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Pacific Paradise - Boone Daniels 2

Pacific Paradise - Boone Daniels 2

Titel: Pacific Paradise - Boone Daniels 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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was Corey getan hat, sondern warum.
    »Hast du, äh, heute Abend schon was vor?«, fragt er.
    Geschmeidig, denkt er, ganz geschmeidig.
    Blödmann.
    Sie runzelt die Stirn. »Hab ein Treffen mit ein paar Leuten aus dem Büro. Eine Abschiedsfeier für einen der Partner, der in Rente geht. Eine Art freiwilliger Pflichttermin. Tut mir leid.«
    »Kein Ding.« Freiwilliger Pflichttermin?
    »Ein anderes Mal?«
    »Klar.«
    Sie wirft ihm eine Kusshand zu, schließt die Tür und fährt los.
    Boone steigt wieder in den Deuce.
    Wahrscheinlich findet heute Abend wirklich eine Bürofeier statt, denkt er. Oder sie hat Zeit, aber sie will nicht, dassdu denkst, du könntest dich so kurzfristig mit ihr verabreden. Er nimmt sich vor, das Problem mit Dave (der nicht umsonst The Love God genannt wird) zu erörtern, bis ihm einfällt, dass sich Dave schon häufig mit einer Vorlaufzeit von weniger als dreißig Sekunden – genauer gesagt innerhalb von dreißig Sekunden – mit Frauen verabredet hat.
    Die Welt der Anwälte unterscheidet sich grundsätzlich von der Welt der Surfer.
    Andere Wellen, andere Sitten.
    Wobei er beschließt, den Rest des Nachmittags darauf zu verwenden, nach La Jolla hoch zu fahren und sich den als Rockpile bekannten Break anzusehen.

22
    Je nachdem, wem man glauben möchte, kommt der Name »La Jolla« (ausgesprochen »La Choja«) von den Spaniern und bedeutet »Juwel«, oder von den Indianern und bedeutet …
    »Das Loch«.
    Boone favorisiert Letzteres, schon um die Leute zu ärgern, die dort leben, und weil es lustig ist, wenn eine der schönsten, teuersten, exklusivsten und versnobtesten Wohngegenden von ganz Amerika als Loch bezeichnet wird. Und natürlich, weil das Land einst den Native Americans gehörte und die schließlich wissen müssen, wie sie’s genannt haben.
    Wobei das gar nicht abwertend gemeint war, wahrscheinlich bezog sich »Loch« auf die Höhlen in den felsigen Klippen. Damals war die Gegend mit Sicherheit ein Paradies gewesen, als die Ureinwohner noch von der Fischerei lebten, Muscheln sammelten, ein bisschen jagten und Ackerbau betrieben, bis die spanischen Mönche eintrafen und entschieden, dass sie als christliche Sklaven besser dran wären, denn als freie »Wilde«.
    Eigentlich blieb La Jolla ziemlich lange ländlich undunberührt, da es außer jenen Höhlen, den makellosen Stränden und einer wunderschönen Landschaft nicht viel zu bieten hatte. Zum Beispiel gab es keine natürlichen Häfen, nirgendwo konnte eine Fischereiflotte anlegen. Es war einfach nur ein langer, grasbewachsener Küstenstrich mit malerischen Felsformationen und rötlichen Klippen mit Löchern drin, und das blieb so bis zum Grundstücksboom in den achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts, als die Gebrüder Sizer Land für 2,50 Dollar pro Hektar kauften. Keine schlechte Investition, denkt Boone auf der Fahrt von Pacific Beach hierher, weil man für einen Hektar in der Gegend jetzt vier Millionen hinblättern muss − wenn man überhaupt noch Land bekommt.
    Die Zeitungserbin Ellen Browning Scripps beschloss 1890, Künstlerin zu werden, und da ihr La Jolla für die Kunst geeignet schien, gründete sie dort eine Künstlerkolonie. Es entstanden liebevoll gestaltete kleine Strandhäuschen in dem Ortsteil, der heute noch als »The Colony« bekannt ist. In der Prospect Street oder der Girard Avenue finden sich bis heute Galerien neben Fünf-Sterne-Hotels, teuren Boutiquen, Restaurants, Nachtclubs und Bürogebäuden, und das Museum für zeitgenössische Kunst in La Jolla thront an prominenter Stelle auf den Klippen, wobei aber die im heutigen La Jolla am weitesten verbreitete Kunst die des Geschäftemachens ist.
    Boone gefällt die etymologische Herleitung von »Loch« auch deshalb, weil er unterwegs an dem berüchtigten La Jolla Sinkhole vorbeikommt.
    Vor nicht ganz einem Jahr versank ein Gelände von der Größe eines Football-Feldes einfach in der Erde und nahm achtzehn Häuser im Wert von jeweils zwei Millionen mit. Die Bewohner wurden am Vortag gewarnt und Ingenieure empfahlen ihnen, die Nacht nicht in ihren Häusern zu verbringen, was die meisten aber trotzdem taten. Ernsthaft verletzt wurde niemand, aber einige mussten gerettet werden.
    Die Zeitungen schrieben, es habe einen Erdrutsch gegeben, Fernsehreporter sprachen von einer »Senke«, Geologen bezeichneten den Vorgang als »Abbruch«, und der von der Stadt beauftragte Chefingenieur steuerte Boones Lieblingskommentar bei, indem er erklärte, es handle sich um ein

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