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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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die Jäger bei ihrer Rückkehr begrüßt worden waren. Überall in der geräumigen Höhle herrschte ein geschäftiges Treiben, und mehrere Feuer brannten, während es vorher, als er und seine Gefährten eingetroffen waren, nur eines gewesen war – vielleicht um besser sehen zu können, was sich draußen vor der Festung abspielte.
    »Wie spät ist es?« erkundigte sich Paul.
    »Weiß nich genau, jedenfalls isses Morgen«, antwortete ihm Titus. »Ihr habt alle geschlafen, als hättet ihr’s nötig gehabt.«
    »Haben wir.«
    Titus führte sie in eine zweite große Höhle, von der Paul vermutete, daß sich darin am Vorabend die anderen Bewohner zurückgezogen hatten. Jetzt ging es darin genauso rege zu wie in der vorderen, Bratengeruch hing in der Luft und vor allem Qualm. Verwundert sah Paul drei Männer mit langen Messern ein großes Kalb zerlegen. »Haben sie Kühe gejagt?«
    »Besser wir kriegen sie als die Langhaxviecher und die Teufel«, sagte Titus.
    »Teufel?« fragte Florimel. »Wer soll das sein?«
    Titus antwortete nicht, sondern blieb stehen und deutete mit dem Kinn auf die Kalbsmetzger. »Geht rein. Er will euch sehen.«
    Paul und die anderen traten ein. Ein breitschultriger, stattlich gebauter Mann mit einem vollen Schnurrbart und einem staubigen Bowler auf dem Kopf erhob sich mit der leichten Geschmeidigkeit eines aus dem Gras aufstehenden Löwen.
    »Ich würde euch ja die Hand geben«, sagte er, »aber wie ihr seht, bin ich bis zu den Ellbogen blutbesudelt. Trotzdem herzlich willkommen. Ich heiße Masterson, aber meine Freunde und ein paar von meinen intimeren Feinden nennen mich Bat.«
    »Bat Masterson?« Paul blickte ihn konsterniert an. Eigentlich war es ja nicht verwunderlich, in diesem künstlichen Universum auf die Kopien berühmter Persönlichkeiten zu stoßen, aber wenn es einem passierte, war man doch überrascht.
    »Schon mal von mir gehört, was? Tja, das kommt davon, wenn man sich mit Zeitungsfritzen einläßt.«
    »Das meiste, was über ihn geschrieben wird, ist gelogen«, sagte Annie Ladue, die jetzt neben ihm aufstand. Paul hatte sie schon wieder für einen Mann gehalten. Sie gab ihrem Liebsten einen zärtlichen Klaps auf den Allerwertesten. »Aber gerechterweise muß man sagen, daß nur die Hälfte der Lügen auf Bats Konto geht.«
    »Hock dich hin und schaff was, Frau«, sagte er. »Wir haben fünfzig Mäuler zu stopfen, da sollten wir uns ranhalten.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Paul und den anderen zu und musterte sie von Kopf bis Fuß, wobei besonders die Overalls, die sie in Kunoharas Insektenwelt geerbt hatten, seine Neugier erregten. »Und was seid ihr für welche? Zirkusartisten? Fahrende Musikanten? Da würdet ihr hier ein dankbares Publikum finden. Die Kleinen werden mächtig kratzbürstig nach den vielen Tagen hier drinnen.«
    »Nein, wir sind keine … Artisten.« Paul mußte ein amüsiertes Lächeln unterdrücken. Wenn dies ein Netzfilm wäre, müßten sie sich wahrscheinlich als solche ausgeben. Mit was für einer bizarren Nummer konnte ihre Truppe wohl auftreten? Bestaunt den sagenhaften Irrfahrer und Blindgänger! Den pampigsten Teenager der Welt! »Wir sind ganz normale Leute, wir kommen nur von weither. Wir waren auf der Durchreise und sind vom Weg abgekommen, und dann haben diese … Biester uns angegriffen.«
    Ein weiteres Mal räumte die Fähigkeit des Systems, Anomalien zu integrieren, ein Hindernis umstandslos aus dem Weg: Ihre eigentümliche Kleidung wurde nicht wieder erwähnt. »Davon hab ich gehört«, sagte Bat. »Und von euerm Ausbruch hab ich auch gehört – verdammt eindrucksvoll, wenn die Damen den ungehörigen Ausdruck entschuldigen wollen. Wie habt ihr das geschafft?«
    »Ich … ich hab einen Revolver gefunden«, antwortete Paul und zog die Waffe vorsichtig aus der Tasche. »Es waren genug Patronen drin, daß wir uns den Weg freischießen konnten, aber mehr nicht. Wir wären umgekommen, wenn eure Leute nicht gewesen wären.«
    »Daß der Bau so dicht dran ist, macht uns einen Haufen Scherereien«, gab Bat lakonisch zu, wobei er den Blick auf Pauls Revolver gerichtet hielt. »Aber im Umkreis von Meilen ist dies die am besten zu haltende Stellung, da haben wir uns für das kleinere von zwei Übeln entschieden.«
    »Wie ist es dazu gekommen, daß ihr …?« begann Paul.
    »Ich unterbreche nur ungern«, sagte Bat, »und möglicherweise nehmen Sie es mir übel, aber ich hoffe nicht. Wären Sie vielleicht so freundlich und ließen mich einen Blick

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