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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Scheinwerfer, wie ein Schwalbensprung auf Beton aus fünfundzwanzig Meter Höhe wäre.
    Das Trapez hatte wieder umgekehrt, und sein leicht verkürzter Bogen bestätigte ihr, daß dies ihre letzte Chance war. Sie spannte die Muskeln an, fühlte den schmalen Artistenstand durch die Sohlen der weichen Schuhe und ließ sich dann allen protestierenden Instinkten zum Trotz nach vorn kippen, bis sie das Gleichgewicht unwiederbringlich verloren hatte. Als die Stange im Ausschwingen langsamer wurde und sich dem Punkt näherte, an dem sie anhalten und für einen Sekundenbruchteil in der Luft hängen würde, sprang sie in die Lichtsäulen hinaus, die die Dunkelheit durchbohrten.
    Erst als sie die Sprosse berührte, packte und aus den Händen glitschen fühlte wie ein Stück Seife, erst in dem blitzartigen Moment, wo auch sie gewichtslos war und sich gleichzeitig das ganze Gewicht des Todes und der Ewigkeit an sie hängte, um aus ihr statt eines Menschen eine bloße Demonstration der Schwerkraft zu machen, erst da ging Olga auf, daß sie träumte. Das Publikum im Traum stieß einen verzerrten Schreckensschrei aus, der ihr noch im Sturz die Ohren betäubte, dann lag sie auf dem Boden des Lagerraums, wo sie eingeschlafen war, und rang zitternd und keuchend nach Atem, während über ihr die Klimaanlage wie ein Düsentriebwerk röhrte.
    Als sie schließlich den Wasserspender gefunden und ausgiebig getrunken hatte, ließ das Zittern allmählich nach. Eine tiefe Frequenz in der Klimaanlage fing an, ihr auf den Magen zu schlagen, und so nahm sie ihre paar Sachen und zog auf die andere Seite des Lagers um.
    Das unbeabsichtigte Nickerchen hatte sie nicht gestärkt. Der Augenblick des Abgleitens und Fallens hing ihr immer noch nach. Selbst damals, nach jahrelangem Üben mit ihrem Vater und seinen Luftakrobaten über einem Netz, war sie die Angst davor nie ganz losgeworden.
    Es wäre kein richtiger Zirkus, wenn nicht tatsächlich jemand ums Leben kommen könnte.
    Seltsamerweise tröstete sie der Gedanke ein wenig. Es gab keine hundertprozentige Sicherheit im Leben, weder damals noch heute; selbst ein Netz war keine Garantie. Jansci, der ungarische Seiltänzer, ein guter Freund ihres Vaters, war beim Üben ins Netz gefallen, beim Hochprallen mit dem Fuß hängengeblieben und irgendwie über den Rand gekippt. Keine vier Meter, und doch war er nach dem Sturz gelähmt gewesen.
    Keine Garantie, nicht einmal mit Netz.
    Sie trank noch einmal etwas Wasser und probierte dann zum x-ten Mal, Catur Ramsey zu erreichen, doch der Zauber, der sie vorher über die telematische Buchse mit der realen Welt außerhalb dieses künstlichen schwarzen Berges verbunden hatte, wirkte nicht mehr. Die Kutsche war wieder ein Kürbis geworden, der Lakai ein Hund, die Pferde Mäuse. Sie mußte es allein schaffen.
    Wieder packte sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammen und begab sich zu den Serviceaufzügen.
     
    Fast einen ganzen Tag in Felix Jongleurs Haus zu leben wie eine Ratte in der Wand, hatte sie vorsichtig gemacht. Als der Fahrstuhl im Zwischengeschoß aufzischte, lugte sie um die Ecke, bevor sie hinaustrat, wich dann aber sofort wieder zurück und wartete, bis der junge Mann am Ende des Korridors in einem Seitengang verschwunden war. Er trug ein kragenloses Hemd und Arbeitshosen, doch er sah eher nach einem leger gekleideten Büroangestellten als nach einem Raumpfleger aus, vielleicht ein aufstrebender Jungmanager, der sich bei den Vorgesetzten mit unbezahlten Überstunden beliebt machen wollte.
    Selbst in der Hölle müssen sich die Unterteufel am Wochenende nicht fein anziehen, ging es ihr durch den Kopf. Kann mich nicht erinnern, daß Herr Dante das erwähnt hätte.
    Während sie die Tür am Schließen hinderte und sicherheitshalber noch ein wenig abwartete, mußte sie unwillkürlich an die Dutzende von ach so gewöhnlichen Mitarbeitern denken, die sie hier und da im Haus gesehen hatte, allesamt beschäftigt mit ach so gewöhnlichen Sachen. Bis jetzt war ihr noch kein Indiz dafür begegnet, daß ihre Gründe, sich heimlich hier einzuschleichen, etwas anderes als Wahnvorstellungen waren. Das Hauptquartier der J Corporation barg hinter seiner abweisenden schwarzen Fassade nichts, was sie nicht in jedem anderen Bürohochhaus auch angetroffen hätte. Selbst der bombensichere Raum der Wachmannschaft fiel nicht aus dem Rahmen, wenn man berücksichtigte, daß dies zugleich der Wohnsitz eines der reichsten Männer der Welt war.
    Jeder vernünftige Mensch mußte

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