P. S. Ich töte dich
schon vor zwei Jahren verpfändet, aber die Kopie war noch da.«
Er reichte Bosch das Blatt. Es handelte sich um die Fotokopie eines Pfandscheins. Hier standen Name, Adresse und Telefonnummer des Kunden. Der Mann, der Quentin McKinzies Saxophon verpfändet hatte, hieß Donald Teed. Er lebte im Valley. Nikolai Servan hatte ihm 200 Dollar für das Instrument gegeben.
Bosch setzte sich und sah, dass Teeds Telefonnummer am Arbeitsplatz mit der Vorwahl 323 ein Hollywood-Anschluss war. Das konnte erklären, warum jemand, der im Valley lebte, einen Pfandleiher in Hollywood aufgesucht hatte. Er griff zum Telefon und wählte die Nummer von Teed. Eine Frauenstimme antwortete: »Splendid Age.«
»Wie bitte?«, sagte Bosch.
»Splendid Age, Seniorenresidenz. Was kann ich für Sie tun?«
»Hallo. Wohnt Donald Teed bei Ihnen?«
»Ob er bei uns wohnt? Nein. Wir haben hier einen Mitarbeiter namens Donald Teed. Meinen Sie den?«
»Ich glaube schon. Kann ich ihn sprechen?«
»Ja, ich weiß aber nicht genau, wo er sich gerade aufhält. Er ist unser Wachmann und immer in Bewegung. Wer sind Sie bitte? Wollen Sie etwas verkaufen?«
Langsam wurde Bosch klar, wie alles zusammenhing. Er setzte alles auf eine Karte.
»Ich bin ein Freund von ihm. Können Sie mir vielleicht noch sagen, ob Sie noch einen anderen meiner Freunde bei sich haben? Er heißt Quentin McKinzie.«
»Ja. Mr. McKinzie wohnt hier bei uns. Worum geht es eigentlich?«
»Ich rufe später noch einmal an.«
Bosch legte auf, und sein Blick fiel auf das Saxophon.
◊
Nikolai Servan öffnete in dem Augenblick die Augen, als Bosch zur Tür hereinkam. Bosch legte das Blatt Papier, das er in der Hand hielt, auf den Tisch und nahm Servan gegenüber Platz. Er verschränkte wie Servan die Arme und legte die Ellbogen auf den Tisch.
»Wir sind da auf etwas gestoßen, Mr. Servan.«
»Gestoßen?«
»Ein Problem. Oder mehrere, um die Wahrheit zu sagen. Ich würde Ihnen gerne die Gelegenheit geben, mir dieses Mal die Wahrheit zu sagen.«
»Ich verstehe nicht. Ich gesagt Wahrheit, ich Ihnen gesagt Wahrheit.«
»Ich glaube, sie haben mir etwas verschwiegen, Mr. Servan.«
Servan faltete die Hände auf dem Tisch und schüttelte den Kopf. »Nein, ich alles gesagt.«
»Ich werde Sie jetzt über Ihre Rechte belehren, Mr. Servan. Hören Sie genau zu, was ich Ihnen jetzt vorlese.«
Bosch las Servan von einem Papier auf dem Tisch seine Rechte vor. Dann drehte er es herum und bat den Pfandleiher, zu unterschreiben. Er reichte ihm einen Stift. Servan zögerte und schien das Blatt ein weiteres Mal ganz durchzulesen. Dann griff er zu dem Stift und unterschrieb. Bosch stellte die erste Frage, als Servan den Stift weglegte.
»Was haben Sie mit den Dietrichen des Einbrechers gemacht, Mr. Servan?«
Einen langen Augenblick presste Servan die Lippen zusammen, dann schüttelte er den Kopf.
»Ich verstehe nicht.«
»Kommen Sie schon, Mr. Servan. Wo sind die Dietriche?«
Servan starrte ihn einfach nur an.
»Okay«, sagte Bosch. »Wir versuchen es mit folgender Frage. Sagen Sie mir, wie Sie die Glastheke verkabelt haben.«
Servan neigte den Kopf nach vorne.
»Jetzt ich brauche Anwalt«, sagte er. »Bitte, ich jetzt brauche Anwalt.«
◊
Bosch parkte vor der Splendid-Age-Seniorenresidenz und stieg aus, das Saxophon und den Ständer in der Hand. Aus einem offenen Fenster drang weihnachtliche Musik. Elvis Presley sang »Blue Christmas«.
Er dachte an Nikolai Servan, der Heiligabend und den ersten Weihnachtsfeiertag im Parker-Center-Gefängnis verbringen würde. Wahrscheinlich war es das einzige Gefängnis, das er je zu Gesicht bekommen würde.
Der Staatsanwalt würde erst nach den Feiertagen darüber entscheiden, ob er ihn anklagen oder laufenlassen würde. Bosch wusste, dass eher mit Letzterem zu rechnen war. Anklage gegen den Pfandleiher zu erheben würde nicht leicht werden. Servan hatte sich einen Anwalt genommen und schwieg nur noch. Am Nachmittag hatten sie seine Wohnung, sein Auto, das Leihhaus und die Mülltonnen in der Gasse dahinter durchsucht, aber weder die Dietriche noch die Kabel gefunden, mit denen die Vitrine für den tödlichen Stromstoß präpariert worden war. Auch die Todesursache würde sich vor Gericht nicht beweisen lassen. Kelmans Herz hatte aufgehört zu schlagen. Ein elektrischer Schlag hatte ganz offenbar zu Herzkammerflimmern geführt, aber vor Gericht würde der Verteidiger argumentieren, dass die Verbrennungen an den Fingern und am Fuß des Opfers nichts zu
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