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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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nicht heller – und dunkler auch nicht.«
    »Das ist alles richtig.«
    »Gut. Und statt daß wir uns über irgendeinen neuen virtuellen Blödsinn streiten, solltest du lieber herkommen und mich in die Arme nehmen.« Sie war ein wenig unsicher, merkte sie, aber sie sehnte sich nach seiner Berührung. Sie hatten zahllose Schrecken überstanden. Jetzt stand ihr der Sinn nach etwas anderem. »Wir haben ein Plätzchen. Wir haben Zeit. Wir haben uns. Fangen wir doch lieber damit was an.«
    Er zog eine Augenbraue hoch. Sie hätte fast geschworen, daß er verlegen war. »Ihr Stadtfrauen seid nicht schüchtern.«
    »Nein, sind wir nicht. Wie steht’s mit euch Wüstenmännern?«
    Er setzte sich und beugte sich vor, legte ihr die Hand um den Hals und zog sie sanft zu sich. Sie kam zu dem Schluß, daß er doch nicht verlegen war.
    »Wir sind sehr gesund«, sagte er.
     
    Sie hatte wieder geschlafen, wurde ihr bewußt, doch diesmal war die Ursache der Müdigkeit erfreulicher gewesen. Ihre Augen öffneten sich langsam, und sie ging Stück für Stück die Umgebung durch. Der Stein, die Tiefe, der ferne Himmel – nichts schien sich verändert zu haben. Aber andererseits hatte sich natürlich alles verändert.
    »Zählen wir das als unser erstes oder unser zweites Mal?« fragte sie.
    !Xabbu hob träge den Kopf von ihrer Brust. »Hmmm?«
    Sie lachte. »So mag ich dich gern. Entspannt. Benimmt sich so ein Jäger nach einem großen Essen?«
    »Nur wenn das Essen so gut war.« Er rutschte hoch und küßte sie am Kinn, am Ohr. »Eine komische Sache, dieses Küssen. Ihr macht das so viel.«
    »Du lernst es ziemlich schnell«, meinte sie. »Also – erstes oder zweites Mal?«
    »Du denkst daran, wie wir vorher zueinander fanden … in der großen Dunkelheit?«
    Sie nickte und zupfte an seinen Ringellocken.
    »Ich weiß nicht so recht.« Er stemmte sich über ihr hoch und schmunzelte. »Aber ein anderes erstes Mal steht uns jedenfalls noch bevor.«
    Sie mußte einen Moment überlegen. »Im wirklichen Körper. Lieber Gott, das hätte ich fast vergessen. Wirklich genug angefühlt hat es sich.«
    Er blickte in die Grube hinab. »Das Licht ist immer noch da.«
    Renie verdrehte die Augen. »Na schön. Ich kapituliere. Aber du gehst mir nicht allein.«
    Die Kapitulation zeitigte keine unmittelbare Wirkung. Renie ließ ihn nur ungern aufstehen und hätte am liebsten gleich noch ein Experiment mit den Möglichkeiten der Virtualität nachgeschoben, aber !Xabbu hatte keine Ruhe. Schließlich ließ sie sich von ihm unter Protest auf die Beine ziehen.
    »Es ist einfach so schön«, schmollte sie. »Bloß deshalb will ich nirgends hingehen. So schön, einfach ein Weilchen … Mensch zu sein. Nicht ums Leben rennen zu müssen. Keine Angst zu haben.«
    Er lächelte und drückte ihre Hand. »Vielleicht ist das ein Unterschied zwischen uns. Ich bin glücklich mit dir, Renie, so glücklich, daß ich es gar nicht sagen kann. Aber ich werde mich nicht völlig sicher fühlen, solange ich nicht weiß, was um uns herum vorgeht. In der Wüste kennen wir jeden Strauch, jede Fährte, jede Sandwehe.«
    Sie erwiderte den Druck, dann ließ sie ihn los. »Na schön. Aber mach bitte langsam, und laß uns vorsichtig sein. Ich bin echt erschöpft – und daran bist du mit schuld.«
    »Ich verstehe, mein Stachelschweinchen.«
    »Weißt du was«, sagte sie, während sie sich an die Stelle begaben, wo der Pfad endete, »langsam fange ich an, den Namen zu mögen.«
    !Xabbu musterte die Felsen unter ihnen. Sei es wegen des Lichtes oder wegen einer grundsätzlicheren Veränderung der ganzen Umgebung, jedenfalls wirkte der Abstieg nicht mehr so unmöglich steil wie zuvor. »Ich glaube, ich sehe einen Weg«, erklärte er. »Es wird nicht ganz leicht sein. Möchtest du nicht vielleicht doch lieber auf mich warten?«
    »Wenn ich deinen Wunsch achten soll, hier ohne jeden Grund in der Gegend rumzuklettern«, erwiderte sie bestimmt, »dann solltest du dir merken, daß ich es nicht leiden kann, irgendwo sitzengelassen zu werden.«
    »Ja, mein Stachelschweinchen.« Er warf einen prüfenden Blick in die Tiefe. »Hast du etwas dagegen, wenn ich vorgehe?«
    »Himmel, nein.«
    Nach Renies Schätzung dauerte es fast eine halbe Stunde, doch zu ihrer großen Erleichterung stellte sie fest, daß ihr erster Eindruck richtig gewesen war: Es war keine unmögliche Kletterstrecke, vor allem nicht für Leute, die den Marsch den schwarzen Berg hinunter überlebt hatten, nur eine, die ein wenig

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