Paladin der Seelen
… danach erinnere ich mich nicht mehr.« Er ließ sich auf die Kissen zurücksinken. »Warum nicht?«
Istas Hände zitterten. Sie verbarg sie in den Rockfalten. »Woran erinnert Ihr Euch denn als Nächstes, Lord Illvin?«, fragte sie.
»Hier aufzuwachen. Benommen und krank. Und dann wieder hier aufzuwachen. Und wieder. Und wieder. Und wieder. Und … irgendetwas muss mit mir geschehen sein. Wurde ich von hinten niedergeschlagen?«
»Cattilara meint, Pechma hätte dich niedergestochen«, sagte Arhys. Er räusperte sich. »Und Umerue.«
»Aber er war gar nicht dort. Ist er nach uns hereingekommen? Außerdem wurde ich nicht …«, Illvins Hand tastete zu seiner Brust, fuhr unter das weiße Leinen, und kam rot verschmiert wieder hervor, »oh … niedergestochen?«
»Was war dieser Pechma für ein Mensch?«, fragte Ista beharrlich.
»Er war Umerues Sekretär«, sagte Arhys. »Er hatte einen fürchterlichen Geschmack, was Kleidung betraf, und war stets das Opfer der Scherze von Umerues Gefolge. Diese trotteligen, unfähigen Burschen findet man überall. Als Cattilara mir erzählt hatte, er habe Illvin angegriffen, erklärte ich, das sei unmöglich. Sie sagte mir, es solle besser möglich sein, andernfalls hätten wir Krieg mit Fürst Sordso, noch bevor der Leichnam wieder zu Hause eingetroffen ist. Außerdem würde kein Jokoner einen Finger für Pechma rühren. Und damit hatte sie Recht. Und ich solle Geduld haben, sagte sie, Illvin würde sich wieder erholen. Ich hatte schon meine Zweifel, aber wie ich sehe, stimmte auch das!«
Ista wandte ein: »Ihr habt seit mehr als zwei Monaten nichts gegessen, und Ihr habt Euch nie darüber gewundert?«
Illvin blickte von seiner verschmierten Hand auf und sah erschrocken zu Arhys hinüber. Seine Lider wurde schmal.
»Ich esse etwas. Ich kann nur nicht alles bei mir behalten.« Arhys zuckte die Schultern. »Offensichtlich bekomme ich genug.«
»Aber jetzt wird alles wieder gut mit ihm«, erklärte Illvin. »Nicht wahr?«
Ista zögerte. »Nein. Wird es nicht.«
Sie ließ den Blick zu dem schweigenden Zuhörer wandern, der halb zusammengekauert am gegenüberliegenden Ende des Raumes kauerte. »Was habt Ihr von Prinzessin Umerue gehalten, Goram?«
Er machte ein Geräusch tief in der Kehle, das sich wie das Knurren eines Hundes anhörte. »Sie war schlecht … verderbt.«
»Woher wusstest du das?«
Tiefe Furchen gruben sich in sein Gesicht. »Wenn sie mich angeschaut hat, hab ich eine Gänsehaut bekommen. Ich bin ihr aus dem Weg gegangen.«
Ista dachte an seine übel zugerichtete Seele. Das kann ich mir vorstellen.
»Ich würde gern sagen, dass Goram mich wieder zur Besinnung gebracht hat«, merkte Illvin kläglich an. »Aber ich fürchte, es lag nur daran, dass Umerue mir keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt hat.«
Ista musterte Goram kurz. Die Narben an seiner Seele waren nur eine Ablenkung in dieser Rechnung, sagte sie sich. Es waren alte Wunden, alt und düster. Wenn er einst von einem Dämon zerfressen worden war, wie sie allmählich annahm, lag es schon lange zurück. Und daraus folgte …
»Umerue war eine Zauberin«, stellte Ista fest.
Ein grimmiges Lächeln huschte über Illvins Gesicht. »Ich dachte es mir!« Er zögerte. »Woher wisst Ihr das?« Und nach einem weiteren kurzen Zögern: »Wer seid Ihr?«
Ich weiß, wo ihr Dämon ist. Ista beschloss, dies vorläufig nicht zu erwähnen. Sie wünschte sich sehnlichst, dass dy Cabon hier wäre, um mit seiner theologischen Ausbildung dieses Knäuel zu entwirren. Illvin starrte sie in plötzlichem Argwohn an, besorgt, aber nicht ungläubig.
»Man sagt, Ihr seid in Euer Jugend auf einem Priesterseminar ausgebildet worden, Lord Illvin. Ihr könnt nicht alles vergessen haben. Mir wurde von einem gelehrten Geistlichen aus der Kirche des Bastards erklärt, dass ein Dämon auf jemand anderen überspringt, wenn sein früherer Wirt stirbt und die entweichende Seele nicht die Kraft hat, den Dämon mit zurück zu den Göttern zu tragen. Die Zauberin starb, und der Dämon ist in keinem von euch, so viel kann ich versichern. Wer also bleibt übrig?«
Arhys sah krank aus. Für einen lebenden Leichnam hätte das eine Verbesserung sein sollen, nahm Ista an, doch so war es nicht. »Er ist bei Catti«, flüsterte er.
Ista nickte und kam sich absurderweise wie eine Lehrerin vor, die ihren Schüler für eine richtig gelöste Rechenaufgabe lobt. »Ja. Catti hat nun diesen Dämon. Und Ihr Gebot an ihn ist, Euch am Leben zu halten
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