtigsten Daten auf sein separates System packte, mit Sicherheit alles von so vitaler Bedeutung wie die Geheimnisse des Gralsnetzwerks. Die Frage war, wie sie Felix Jongleurs persönliches System finden sollte.
    Die Lösung, die ihr schließlich aufging, entsprach ihrem Sinn für Ironie und bestätigte ihre vorherige Vermutung: Gerade Jongleurs Verschrobenheiten würden es ihr ermöglichen, seinen Abwehrmaßnahmen ein Schnippchen zu schlagen.
    Jongleurs eigentümliche Verwendung des VR-Interface behinderte ihre anfänglichen Versuche, aber da genau darin der Schlüssel zu ihrem Erfolg liegen sollte, beschwerte sie sich nicht. Sie setzte ihr bestes Analysegear an den Punkten an, wo das kitschige, menschelnde Interface am meisten Intuition vermissen ließ, weil sie den Verdacht hatte, daß Jongleurs Privatverbindungen zum System der J Corporation am ehesten dort zu finden waren. Das Gear machte sich an die Arbeit. Nach einer Stunde trudelten die ersten Ergebnisse ein: Kanäle, durch die regelmäßig Informationen aus dem Konzernsystem gesaugt wurden, Datenleitungen mit individuellem Zuschnitt auf Jongleurs ausgefallene Ansprüche. Dulcy rauschten die Ohren vor Stolz. Dread mochte seine fiesen kleinen Tricks haben, über die er sich ausschwieg – er arbeitete zweifellos mit ungewöhnlichen Mitteln, wenn er so leicht durch die Otherlandabwehr gekommen war –, aber sie hatte auch ihre Kniffe.
    Ich bin gut, verdammt nochmal. Ich bin erstklassig. Ich bin eine der Besten.
    Während ihr Gear von den kleineren Kapillaren zu den größeren Kanälen wanderte und ihre labyrinthischen Bahnen über Rerouter und Firewalls verfolgte, baute sich ihre Erregung immer weiter auf. Das war’s überhaupt. Das war besser als alles andere, besser als Geld, besser als Sex. Als dann die größeren Leitungen in ein einziges Daten saugendes Breitband zusammenliefen, war sie dermaßen aus dem Häuschen, daß sie aufstehen und sofort den nächsten Spaziergang machen mußte, wenn sie nicht vor lauter nervöser Energie explodieren wollte. Sie tigerte hinter einem

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