Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
klobiger und die Farbe des Wassers ist dunkelgrau.
»Wie ist sie gestorben?«, fragt Dave.
»Vielleicht war’s Selbstmord.«
Dave schüttelt den Kopf. »Nicht Angela. Die war eine Naturgewalt.«
»Hat sie mal im Silver Dan’s gearbeitet?«
»Haben sie das nicht alle?«
»War sie mit einem Mädchen namens Tammy befreundet?«
»Eng sogar«, sagt Dave. »Was hat die damit zu tun?«
»Weiß ich noch nicht.«
Dave nickt.
Er und Boone sitzen da und gucken zusammen aufs Wasser. Boone will nichts überstürzen. Er weiß, dass sein Freund daran arbeitet. Und der Ozean ist niemals langweilig – er bleibt immer derselbe und ist jedes Mal anders.
Dann sagt Dave: »Angela war zuckersüß. Wenn ich dir helfen kann, herauszufinden, wer sie umgebracht hat, lass es mich wissen.«
»Keine Sorge, mach ich.«
Dave hängt wieder am Fernglas, verfolgt die Flachland-Barbies auf ihrem Weg zurück ins Hotelzimmer.
Boone weiß, dass er hinsieht, aber eigentlich gar nichts sieht …
22
Boone kommt nicht weit.
Er befindet sich auf dem Uferweg, auf dem Weg zurück zum Wagen, als er auf einem Motorrad mit Reifen so dick wie Miss Kansas wen entdeckt?
Red Eddie.
Red Eddie ist ein hawaiianisch-japanisch-chinesisch-portugiesischer Anglo-Kalifornier mit verkehrszylinderrotem Haar und Harvard-Abschluss. Ja, ja, ja – Verkehrszylinder sind nicht rot, sondern orange, und Eddie heißt auch nicht Eddie, sondern Julius. Aber es gibt auf der Welt keine einzige Menschenseele, die die Eier hätte, den Knaben »Orange Julius« zu nennen.
Boone nicht, Dave the Love God nicht, Johnny Banzai nicht und noch nicht mal High Tide, denn Red Eddie ist meist von mindestens einem Sechserpack Kingsize-Hawaiianern umstellt, echten Mokes , und Eddie findet nichts dabei, seine Hunde von der Leine zu lassen.
Red Eddie dealt mit Pakololo , Gras.
Sein alter Herr, dem in Oahu, Kauai und auf Hawaii ein paar Dutzend Lebensmittelläden gehörten, schickte Eddie von der Nordküste Oahus nach Harvard und anschließend auf die Wharton Business School, und Eddie kehrte mit einer gesunden Geschäftsidee auf die Insel zurück. Eddie ist es, dem Maui das Wowie zu verdanken hat. Er verschifft das Zeug in rauen Mengen. Es wird vor der Küste wasserdicht in Plastik verpackt über Bord geworfen, und Eddie lässt es sich nachts von irgendwelchen Typen in Zodiacs, kleinen Motorschlauchbooten, reinholen.
»Ich bin Missionar«, sagte Eddie eines Abends im Sundowner zu Boone. »Weißt du noch, wie die Missionare von Amerika nach Hawaii gesegelt sind, um die frohe Botschaft zu verkünden, und die ganze Kultur an den Arsch brachten? Ich revanchiere mich jetzt dafür. Nur, dass meine frohe Botschaft eine wohltätige ist und eure Kultur dringend an den Arsch gebracht gehört.«
Die Wohltätigkeit machte sich für Red Eddie bezahlt, brachte ihm ein Anwesen in La Jolla mit Meeresblick, ein Haus am Strand von Waimea und eine dreißig Meter lange Jacht mit Liegeplatz in San Diego Harbor ein.
Red Eddie ist Produkt der pazifischen Welt, die Verkörperung der derzeitigen Finanz- und Kulturszene der Westküste, eine kalifornisch-asiatisch-polynesische Melange. Wie eine gute Salsa, denkt Boone, mit ein bisschen Mango und Ananas drin.
Boone und Eddie kennen sich seit Urzeiten.
Wie so viele Geschichten in diesem Teil der Welt begann auch ihre im Wasser.
Seinem jugendlichen Ungestüm auf der Highschool hat Eddie ein Kind zu verdanken.
Es lebt nicht bei Eddie – es lebt bei seiner Mutter in Oahu –, aber Keiki Eddie kommt zu Besuch. Bei einem dieser Besuche, als eine große Wellenfront die Küste traf, war er ungefähr drei Jahre alt. Keiki Eddies bescheuerte Nanny hielt es für eine gute Idee, mit ihrem Schützling an der Bucht von La Jolla spazieren zu gehen und sich die großen Wellen anzusehen (als ob er die nicht schon in North Shore gesehen hätte). Eine von den großen Wellen klatschte auf den Anlegesteg und riss Keiki Eddie mit, so dass sich das Kind die echten Kawenzmänner mal so richtig aus der Nähe angucken konnte.
Normalerweise geht so was übel aus. Die beste Nachricht ist meistens noch, dass die Leiche gefunden wurde.
Nennen wir’s Glück, Gott oder Karma – aber Boone Daniels, der schon von seiner DNA her für diese Situation wie geschaffen war, sah sich ebenfalls gerade die großen Wellen an, und nirgends kann man das besser als von La Jolla aus. Er hörte einen Schrei, sah, wie die Nanny aufs Wasser zeigte, und entdeckte Keiki Eddies Kopf in der Brandung.
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