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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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zu dieser Brücke rennen. Du hast gesagt, sie wäre nicht so weit weg.«
    »Über die Brücke können wir nicht.«
    »Was? Was soll das heißen? Als ich dich vorhin gefragt hab, hast du gesagt, es würde gehen, wir könnten den Fluß überqueren!« Obwohl das Feuer noch nicht groß war, arbeitete es sich bereits zu der niedrigen Decke empor. Die orchideeartige Lichtblume begann, an den Rändern braun zu werden und sich leicht zu kräuseln. »Ich weiß nicht mal, ob wir das jetzt noch ausbekommen. Wieso meinst du, daß wir nicht über die Brücke können?«
    »Sie führt zum Häckselhaus.«
    »Mir egal. Ich bin sicher, es ist furchtbar, aber wenn wir hierbleiben, werden diese Biester uns irgendwann fangen und umbringen.«
    »Ich will nicht zum Häckselhaus.«
    »Keine Widerrede. Ich kann dich nicht hier zurücklassen.« Sie erhob sich und griff sich den langen, faserigen Stengel, den sie beiseite gelegt hatte. »Jetzt da rüber neben das Fenster, durch das wir gekommen sind.« Renie drehte sich zu Klement um. »Du auch. Wir müssen hier raus.«
    Klement betrachtete sie eine Weile und stand dann auf. Renie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Feuer zu. Mit dem Stengel hielt sie das schwelende Blatt an die Turmwand gegenüber dem Fenster. Brennende Teilchen fielen davon ab und verglommen auf dem Fußboden, weil sie zu schwach waren, um die dunkle, saftige Pflanzendecke anzustecken, doch die Blätter an der Wand fingen an zu qualmen.
    »So, in wenigen Minuten wird hier alles brennen.« Renie drehte sich um und blickte verwirrt hin und her. Nur noch das Steinmädchen war mit ihr in der kleinen, grünen Glockenstube. »Wo ist Klement?«
    »Er ist da runtergegangen.« Das Mädchen deutete auf die Treppe nach unten.
    »O nein! Diese Viecher werden ihn fressen!« Renie trat auf die Astwerktreppe zu, doch ein brennendes Blatt löste sich von der Wand und heftete sich an ihre umgehängte Decke. Als sie es ausgeklopft hatte, stand bereits die ganze Wand in Flammen und herrschte eine solche Hitze, daß auch die lebenden Pflanzen erfaßt wurden, als ob sie Stroh wären. Renie zögerte. Das Steinmädchen sah sie mit schreckensweiten Augen an. Was war Klement schon anders als ein Mörder, ein Ungeheuer? Diese neue Version hatte zwar keinen so gemeingefährlichen Eindruck gemacht, aber hatte sie das Recht, das Leben des Kindes zu riskieren, bloß um ihn vor den Folgen seines Schwachsinns zu schützen?
    Eine Flammenlinie zog sich knisternd quer über den Boden und nahm ihr die Entscheidung ab. »Raus an die Lianen!« rief sie. »Los!«
    Renie kraxelte zum Fenster hinaus. Sobald sie in dem Pflanzendickicht der Wand einen einigermaßen festen Stand gefunden hatte, half sie dem kleinen Mädchen, hinauf auf ihre Schultern zu steigen. »Ich muß ein Stück nach unten klettern«, erklärte sie dem Kind. »Halt dich gut fest!«
    Als Renie den letzten Blick hinein warf, bevor ihr Kopf unter dem Fenstersims versank, brannte der ganze Raum lichterloh; Flammen prasselten an der Decke und hatten bereits mehrere Löcher in die Wand gefressen. Da fühlte Renie auch schon die erste Liane unter sich, und als sie mit den Füßen weitertastete, kam ein Stück tiefer die nächste, so daß sie das erste dieser elastischen Seile zum Festhalten nehmen konnte. Als sie sicher Tritt gefaßt hatte, stellte sie das Steinmädchen neben sich, und so standen sie jetzt beide schwankend über der dunklen Tiefe und den wimmelnden Tecks.
    »In einer Minute wird der ganze Turm in Flammen stehen«, flüsterte Renie. »Also los! Wenn wir Glück haben, wird der ganze brennende Kladderatsch über diesen Viechern zusammenstürzen und sie durcheinanderbringen, vielleicht sogar ein paar töten, wenn wir noch mehr Glück haben.«
    Stückchen für Stückchen hatten sie sich etwa zwanzig Meter vom Turm entfernt, dessen Spitze inzwischen wie eine Fackel loderte und große glühende Teile in die Luft spuckte, als das Steinmädchen an Renies Decke zerrte. »Was … was passiert, wenn er umkippt?« fragte es.
    »Schhh.« Renie versuchte, das gefährliche Schaukeln einzudämmen, das durch das Zerren angefangen hatte. Das ganze Zentrum der Pflanzenstadt – und sie beide mit – war jetzt von flackerndem roten Licht erhellt, und obwohl das Feuer alle Aufmerksamkeit auf sich zog, fürchtete sie, jeden Moment entdeckt zu werden. »Das hab ich dir doch gesagt! Es wird einen großen brennenden, qualmenden Haufen geben, und damit sind diese Monster abgelenkt, und wir können

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