Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
erzählte, sie habe gesehen, wie Dan das Feuer gelegt habe, und könne bezeugen, dass er dort gewesen sei. Später würde sie Teddy gegenüber einräumen, dass das ein Fehler war. Sie hatte Dan Silver eins auswischen und dafür sorgenwollen, dass der Brand genauer unter die Lupe genommen wurde. Vielleicht würde etwas gefunden werden, wodurch herauskäme, was dort wirklich vor sich ging.
Aber sie tat noch etwas anderes.
Sie suchte Luce.
Tammy fuhr zu den Erdbeerfeldern, los campos fresas, und suchte das Mädchen. Bei ihren ersten Ausflügen dorthin sah sie nur die Arbeiter auf den Feldern, eines Tages aber fuhr sie direkt nach ihrer Schicht dorthin, gleich nachdem sie aus dem neuen Stripclub kam, in dem sie jetzt arbeitete, und traf kurz vor Beginn der Morgendämmerung ein.
Sie sah eine Gruppe Männer von den Feldern zum Flussufer gehen, wo das hoch gewachsene Schilf sie vor Blicken schützte. Sie fuhr die Straße herunter auf die andere Seite, stellte ihren Wagen ab und ging ein bisschen näher heran.
Tammy wartete, bis alle Feldarbeiter weg waren, und ging dann selbst hinein. Ein Mexikaner mit einem Gewehr wollte sie aufhalten, aber Tammy ignorierte ihn und er ließ sie durch. Sie fand Luce auf einem »Bett« aus niedergetrampeltem Schilf. Tammy nahm ein paar feuchte Tücher aus ihrer Handtasche und half dem Mädchen, sich zu säubern.
In gebrochenem Spanisch und Englisch unterhielt sie sich mit dem Mädchen, aber hauptsächlich hielt sie das Mädchen einfach nur fest und streichelte ihr Haar. Der Mann mit dem Gewehr sagte, sie müsse gehen, die Zuhälter würden sehr bald kommen und die Mädchen wieder dorthin bringen, wo sie wohnten.
»Wo wohnen sie?«, fragte Tammy.
»Überall. Die Männer bringen sie ständig woanders hin«, sagte er. Sie erfuhr, das sie tagsüber zu anderen Feldern gebracht wurden oder in versteckte »Fabriken«, manchmal auch nachts in die Camps der Arbeiter. Aber jeden Tag bei Sonnenaufgang kamen sie zu den Erdbeerfeldern. Die einheimischen Pädophilen hatten einen hübschen Namen für die Mädchen: Dawn Patrol.
Der Mann mit dem Gewehr drängte Tammy dazu, endlich zu gehen.
»Sag ihr, dass ich wiederkomme«, sagte Tammy. »Wie heißt sie?«
Der Mann, Pablo, fragte das Mädchen nach ihrem Namen.
»Luce.«
»Luce, ich bin Tammy. Ich komme dich wieder besuchen, okay?«
Tammy kam wieder, drei oder vier Mal pro Woche. Pablo führte sie immer herein, und selbst die Zuhälter, die die Mädchen im Transporter herbrachten, tolerierten sie, als sie merkten, dass sie nicht die Polizei rufen würde. Sie brachte Luce und den anderen Mädchen Essen, Kleidung, Arznei gegen Erkältungen und Bücher. Sie brachte ihnen Kondome. Sie brachte ihnen die Liebe und die Zuneigung einer Frau.
Doch das war nicht genug.
Tammy vertraute sich Angela an. Erzählte ihr von Luce und den Erdbeerfeldern.
»Sie brauchen ärztliche Betreuung«, sagte Tammy. »Sie brauchen einen Arzt.«
Angela nahm sie mit zu Teddy. Er hatte Angelas Titten gemacht – sie hatte es ihm besorgt, er hatte ihr Rabatt gegeben.
Teddy wollte ihr zunächst nicht glauben, er hielt sie für irre. Sie tat ihm leid, er dachte, sie sei als Kind missbraucht worden, und die traumatischen Erfahrungen äußerten sich nun in Form von Wahnvorstellungen. Er wollte ihr einen guten Psychiater empfehlen, aber Tammy forderte ihn auf, es sich selbst anzusehen.
Also fuhr Teddy eines Tages mit ihr dorthin. Er wollte die Polizei rufen. Aber Tammy flehte ihn an, es nicht zu tun, und erklärte ihm auch, warum. Was sie brauchte, was die Mädchen brauchten, war ein Arzt.
»Ich hatte gehofft, dass du der Arzt sein könntest«, sagte sie.
Er konnte.
Er fuhr immer wieder hin. Am Anfang zögerte Pablo, und die Fahrer des Transporters wollten nichts davon wissen. Aber Teddy überwand ihre Bedenken mit dicken Geldbündeln und dem Versprechen, Stillschweigen zu bewahren. Und die Männer waren keine vollkommenen Unmenschen.
Sie waren durchaus zu so etwas wie Mitgefühl fähig, und Teddy überzeugte sie, dass es in ihrem Interesse lag, die Mädchen auf Geschlechtskrankheiten untersuchen zu lassen, da es dem Geschäft diente.
»Die Mädchen werden mehrfach täglich vergewaltigt und zwar sechs Tage die Woche«, erklärt Teddy Boone jetzt. »Sonntags haben sie frei. Die Männer zahlen fünf bis zehn Dollar für den Sex. Das klingt nicht, als käme dadurch viel Geld zusammen, aber multiplizieren Sie das mal mit den verschiedenen Standorten, die pro Tag in ganz
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