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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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darüber nach.« Er legte Sam die Hand auf den Arm. »Ich bin sehr froh, daß dir nichts passiert ist, Sam.«
    »Es war bloß das Bein, und das fühlt sich schon viel besser an.« Sie lächelte, um ihn ein wenig aufzumuntern, aber fragte sich, wie gut das mit klappernden Zähnen gelingen konnte.
     
    Trotz seiner Sorge um sie war !Xabbu nicht an ihrer Seite, als Sam irgendwann mitten in der Nacht aufwachte. Sie sah die schattenhaften Formen der beiden andern im Schein der verglimmenden Glut, aber keine Spur von dem kleinen Mann.
    Wird ein menschliches Bedürfnis befriedigen, vermutete sie und war schon fast wieder eingeschlafen, als ihr einfiel, daß es so etwas für sie alle nicht mehr gab. Sie fuhr hoch. Die Vorstellung, ihn zu verlieren, mit Jongleur und Azador allein gelassen zu werden, erschreckte sie zutiefst.
    Ich will das alles nicht. Ich will nach Hause.
    Sie versuchte sich zu beruhigen, zwang sich, darüber nachzudenken, was Renie oder Orlando tun würden. Wenn !Xabbu fort war, mußte sie los und nach ihm suchen, klarer Fall. Sie überlegte, ob sie die anderen wecken sollte, entschied sich aber dagegen. Wenn sie im Umkreis von vielleicht hundert Metern um das Lagerfeuer keinerlei Anzeichen von ihm fand, konnte sie es sich ja noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
    Sie wollte gerade einen glimmenden Stock als Fackel aus dem Feuer ziehen, als sie bemerkte, daß jemand anders schon vor ihr auf die Idee gekommen war: Ein gutes Stück vom Lager entfernt stach ein einzelner rötlicher Lichtfleck von den samtig schwarzen Bergen ab. Sam trabte darauf zu.
    !Xabbu hatte seine Fackel in den weichen Lehm eines Wiesenhangs gesteckt und sich danebengesetzt. Er schaute bei ihrem Nahen nicht auf, und sie bekam es schon wieder mit der Angst zu tun, da riß er sich mit einem Schütteln aus seiner Träumerei und wandte sich ihr zu.
    »Alles in Ordnung, Sam?«
    »Yeah, chizz. Ich bin bloß wach geworden, und … ich hab mir Sorgen gemacht, weil du nicht da warst.«
    Er nickte. »Das tut mir leid. Ich dachte, du würdest so fest schlafen, daß du es nicht merkst.« Er blickte wieder zum Himmel auf. »Die Sterne sind sehr eigenartig hier. Sie bilden Figuren, aber ich kann sie nicht behalten.«
    Sie setzte sich neben ihn. Das Gras war feucht, aber nach dem Vorfall im Fluß merkte sie das kaum.
    »Wirst du nicht frieren?« fragte er.
    »Mir ist nicht kalt.«
    Eine Weile saßen sie schweigend da, und Sam mußte ihren inneren Drang bezähmen, mit freundlichem Geschwätz die Angst zu vertreiben. Als !Xabbu sich schließlich räusperte, sprach aus dem Ton eine für ihn so untypische Unsicherheit, daß Sam eine Gänsehaut bekam.
    »Ich … ich habe heute ein großes Unrecht an dir begangen«, sagte er.
    »Du hast mich gerettet.«
    »Ich habe dich in den Fluß springen lassen. Ich hätte es tun sollen, aber ich fürchtete mich.«
    »Wieso hättest du es tun sollen? Du bist genauso schlimm wie Renie – du meinst immer, du müßtest alle gefährlichen Sachen machen, ja niemand anders.«
    »Es war deswegen, weil ich Angst vor dem Wasser hatte. Als Kind wurde ich einmal im Fluß bei mir zuhause fast getötet. Von einem Krokodil.«
    »Wie schrecklich!«
    Er zuckte mit den Achseln. »Das gibt mir nicht das Recht, dich tun zu lassen, was ich mich nicht traue.«
    Sam stieß zornig die Luft aus. »Du mußt nicht alles machen«, sagte sie. »Das ist Fen-fen voll pur.«
    »Aber…«
    »Hör mal zu.« Sie beugte sich vor, zwang ihn, sie anzuschauen. »Du hast mir schon x-mal das Leben gerettet. Erinnerst du dich noch an den Berg? Wie du uns über diesen verschwindenden Pfad gelotst hast? Du hast mehr als genug getan, aber das bedeutet nicht, daß wir andern nicht auch mal was tun können, irgendwie.« Sie hob die Hand, um seinen Einwand abzuschneiden. »Orlando hat sich für uns geopfert, auch für mich. Wie könnte ich es ertragen, noch am Leben zu sein, wenn ich nicht auch mal was wage? Wenn ich mich einfach zurücklehne wie … wie so ’ne Märchenprinzessin und zugucke, wie die andern sich für mich krummlegen? Ich weiß nicht, wie das bei euch im Okidongodelta ist, oder wie das heißt, aber da wo ich herkomme, ist sowas scänniger als scännig.«
    !Xabbu lächelte, wenn auch leicht gequält. »Renie nennt es ›altmodischen Quark‹.«
    »Und das wird sie wieder sagen, wenn wir sie finden und du dich bis dahin nicht gebessert hast.« Jetzt mußte Sam lächeln. Sie betete, daß es so kommen möge, so unwahrscheinlich es war. Renie und

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