Paarweise
vertraut einander blind.
Das gute Paar versteht es aber auch, sich von Angst, Stress und Depressionen frei zu machen. Mittels Resilienz (Stressbelastbarkeit) und Kommunikation die Gefahren für die Beziehungskiller Erschöpfung, Überforderung und Burnout aufzulösen. Und es strebt an, die gesamte Partnerschaft beweglicher zu machen: Jeder versucht, für sich und für den anderen flexibler zu werden. Außerdem wird bewusst eine genussvollere Beziehung angestrebt. Nicht der Lebensstandard steht bei der Partnerschaft im Vordergrund, sondern die Lebensqualität.
Vom Opfer zum Gestalter
Im Patriarchat hat sich die Frau als Opfer gesehen, was sie oft auch war. In meiner zweiten Grundschulklasse schrieb ich einen für die damalige Zeit aufsehenerregenden Aufsatz im Deutsch-Unterricht über die Mann-Frau-Beziehung mit dem in Folge oft zitierten Satz: »Meine Mutter hat es nicht gut erwischt, dass sie eine Frau geworden ist, denn sie muss dauernd putzen, waschen, kochen usw.« So war das damals, insbesondere in meiner unschuldigen Kinderwahrnehmung als Siebenjähriger. Knapp ein halbes Jahrhundert später hatten sich die Verhältnisse umgedreht. Jetzt war die Frau die Täterin, der Mann vielfach das Opfer, was wiederum nicht Freiheit bedeutet, sondern eine Verkettung mit umgedrehter Rollenverteilung.
Wenn wir von Lösungen sprechen wollen, ist es entscheidend, Folgendes zu erkennen: Solange es um Macht in der Partnerschaft geht, gehen beide in die Falle und werden abwechselnd zum Opfer, wobei sie fälschlicherweise und fatalerweise im anderen Geschlecht die vermeintliche Ursache sehen, den anderen zum Sündenbock und Täter erklären, ohne jedoch zu erkennen, dass beide damit Opfer sind.
Die Lösung liegt in einer konstruktiven Befreiungsbewegung: Beide Partner sollten zu Gestaltern werden. Denn der Gestalter ist das konstruktive, proaktive Gegenbild des Opfers. Zwei Gestalter können ihre Energien zusammenschalten und eine echte Partnerschaft leben, indem sie ihre Ehe kreativ gestalten. Solange der Einzelne sich als Opfer, als Reagierender sieht, ist er wie eine Marionette den Fäden der Macht von außen ausgeliefert. An den Fäden der Macht ziehen die oktroyierten Bedürfnisse oder die Ängste, der Druck oder Mangel. Nachdem sie über Jahrzehnte erfolgreich internalisiert wurden, braucht es keine Sklaventreiber mehr. Die Ängste und Bedürfnisse wurden verinnerlicht, die Programme automatisiert. Bewertungen und Vergleiche, die Funktionsmechanismen und Reaktionsbereitschaften kennzeichnen den angepassten Erwachsenen, der erst in der Partnerschaft erkennt, dass er mehr ein Reagierender statt Agierender geschweige denn Regierender seines Lebens ist. Die Sozialisation machte aus dem ursprünglich lachenden, kreativen Kind einen düster funktionierenden »Roboter«, der den Bezug zu seinen Gefühlen und Bedürfnissen verloren hat.
Das Gegenteil dieser Rolle als Opfer der Umstände ist – wie gesagt − nicht der Täter, sondern der Gestalter. Erst durch
die Befreiung von anerzogenen Mustern, die Entwicklung von übergestülpten fremden Wicklungen und der anschließenden mutigen Entfaltung der eigenen Authentizität wird der Mensch frei für eine erfüllende Partnerschaftsfähigkeit. Vergleichbar mit dem Leben: Wenn man es vorher einüben könnte, bevor man geboren wird, würden wir von Anfang an professioneller damit umgehen können und weniger leiden, erkranken, verunfallen und Unsinn machen. Aber deshalb geben wir das Leben ja nicht gleich auf, nur weil wir uns einen blauen Flecken geholt haben, die Knie blutig geschlagen, einen Zahn verloren oder das Handgelenk gebrochen haben.
Und so ist es mit der Partnerschaft: Wir gehen sie ein aus Sehnsucht nach Liebe, Zärtlichkeit, Geborgenheit, aus Lust auf Intimität und Sexualität, und erst durch dieses merken wir den Mangel an Partnerschaftsfähigkeit, Empathie, Kommunikationsfähigkeit, Selbsterkenntnis, Menschenkenntnis, Wissen um das andere Geschlecht.
Übrigens macht sich partnerschaftlicher Sex sogar bezahlt: Amerikanische Wissenschaftler ermittelten anhand einer Studie mit 16.000 Teilnehmern, dass diejenigen Paare, die mehr als vier Mal im Monat Sex hatten, durchschnittlich 49.000 Dollar mehr im Jahr verdienten als Paare, die nur einmal im Monat miteinander sexuell aktiv waren (Haladin 2008).
Fallbeispiel: Sie nannten es ihr Beziehungs-Reset
Es war kein Dritter im Spiel. Ja, vor einem Jahr hatte er einmal eine kleine Affäre. Sie hatte ihm verziehen, aber
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