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Owen Meany

Owen Meany

Titel: Owen Meany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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das
Kopfende des Sarges höher zu halten als das Fußende, damit durch die Körperöffnungen
am Kopf keine Flüssigkeit austrat. Als die Leiche aus dem Flugzeug
herabgelassen wurde, salutierte Owen. Als die Kiste sicher auf dem Gabelstapler
lag, sprang Owen auf einen Hubschenkel – so legte er die kurze Entfernung bis
zu dem bereitstehenden Leichenwagen zurück, fuhr über die Landebahn wie die
Galionsfigur am Bug eines Schiffes.
    Ich ging über den Asphalt auf die Familie zu, die sich nicht vom
Fleck gerührt hatte – nur ihre Blicke folgten Owen Meany und der Leiche in der
Kiste. Ihre Wut schien sie zu lähmen; der Major hingegen trat rasch auf Owen zu
und begrüßte ihn; der Chauffeur öffnete die Hecktür des langen, silbergrauen
Leichenwagens; und der Bestatter verwandelte sich in einen salbungsvollen
Abgesandten des Todes –, aber es war ja sein Geschäft, sich in diese intimen
Dinge einzumischen.
    Owen sprang behende vom Hubschenkel des Gabelstaplers; er ließ
seinen Seesack auf den Asphalt fallen und brach die dreieckige Schachtel auf.
Mit Hilfe des Majors faltete er die Flagge auseinander – was nicht ganz einfach
war bei dem starken Wind. Plötzlich gingen am Rollfeld zusätzliche Scheinwerfer
an, und die Fahne öffnete sich und flatterte strahlend vor dem dunklen Himmel;
nach reichlich unbeholfenen Bemühungen gelang es Owen und dem Major
schließlich, den Sarg mit der Fahne zu bedecken. Als der Sarg dann im
Leichenwagen untergebracht war, lag die Flagge ruhig auf ihm, und die Familie
trat – wie ein großes, staksiges Tier – auf den Leichenwagen und Owen Meany zu.
    In diesem Augenblick sah ich, daß der übermäßig große Junge keinen Arbeiteroverall anhatte – er trug einen Tarnanzug –,
und was ich für Schmierfett- oder Ölflecke gehalten hatte, waren in
Wirklichkeit die Tarnflecken. Der Anzug wirkte authentisch, aber der Junge war
ganz offensichtlich noch zu jung, um bereits zu »dienen«, und was er da
anhatte, war wohl kaum eine richtige [812]  Uniform – seine großen Füße steckten in abgenutzten, schmutzigen Basketballstiefeln;
und sein verfilztes, schulterlanges Haar entsprach sicher nicht den
Armeevorschriften. Er trug auch keinen Zimmermannsgürtel; es war eine Art
Patronengürtel, dem Anschein nach mit scharfer Munition gefüllt – zumindest
waren einige der Patronentaschen an dem Gurt mit Munition vollgestopft und an
verschiedenen Schlaufen, Haken und Riemen hingen seltsame Sachen… das waren
weder die Werkzeuge eines Kfz-Mechanikers noch die eines Elektromonteurs. Der
hochaufgeschossene Junge schleppte eine authentisch wirkende Armeeausrüstung mit sich herum: einen Klappspaten, eine Machete, ein
Bajonett – obwohl mir die Scheide des Bajonetts nicht wie Armeematerial vorkam;
sie strahlte in einem fluoreszierenden Grün, und in einem fluoreszierenden
Orange war der traditionelle Totenkopf eingeprägt.
    Das schwangere Mädchen, das ich für die Schwester des Monsterriesen
hielt, konnte nicht älter als sechzehn oder siebzehn sein; sie begann zu
schluchzen – dann ballte sie eine Hand zur Faust und biß sich in den großen
Knöchel am Ansatz ihres Zeigefingers, um das Schluchzen zu unterdrücken.
    »Verdammte Scheiße!« rief die Mutter aus. Der Mann mit den langsamen
Bewegungen, dem Anschein nach ihr Gatte, verschränkte seine fleischigen Arme
vor der Brust und öffnete sie wieder, und das Gespenst im Tarnanzug legte – auf
den Ausruf der Mutter hin – ganz spontan den Kopf zurück und spuckte ein
zweites Mal aus – wieder ein enormes, schlammfarbenes Flugobjekt.
    »Hör bitte auf damit!« bat das schwangere Mädchen.
    »Leck mich!« entgegnete er.
    Der Mann mit den langsamen Bewegungen war nicht so langsam, wie ich
gedacht hatte. Seine Rechte zuckte nach vorn – es war eine solide Gerade, die
den Jungen voll an der Wange erwischte, so daß er wie ein Seesack auf den
Asphalt fiel.
    [813]  »Red gefälligst anständig mit
deiner Schwester!« sagte der Mann.
    Ohne sich zu rühren entgegnete der Junge: »Leck mich – sie ist gar
nicht meine Schwester, sie ist nur meine Halb schwester!«
    Da mischte sich die Mutter ein: »Red anständig mit deinem Vater!«
    »Er ist ja gar nicht mein Vater – du Arschloch!« gab der Junge
zurück.
    »Sag du noch einmal ›Arschloch‹ zu deiner Mutter!« drohte der Mann;
doch als er auf den Jungen zutrat – als wolle er ihm gleich einen Tritt
versetzen –, kam der unsicher auf die Beine. In einer Hand hielt er die
Machete, in der

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