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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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entfernt niederlassen konnten. Es war ein trostloser Lagerplatz, kein Essen, kein Wasser, nicht einmal Feuer, da !Xabbu nirgends etwas gesehen hatte, das als Brennmaterial zu verwenden gewesen wäre, aber schon die schlichte Möglichkeit, sich gefahrlos hinzulegen und zu schlafen, empfand Renie als mindestens so köstlich wie das beste Essen, das sie je verzehrt hatte. Nach ihrem Beinaheabsturz hatte ihr die Angst dermaßen im Nacken gesessen, daß sie sich nicht mehr außer Reichweite der Bergwand begeben hatte, und den letzten Teil des Weges über hatte sie sich an dem schwarzen Fels die Finger wund gescheuert, weil sie sich ständig vergewissern mußte, daß sie auch wirklich ganz innen ging.
    Renie schickte Sam nach hinten in die Felsnische, weil sie den Posten zwischen Jongleur und dem zerbrochenen Schwert, das Sam bei sich trug, beziehen wollte, und legte dann ihren Kopf an !Xabbus Schulter. Jongleur suchte sich einen Platz weiter vorn in der Spalte, wo er sich an den Fels lehnte und rasch einschlief, das Kinn auf die Brust gesenkt. Klement kauerte sich außen hin und blickte mit undurchdringlicher Miene auf den grauen Himmel.
    Nach wenigen Sekunden war Renie eingeschlafen.
     
    Schwankend stand sie hart an der Kante. Stephen, vage erkennbar, flog nur wenige Meter entfernt auf Luftströmungen, die sie nicht wahrnahm. Er tat so, als ob er Flügel hätte, doch trotz seiner Flatterbewegungen kam er nie so nahe, daß sie ihn hätte fassen können. Sie streckte den Arm so weit aus, wie sie konnte, und meinte ihn schon zu berühren, doch da sackte der Grund unter ihr ab, und sie stürzte in das hallende, leere Dunkel…
    »… du da irgendwo? Kannst… hören? Renie?«
    Mit einem Schreckenslaut erwachte sie aus dem Traum, doch der Wahn hörte nicht auf. Martines Stimme tönte aus Renies eigener Brust, als ob ihre Freundin irgendwie in ihrem Körper gefangen wäre. Eine ganze Weile konnte sie nur verdattert die schwarzen Steinwände und den schmalen Ausschnitt des grauen Himmels anstarren, ehe ihr einfiel, wo sie war.
    Die Stimme summte abermals an ihrer Haut. !Xabbu setzte sich auf. Sam stierte sie schlaftrunken an. »… kannst du …? Wir sind… Not!«
    »Das Feuerzeug!« rief Renie. »Um Gottes willen!« Sie nestelte das Gerät aus dem Stoffstreifen, den sie über der Brust trug. »Es ist Martine. Sie lebt!« Doch noch ehe sie es ganz hochgehoben und so in das fahle Licht gedreht hatte, daß sie etwas erkennen und sich an die Sequenzen erinnern konnte, die sie seinerzeit herausgefunden hatten, sprang ein Schatten sie an und schlug ihr das Feuerzeug aus der Hand, so daß es klappernd in den hintersten Winkel der Nische flog. Vor ihr stand Felix Jongleur, die Fäuste geballt.
    »Spinnst du oder was?« schrie sie und krabbelte sofort auf Händen und Knien hinter dem Gerät her.
    »… Antwort. Renie«, bat Martine. Renies Hand streckte sich nach dem Feuerzeug aus. »Wir … Falle und haben …«
    »Wenn du versuchst, es zu aktivieren«, zischte Jongleur, »bringe ich dich um.«
    Sam schoß in die Höhe, Orlandos zerbrochene Klinge gezückt. »Laß sie in Ruhe!«
    Jongleur sah sie nicht einmal an. »Ich warne dich«, sagte er zu Renie. »Rühr es nicht an!«
    Renie wußte nicht, was sie tun sollte. Jongleur hörte sich an, als würde er seine Drohung wahrmachen, und sei es mit dem Schwertstumpf im Rücken. Dennoch beugte sie sich langsam zu dem Feuerzeug vor, spreizte die Finger. »Was ist denn in dich gefahren?« murrte sie. »Das sind unsere Freunde …«
    »Martine! Bist … Süße?« meldete sich da jemand anders, eine schrecklich bekannte Stimme. Obwohl das Signal stärker war als Martines, ging es ebenfalls ständig an und aus. »Ich hab dich richtig … noch andere von meinen … dir?«
    Renie zog hastig die Hand zurück, als ob das Feuerzeug auf einmal weißglühend geworden wäre.
    »Ich bin zur Zeit leider … Schnucki, aber ich schick … holen werden. Rührt euch … Stelle! Sie … Minuten da sein. Oder … gern fliehen – es … nichts nützen.«
    Dreads brummendes Lachen füllte die kleine Nische. »Er ist hinter ihnen her!« schrie Renie beinahe. »Wir müssen ihnen helfen!«
    Jongleurs Finger krampften sich wieder zur Faust zusammen. »Nein.«
    Nachdem zehn Sekunden in angespanntem Schweigen vergangen waren, griff Renie nach dem Gerät und hob es auf. Es war jetzt kalt und stumm, ein totes Ding. »Das sind unsere Freunde«, sagte sie hitzig, aber Jongleur war bereits an die Öffnung der Felsspalte

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