Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
hochwertiges Briefpapier im Format A5, in der Mitte gefaltet. Er entfaltete ihn und hielt ihn so, dass Priya mitlesen konnte. Ein einziges Wort, geschrieben in den gleichen Blockbuchstaben wie der Name auf dem Umschlag.
SCHACHMATT
Priya reagierte zuerst. »Was meint er damit?«
»Keine Ahnung. Aber es gefällt mir nicht.«
»Denkst du nicht, dass es … ich weiß nicht, so was wie ein Entwurf ist?«
»Vielleicht. Aber der Umschlag war zugeklebt.«
»Also war er nur noch nicht dazu gekommen, ihn abzuschicken? «
»Sie wohnen praktisch Tür an Tür«, sagte Liam. Sein Mund war plötzlich trocken, und er schluckte mühsam. Eine Idee formte sich in seinem Kopf – eine Idee, die er verzweifelt zu ignorieren versuchte.
Er sah, dass Turner sich von den Gefangenen entfernt hatte und in sein Funkgerät sprach. Offenbar nahm er Joes Warnung ernst. Liam hätte ihn dafür zusammengestaucht, doch er hatte Wichtigeres zu tun.
Er schritt auf die Gefangenen zu. Als sie ihn kommen sahen, scharrten sie mit den Füßen wie nervöse Schafe. Sie vermieden jeden direkten Blickkontakt, beobachteten ihn aber mit misstrauischen Seitenblicken.
Oliver Felton war die Ausnahme. Den Kopf gesenkt, den Blick starr auf den Boden gerichtet, die Stirn konzentriert in Falten gezogen, sah er aus, als versuchte er sich mittels schierer Willensanstrengung unsichtbar zu machen.
Liam hielt ihm das Blatt direkt vor die Nase. »Erklär mir das.«
Oliver sagte nichts. Mit seiner freien Hand zog Liam seine Waffe und drückte die Mündung fest gegen Olivers Schläfe.
»Sag‘s mir!«
Oliver warf einen Blick auf den Brief und starrte gleich wieder auf den Boden. »Ich kann es nicht erklären.«
»Erkennst du die Handschrift?«
»Ich glaube, es ist die meines Vaters. Aber ich habe keine Ahnung, was das heißen soll.«
»Das reicht mir nicht«, sagte Liam. »Als dein Alter den Safe ausgeräumt hat, wieso hat er da diesen Ordner mit Dokumenten dringelassen?«
»Das meiste davon ist wertlos«, antwortete Oliver. »Ich nehme an, er hat es nicht für nötig befunden, es wegzuschaffen. «
»Und warum hat er das Zeug dann nicht weggeworfen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Er hat die Box absichtlich dort gelassen, nicht wahr? Damit wir sie finden.«
Schweigen. Liam schlug dem jungen Mann leicht mit der Pistole an den Kopf. »Stimmt‘s?«
»Ich denke schon.«
Jetzt, nachdem er Oliver zum Reden gebracht hatte, hielt Liam das Blatt wie zufällig so, dass auch Valentin es lesen konnte. Er hörte, wie die anderen Gefangenen erschrocken den Atem anhielten, als auch ihnen die Bedeutung der Botschaft dämmerte.
»Du hast gewusst, dass der Brief hier war«, sagte Liam.
»Ich … Ich habe den Umschlag gesehen«, gestand Oliver mit schwacher Stimme. »Ich habe es nicht verstanden, bis … bis das alles hier passiert ist.«
»Ganz sicher?« Liams Finger krümmte sich um den Abzug. Oliver musste die Anspannung spüren, Liams unbändigen Wunsch, einfach abzudrücken, doch es schien ihn kalt zu lassen. Sein Gesicht nahm einen verträumten Ausdruck an, während er etwas flüsterte, was Liam nicht verstand.
»Was?«
»Tun Sie es«, sagte Oliver. »Ich will, dass Sie es tun.«
Joe erriet die Unruhe aus Liams Bewegungen und seiner Stimme. Der Mann stand kurz vor der Panik. Wenn Joe die Situation jetzt falsch einschätzte, riskierte er, dass Liam durchdrehte. Aber er konnte auch nicht einfach zulassen, dass Oliver das gleiche Schicksal erlitt wie Travers.
»Sie müssen sich das ganz genau überlegen«, sagte Joe.
»Misch dich nicht ein«, entgegnete Liam, »sonst bist du der Nächste.«
Doch sein Abzugsfinger entspannte sich ganz leicht. Der Lauf der Pistole bewegte sich ein paar Zentimeter von Olivers Kopf weg.
Schachmatt.
Joe hatte gesehen, was auf dem Blatt stand, wie auch seine Mitgefangenen. Er vermutete, dass Liam es absichtlich so gehalten hatte, dass Valentin es lesen konnte. Der Ukrainer hatte keine Reaktion gezeigt, auch nicht, als durch Liams Fragen herausgekommen war, dass Feltons Safe leer war.
Sie haben es Valentin schon vorher gesagt , dachte Joe. Deshalb wurde er aus der Garage geholt – um ihn auf dem Laufenden zu halten .
»Man hat euch benutzt«, sagte er, doch seine Worte gingen unter, als Turner auf sie zustürmte.
»Gough meldet sich nicht«, sagte er zu Liam. »Und ich weiß, dass er am Leben war, nachdem wir Joe geschnappt haben, denn da habe ich noch mit ihm gesprochen.«
»Versuch‘s noch mal. Vielleicht hat er dich nicht
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