Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
ich Valentin mal erzählen, dass du bist scharf auf sie.«
Joe ging nicht auf die Provokation ein. Die Feindschaft zwischen ihm und Juri hatte von Anfang an auf Gegenseitigkeit beruht, und sie hätte Joe vielleicht davon abgehalten, den Job anzunehmen, wenn Juri nicht so selten auf der Insel gewesen wäre. Er war Valentins persönlicher Leibwächter, und Nasenko verbrachte jeden Monat mindestens zwei Wochen damit, sich um seine diversen Geschäfte in aller Welt zu kümmern. Den Rest der Zeit teilte er zwischen der Insel und seiner Wohnung in Belgravia auf.
Juri war Mitte vierzig, ein kleiner, stämmiger Mann mit dichtem schwarzem Haar und dunklen Augen. Seine Züge waren grob und wenig anziehend, seine Haut hatte das Aussehen und die Beschaffenheit von altem Teig. Eine Seite seines Halses war von Narben entstellt, die von einer Attacke mit Batteriesäure stammten. Es ging die Legende, dass er die Verätzungen ignoriert hatte, bis er seine Angreifer entwaffnet und beide mit bloßen Händen getötet hatte.
Der Ukrainer schwieg, während er drei Löffel Zucker in seinen Kaffee gab. Schließlich nahm er seine Zigarre von der Untertasse, die ihm als Aschenbecher diente. Er nahm einen Zug und deutete dann mit der Zigarre auf Joe.
»Zieh dich um und mach dich fertig. In halbe Stunde fährst du Cassie nach Brighton.«
»Ich dachte, wir fahren um sechs?«
»Nicht mehr. Ihr müsst noch etwas bei Merrion abholen. «
Joe sah auf seine Uhr. »Das wird aber knapp. Wann machen die zu?«
»Mach dir nicht Kopf deswegen. Tu es einfach. Und sag
ihr nichts davon.« Juri bleckte die Zähne, aber ein Lächeln konnte das unmöglich sein. »Valentin hat Überraschung vorbereitet.«
»Okay. Was ist der wahre Grund dafür, dass wir früher aufbrechen?«
Juri funkelte ihn an. »Sein Gast wird bald hier sein. Er wünscht keine Ablenkungen.«
»Muss ein wichtiges Treffen sein.« Als Juri keine Anstalten machte, etwas zu erwidern, deutete Joe auf die Jacht, die weithin sichtbar in der Bucht vor Anker lag. »Hat das da irgendetwas damit zu tun?«
»Das geht dich nichts an.«
Joe hielt seine Stimme ruhig. »Wenn Valentin die Pläne ändern will, erwarte ich, dass er es mir persönlich sagt. Woher soll ich wissen, dass du mich nicht auf irgendeinen albernen Botengang schickst?«
»Er hat zu tun. Er hat mir gesagt, und jetzt sage ich dir. Und für Valentin bist du hier, um Besorgungen zu machen, brav deine Arbeit zu erledigen und ansonsten dein verdammtes Maul zu halten.«
Joe ballte die Fäuste. Ein Funkeln in Juris Augen verriet, dass er nicht übel Lust auf eine Schlägerei hatte, aber dennoch schien er nicht übermäßig enttäuscht, als Joe sich bewusst entspannte.
»Wir werden uns morgen darüber unterhalten müssen«, sagte Joe ruhig. »Und ein paar Dinge klären.«
Juri warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Morgen? Sehr gut. Sieh nur, wie ich vor Angst zittere!« Er wies zur Tür. »Geh jetzt. Geh, bevor ich werde richtig wütend.«
Widerstrebend wandte Joe sich ab. Er wusste, dass er sich von Juri nicht hätte provozieren lassen dürfen, und er sollte auch nicht immer wieder versuchen, Cassies Konflikte für sie auszufechten. Wenn Valentin beschloss, sie
über seine Pläne im Dunkeln zu lassen, dann lag es in ihrer Verantwortung, sich ihm entweder offen entgegenzustellen oder sich damit abzufinden.
Als er an Maria vorbeikam, schenkte sie ihm wieder ein leidgeprüftes Lächeln. Er ging den Flur entlang und stieg die Treppe zum Personalbereich hinunter. Die Vorstellung, den Abend außer Haus zu verbringen, war gerade ein ganzes Stück verlockender geworden.
8
Aus den Grundrissen wusste Liam, dass es einen Zugang vom Haus zur Garage gab. Die Küche, die er jetzt eilig durchquerte, war wahrscheinlich größer als so manche Mietwohnung, in der er gewohnt hatte. Von dort gelangte er in den angrenzenden Hauswirtschaftsraum, wo er die Tür zur Garage verschlossen fand. Er sah sich nach einem Schlüssel um, konnte aber keinen finden.
Er wollte schon die Tür eintreten, als er sich an den Schlüsselbund des Maklers erinnerte. Er zog ihn aus der Tasche und sah, dass eine Reihe Schlüssel an einem eigenen Ring hingen, versehen mit einem Plastikanhänger, auf dem DREAMSCAPE stand. Der zweite, den er ausprobierte, glitt mühelos ins Schloss.
In der Garage war es stickig, die Luft war zum Schneiden. Der Raum war zwar groß genug für vier oder fünf Autos und innen mit Holz ausgekleidet, doch es gab keine Fenster und so gut wie
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