Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
schaffen.
Es klopft an der Tür.
Sie öffnet und sieht Boone.
114
Dave the Love God schiebt das Zodiac in die Batiquitos Lagoon. Das ist der helle Wahnsinn, denkt er, und damit hat er vollkommen recht. Sturmwarnungen wurden ausgegeben, die Küstenwache hat ein Verkehrsverbot für kleine Wasserfahrzeuge erlassen, und falls überhaupt etwas in die Kategorie der kleinen Wasserfahrzeuge fällt, dann ein verfluchtes Motorschlauchboot.
Er steuert das Zodiac aus der Lagune heraus und versucht,aufs offene Meer zu kommen. Das ist so gut wie ausgeschlossen bei dem starken Wellengang. Aber Red Eddie hat recht: Dave kennt die Gewässer. Er kennt die Wellen, die Strömung, die ruhigen Stellen. Wenn er auf einem Board rauspaddeln kann, dann bestimmt auch in einem Boot.
Und das tut er.
Er passt den richtigen Moment ab, fährt zwischen zwei Wellen hindurch, schafft es auf die andere Seite und lenkt das Zodiac nach Süden. Er beschließt, sich möglichst dicht an der Küste zu halten, bis er weit genug nach Süden vorgedrungen ist, um sich der offenen See zuzuwenden, in Richtung der Koordinaten, die ihm Eddie gegeben hat. Dort, wo er auf das Boot stoßen soll, das mit der Ware von Mexiko heraufkommt.
115
»Hab gerade an dich gedacht«, sagt Sunny.
»Was Schlechtes?« »Nein.«
Sunny lässt Boone eintreten, und er setzt sich aufs Sofa. Sie bietet ihm eine Tasse Tee an, aber er möchte nichts. Das heißt, trinken möchte er nichts, aber offenbar will er etwas sagen, kommt aber nicht raus damit.
Sie hilft ihm. »Was ist mit uns passiert, Boone?«
»Ich weiß nicht.«
»Wir waren mal ein tolles Paar«, sagt sie.
»Vielleicht ist es die große Wellenfront«, sagt Boone. »Da scheint noch was anderes mit hochzukommen.«
Sie setzt sich neben ihn. »Das Gefühl habe ich auch. Das ist, als würde eine Riesenwelle über einen hereinbrechen und alles Mögliche mit herausspülen. Danach ist nichts mehr, wie es war. Nicht unbedingt besser oder schlechter, aber anders.«
»Und man kann nichts daran ändern«, sagt Boone.
Sunny nickt. »Das andere Mädchen …«
»Petra.«
»Okay. Du und sie, seid ihr …«
»Nein«, sagt Boone. »Ich meine, ich glaube nicht.«
»Du glaubst nicht?«
»Ich weiß es nicht, Sunny«, sagt Boone. »Ich weiß nicht, was das ist. Das, was ich mal wusste, weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur, dass sich etwas verändert, und das gefällt mir nicht.«
»Buddha hat gesagt, Veränderung ist die einzige Konstante«, sagt Sunny.
»Schön für ihn«, sagt Boone. Alter Sack mit Bierbauch und versteinertem Lächeln, denkt Boone, steckt seine Nase in Sunnys und meine Angelegenheiten. Veränderung ist die einzige Konstante – New-Age-Gequatsche, Retrohippiemist, Birkenstockscheiße. Nur, dass es irgendwie stimmt. Wenn man sich zum Beispiel den Ozean ansieht; der verändert sich ständig. Er ist ständig ein anderer Ozean, aber es ist immer der Ozean. Wie Sunny und ich – unsere Beziehung ändert sich zwar, aber wir werden einander immer lieben.
»Du siehst müde aus«, sagt Sunny.
»Ich bin fix und fertig.«
»Hast du Zeit, ein bisschen zu schlafen?«, fragt sie.
»Noch nicht«, sagt er. »Was ist mit dir? Du musst ausgeruht sein – vor dem großen Tag.«
»Ich war in den Chatrooms«, sagt sie. »Die ganz Großen werden da sein. Viele mit Crews, die sie reinziehen. Ich lass es trotzdem drauf ankommen, aber …«
»Du zeigst es ihnen«, sagt er. »Du machst sie alle.«
»Das hoffe ich.«
»Ich weiß es.«
Gott, deshalb liebt sie ihn. Egal, was Boone ist oder nicht ist, er ist ein Freund, er hat immer an sie geglaubt, und das bedeutet ihr alles auf der Welt. Sie steht auf und sagt: »Ich sollte ins Bett gehen.«
»Ja.« Er steht auch auf.
Einige schmerzliche Momente lang stehen sie schweigend nebeneinander; dann sagt sie: »Du bist eingeladen.«
Er schlingt die Arme um sie. Morgen, wenn sie ihre große Welle geritten hat, wird alles anders werden. Sie wird anders sein; sie beide werden anders sein.
»Ich muss noch etwas erledigen«, sagt Boone. »Heute Abend.«
»Okay.« Eine Sekunde lang drückt sie ihn fest und spürt die Pistole. »Hey Boone, darüber werden oft schlechte Witze gemacht, aber …«
»Schon gut.«
Sie drückt ihn eine Sekunde lang noch fester und lässt los. Buddha sagt, nicht loslassen zu können ist der Grund allen Leids. »Geh lieber, bevor wir es uns anders überlegen.«
»Ich liebe dich, Sunny.«
»Ich liebe dich auch, Boone.«
Und das ist eine Konstante, die sich
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