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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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erreichte sie nichts, wenn sie die Linie einfach nur anstarrte. Sie hob einen Arm, wölbte ihre Hand um die Lichtlinie. Hielt inne.
    Goram, das widme ich dir!
    Sie stützte eine Hüfte aufs Bett und beugte sich vor. Berührte mit ihren Lippen die Illvins, küsste ihn leidenschaftlicher. Schloss ihre Hand.
    Funken sprühend erlosch das Licht.
    Er riss die Augen auf, sog den Atem aus ihrem Mund. Ista stützte sich auf eine Hand und blickte in seine Augen, die so dunkel waren, wie sie es aus ihrer ersten Vision in Erinnerung hatte. Seine Hand griff um ihren Kopf, seine Finger fassten nach ihrem Haar.
    »Oh. Dieser Traum ist schon besser.« Seine Stimme war so rauchig wie alter Honig, mit einem leichten Nordprovinz-Akzent, angereichert um eine Spur Roknari – bei weitem klangvoller, als Ista es in ihren Traumvisionen von ihm erlebt hatte. Er erwiderte ihren Kuss, zuerst vorsichtig, dann mit größerer Kühnheit – nicht so, als würde er seinen Sinnen trauen, sondern eher in träumerischen Verzicht auf die Wirklichkeit.
    Ista öffnete die Hand. Die feurige Linie entstand wieder, wirbelte von ihm auf, zog davon. Mit einem gequälten Seufzer verlor er wieder die Besinnung, doch seine Augenlider fielen nicht ganz zu. Der Glanz in dem schmalen Spalt zwischen den Lidern war umso beunruhigender, da er keinerlei Regung aufwies.
    Sanft drückte Ista ihm die Augen zu. Sie war sich ganz und gar nicht sicher, was sie gerade getan hatte, aber das Licht war verschwunden gewesen, soweit sie seinem Verlauf hatte folgen können. Auch am anderen Ende der Linie? Und wenn es so war … war dann ein anderer an der Reihe gewesen, in Ohnmacht zu fallen? Arhys? In Cattis Armen?
    Einst hatte sie in Unwissenheit, Ungeduld und panischer Furcht eine Katastrophe herbeigeführt. Die Nacht, da Arvol dy Lutez in den Kerkern des Zangres gestorben war, war mit Zauberwerk wie diesem übersättigt gewesen. Durchzogen von feurigen Visionen, so wie hier.
    Doch die Ista, die das alles in Bewegung gesetzt hatte, war eine andere gewesen.
    An dem Schrecken, der nun dumpf in ihrem Kopf pochte, konnte sie wenig ändern, konnte ihn nur erdulden. Zumindest im Erdulden habe ich es inzwischen zur Meisterschaft gebracht. Und die Ungeduld konnte sie mittlerweile herunterschlucken wie das bittere Gebräu eines Heilkundigen. Und der Unwissenheit … der konnte sie entgegentreten. Ob wie ein Heer mit fliegenden Bannern oder auf verlorenem Posten, vermochte sie jedoch nicht zu sagen. Und Ista war nicht bereit, sich auf eine weitere nächtliche Unternehmung wie damals einzulassen, ohne vorher genau zu wissen, ob sie ein Wunder oder einen Mord bewirkte.
    Rasch und bedauernd erhob sie sich von Lord Illvins Bettkante. Sie strich die Decke glatt, straffte ihr schwarzes Überkleid und schlüpfte zur Tür hinaus. Auf Zehenspitzen lief sie die Galerie entlang, hob das Gitter vor ihrem Fenster an, schob sich nach drinnen, ließ den Riegel einschnappen und schloss die inneren Fensterläden. Setzte sich auf ihr Bett und beobachtete den Spalt.
    Einen Augenblick später sah sie das ferne rötliche Glühen einer Kerze vorbeihuschen und hörte beschuhte Füße, die rasch die Galerie entlang eilten. Nach einigen Minuten kehrten die Schritte auf demselben Weg zurück – langsamer diesmal, nachdenklich. Verwirrt? Leise huschten die Schritte wieder die Treppe hinunter.
    Für diese undurchschaubare Aufgabe bin ich schlecht gerüstet. Der Bastard war nicht einmal der richtige Gott für sie. Ista hatte keine Zweifel, wer ihre Eltern waren, und sie wusste auch genau, in welche Richtung ihre unbeholfenen, verkümmerten und aussichtslosen Begierden gingen. Obwohl ich gewiss ein Unglück bin. Aber welche besser gerüsteten Boten der Gott auch ausgesandt hatte, anscheinend war sie diejenige, die tatsächlich hier eingetroffen war.
    Also.
    Sie war entschlossen, am nächsten Morgen Lord Illvin aufzusuchen, wenn er wach war, auf die eine oder andere Weise. Was anderen wie Unvernunft erscheinen mochte, konnte für die Ohren einer Verrückten so klar wie das Licht der Götter sein.

 
13
     
     
     
    D
    ie Sonne war kaum über den Horizont gestiegen, als Lady Cattilara auch schon geschäftig ins Zimmer platzte, um Ista zum morgendlichen Gottesdienst abzuholen. Im Anschluss daran war ein Bogenschieß-Wettbewerb für Damen angesetzt, gefolgt von einem Mittagsmahl. Diesmal jedoch hatte Ista ihre Ausreden vorbereitet.
    »Ich fürchte, ich habe mir gestern ein wenig zu viel zugemutet. Letzte Nacht fühlte

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