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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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was auch immer – auf den zweiten Teil des Schlüssels.
    »Ich warte auf deinen wahren Namen«, sagte der alte Mann mit leicht schärferem Ton. Ratlos starrte Dulcy in seine hypnotisierenden Augen und wußte nicht, was sie tun sollte. In einem romantischen Schinken wäre von seinem »herrischen Blick« die Rede gewesen, aber dieser steinharte alte Wirtschaftsmonarch hatte wenig Romantisches an sich. Wenn er im wirklichen Leben nur ungefähr so ausgesehen hatte, war gut zu verstehen, wie er es geschafft hatte, sich ein Imperium aufzubauen.
    »Dein wahrer Name«, sagte der Pseudo-Jongleur zum drittenmal. Im nächsten Moment war er fort. Die Datei hatte sich geschlossen.
    Dulcy wischte sich über die Stirn und fühlte den Schweiß. Sie klinkte sich aus dem System aus. Es war definitiv Zeit für eine Pause.
     
    Eine Stunde später stierte sie wieder auf die Uschebti-Datei. Sie hatte nicht vor, sie noch einmal zu öffnen oder auch nur allzu eingehend zu untersuchen, denn bei solchen Dingern war häufig eine bestimmte Anzahl von Versuchen eingestellt, die sie zuließen, bevor sie sich selbst zerstörten.
    Eine Suche nach biographischen Informationen über Jongleur hatte nichts ergeben, was Licht auf das Rätsel geworfen hätte. Seine leiblichen Söhne und Töchter waren vor fast einem Jahrhundert gestorben, und nach dem, was sie hatte in Erfahrung bringen können, gab es keine direkten Erben. Alle auffindbaren lebenden Verwandten, von denen die ältesten immer noch Generationen jünger waren als Jongleur selbst, waren Nachfahren seiner Cousins und Cousinen. Von nahen Beziehungen zu einem davon war nichts bekannt, und keiner bekleidete eine Position in der J Corporation .
    So vorsichtig, wie ein Spezialist eine nicht hochgegangene Bombe entschärft, holte Dulcy die Uschebti-Datei aus ihrem Umfeld heraus und transferierte sie auf ihr eigenes System. Dann fuhr sie mit der Durchsicht der Dateien fort.
    Wenn Dread Sachen verbergen konnte und vor ihr Geheimnisse haben wollte, na, dann konnte Dulcy das schon lange.
     
     
    > »Probieren wir noch einen«, meinte Dread. »Das ist echt interessant.«
    Er winkte, und ein dunkelhaariger, muskulöser Mann kam eilig in den Fackelschein und fiel auf die Knie. Seine Leinengewänder sahen aus, als wären sie einmal recht edel gewesen, aber jetzt waren sie angesengt und zerrissen, und seine schwarze Perücke saß schief.
    »Wie heißt du?« fragte Dread ihn.
    »Seneb, o Herr.«
    »Und was machst du so?« Dread wandte sich der Frau neben ihm zu. »Witzig, nicht? ’n bißchen wie in ’ner Spielshow.«
    »Ich … ich bin ein K-K-Kaufmann, o Großes Haus.« Er war so verängstigt, daß er kaum ein Wort herausbrachte.
    »Sag mal… hmmm … was hast du heute morgen gefrühstückt?«
    Seneb zögerte, um nur ja nicht die falsche Antwort zu geben. »Ga-gar nichts, Herr. Ich habe seit zwei Tagen nichts gegessen.«
    Dread machte eine wegwerfende Bewegung mit seiner mächtigen, pechschwarzen Hand. »Dann eben bei deinem letzten Mal, Männeken. Was hast du da gefrühstückt?«
    »Brot, Herr. Und etwas Bier.« Der Mann zog angestrengt nachdenkend die Stirn kraus. »Und ein Entenei! Ja, ein Entenei.«
    »Siehst du?« Dread grinste seine Besucherin an, daß seine rote Schakalzunge heraushing. Es war viel unterhaltsamer, solche Sachen mit richtigen menschlichen Zuschauern zu machen. »Jeder ist anders.« Er deutete auf den Priester, den er unmittelbar vor dem Kaufmann verhört hatte. »Und was hältst du von dem Typ da, hmmm? Ist das ein guter Mann?«
    Seneb schaute auf den zusammengekauerten Priester und wußte wieder nicht, welche Antwort gewünscht war. »Er ist ein Priester des Osiris, Herr. Alle Priester des Osiris sind gute Männer … oder etwa nicht?«
    »Tja, da Osiris schon ’ne ganze Weile aushäusig ist …« Dread feixte. »Ich denke mal, die Frage müssen wir offenlassen. Aber was ist, wenn ich dich auffordere, mit ihm zu kämpfen? Ihn zu töten, wenn du kannst?«
    Trotz seiner bulligen Statur zitterte Seneb. Das mochte mit daran liegen, daß der schakalköpfige Gott vor ihm auf dem Thron doppelt so groß war wie er. »Wenn der große Gott es wünscht«, stieß er schließlich hervor, »muß ich es tun.«
    Dread lachte. »Siehst du? Manche von ihnen können’s gar nicht erwarten, einen der Priester fertigzumachen. Andere halten es für ein Sakrileg und machen es nicht mal, um ihr Leben zu retten. Eine irre Sache.«
    Die Frau an seiner Seite sah ihn verwundert an.
    »Kapierst du

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