P., Thomas
eine Hure zur Freundin
haben. Die Entscheidung war gefallen. Es galt also nur noch, ihren Zuhälter
davon zu überzeugen.
Für mich war die Sache im Grunde ganz simpel: Sie ging
einfach nicht mehr zur Arbeit. Von jetzt auf sofort. Wir wohnten inzwischen
nicht mehr in Aurich — meine Eigentumswohnung hatte ich verkauft —, sondern in
Wittmund, wo ich von unserem Ersparten und mithilfe der Bank ein Haus mit
großem Garten gekauft hatte. Auch um genügend Auslauf für meine mittlerweile
zwölf Hunde zu haben. Und nichts passierte. Aus dem Handy, dass ihr der Lude
gegeben hatte, um sie Tag und Nacht erreichen und kontrollieren zu können, nahm
ich einfach die SIM-Karte und zerschnitt sie in kleine Stücke.
»Der ruft nicht mehr an«, sagte ich und grinste. »So löst
man Probleme.«
Meine Freundin indes hatte noch immer Angst und wollte zu
ihm nach Osnabrück fahren, um die Sache abschließend zu klären.
Aber zunächst einmal fuhr ich zu der Wohnung, in der sie
jahrelang anschaffen musste, und erklärte der anderen Nutte, die wohl auch die
Freundin des Zuhälters war, wie die Sache künftig laufen würde.
»Das ist meine Frau«, sagte ich, »und wenn dein Typ
irgendwelche Ansprüche hat, dann kann er die getrost vergessen.«
Die Nutte rief ihn wohl an, und wir einigten uns schon
kurz darauf, dass meine Freundin im Umkreis von 50 Kilometer rund um Osnabrück
nicht mehr arbeiten durfte. Damit konnte ich leben, ganz im Gegensatz zu dem,
was er zunächst gefordert hatte: Er hatte eigentlich verlangt, dass meine Alte
ganz mit dem Geschäft aufhören müsse. Aber diese Option wollten wir uns
natürlich nicht nehmen lassen. Man konnte schließlich nie wissen...
Im Grunde aber lief damals schon nicht mehr viel zwischen
uns. Das Geld war immer knapp, und ich ging regelmäßig fremd. Ich bekam zu
jener Zeit vielleicht 20 Mark die Stunde und sie ein bisschen Arbeitslosengeld.
Das reichte bei unserem Lebenswandel natürlich hinten und vorne nicht. Und da
schlug sie dann plötzlich vor, dass sie wieder die Schere machen könne. Mir
fiel zunächst die Kinnlade runter, aber ich blieb dennoch cool und sagte
schließlich: »Wenn du Nutte sein willst, dann sei Nutte!«
2.
Ich arbeitete weiter an der Tür und ärgerte mich über
großmäulige Landeier oder besoffene Typen, die meinten, sie müssten uns
Security-Leute behandeln wie den letzten Dreck. So, wie die zwei Kerle, die ich
an die frische Luft befördern musste, weil sie sich in dem Laden, in dem ich
gerade arbeitete, ein wenig danebenbenommen hatten. Der eine machte derart blöd
herum, dass ich ihm noch in dem Schuppen eine übers Maul ziehen musste, während
der andere mich mit Schimpfworten anpöbelte. Zunächst wunderte ich mich ein
wenig, warum die beiden mit einem Mal überhaupt nichts mehr sagten, sondern
geradezu brav, mit weit aufgerissenen Augen, wortlos hinausgingen.
Plötzlich sprach mich ein Kollege an: »Hey, du hast da was
in deiner Jacke stecken!«
Ich blickte an mir hinab, und in der Tat - da ragte etwas
aus meinem Brustkorb heraus. Ich tastete mich mit der Hand unter der Lederjacke
zu der Stelle vor, und als ich sie wieder herauszog, tropfte Blut von meinen
Fingern. Es muss das Adrenalin in meinem Körper gewesen sein, das mich in jenem
Moment keinen Schmerz spüren ließ. Ich war mit einem Mal wie von Sinnen und
wollte mir die Arschlöcher sofort holen. Aber ein Kollege hielt mich zurück.
Ich griff noch einmal an die Stelle, packte diesen merkwürdigen Griff und zog
ein blutiges Messer aus meiner Brust. Es war wie ein Schock. So etwas kannte
ich bislang nur aus Filmen, und da musste ich immer abfällig lachen, weil mir
Szenen wie diese immer lächerlich vorkamen.
Meine Kollegen neben mir waren kreidebleich und stammelten
etwas von Krankenhaus. Aber ich hatte noch immer keine Schmerzen und wollte
einfach weiter meine Arbeit machen. In eine Klinik konnte ich nicht. Da war ich
zuletzt, als ich meinen sterbenden Vater besucht hatte.
Als ich ein paar Stunden später zu Hause war, spürte ich
plötzlich einen wahnsinnigen Druck im Brustkorb. Ich weckte meine Freundin auf,
und die fuhr mich zu unserem Hausarzt, der auf der linken Lungenseite bereits
keine Atemgeräusche mehr hören konnte und mich sofort in ein Krankenhaus einwies.
Kaum hatten wir die Eingangshalle betreten, brach ich zusammen, und dann
erinnere ich mich erst wieder daran, wie ich auf der Intensivstation aufgewacht
bin. Nur zwei Wochen später entließ ich mich auf eigene
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