Paladin der Seelen
verfluchte Messer eingedrungen ist – bis zum Griff, wenn ich je eine Schlacht auf Kosten eines anderen überlebt habe. Ich konnte das Drücken und Nachlassen gegen meine Hand fühlen, als die Klinge das Herz durchbohrte. Ich hätte mich beinahe übergeben.«
Oh, bitte, kein Brudermord! Ich will nicht, dass das ein Brudermord war … Trotz der Erschütterung, die sie in im Innern fühlte, verlieh sie ihrer Stimme Festigkeit: »Wie kam es dazu? Erzählt mir alles. Von Anfang an.«
» Sie hat ihn mit auf ihre Gemächer genommen.« An Arhys gewandt fügte er hinzu: »Ich war in Panik, weil Cattilara es mitbekommen hatte, von dieser Dienstbotin, die sich überall einmischt. Sie war entschlossen, hinter dir herzukommen. Zu diesem Zeitpunkt war ich mir bereits sicher, dass sie etwas Widernatürliches an sich hatte …«
»Welche ›sie‹?«, fragte Ista. »Prinzessin Umerue?«
»Ja. Das prächtige goldene Mädchen.« Sein Grinsen kehrte zurück. »Könntest du langsam damit aufhören, Arhys, jedes Mal schwach zu werden, sobald dir eine ehrgeizige Verführerin einen Kuss zuwirft? Du würdest deinen Verwandten das Leben sehr viel leichter machen.«
Fröhliche Fältchen kräuselten sich um Arhys’ Augen und spiegelten Illvins Miene wieder. Er senkte den Kopf und blickte einfältig drein. »Ich schwöre, ich tue nichts, um sie zu ermutigen.«
»Das stimmt, das muss ich zugeben«, sagte Illvin mit einem Seitenblick auf Ista. »Nicht dass es für uns andere ein Trost wäre, wenn wir zusehen müssen, wie die Frauen ohne einen Blick an uns vorübereilen und hinter ihm her laufen. Erinnert mich an einen Küchenjungen, der seine Hühner füttert.«
»Ich kann nichts dafür. Sie werfen sich mir an den Hals.« Er schaute zu Ista und fügte trocken hinzu: »Selbst auf irgendwelchen Treppenaufgängen.«
»Du kannst ausweichen«, schlug Illvin liebenswürdig vor. »Versuch es mal.«
»Mach ich doch. Du hast eine sehr schmeichelhafte Vorstellung von der Kraft meiner reifen Jahre. Glaubst du, Cattilara lässt heutzutage noch irgendein Interesse an weiteren Liebschaften in mir aufkeimen?«
Ista war sich nicht so sicher, wie diese Behauptung zu seinem Verhalten während ihres ersten gemeinsamen Rittes passte. Aber vielleicht war er zu allen geretteten Damen so charmant, und sei es nur, um sie abzulenken, damit sie keine Weinkrämpfe bekamen. Mit Bedauern unterbrach Ista die offensichtlich eingespielten und ebenso offensichtlich erleichterten Neckereien. Es gab keinen Zweifel: Der Gott hatte sie geködert, mit gleichen Teilen Neugier und geheimer Schuld, und so war sie in dieses schmerzliche Labyrinth hineingeführt worden. Aber sie hatte nicht das geringste Bedürfnis, darin zu verweilen. »Warum habt Ihr dann Prinzessin Umerues Gemächer aufgesucht? Falls es so war.«
Arhys zögerte. Die Fröhlichkeit schwand aus seinem Gesicht. Er rieb sich die Stirn, dann das Kinn und die Hände. »Ich weiß nicht recht. Damals schien es mir eine gute Idee zu sein.«
Illvin sagte: »Cattilara ist davon überzeugt, dass die Prinzessin dir einen Liebestrank verabreicht hat und du nicht mehr wusstest, was du tust. Und trotz meiner Ungeduld mit ihren Launen habe ich doch stets gehofft, dass es so gewesen sein mag. Weil die andere Möglichkeit um vieles schlimmer ist.«
»Dass ich mich in Umerue verliebt habe?«
»Nein. Ich habe an etwas anderes gedacht.«
Ista fasste ihn schärfer ins Auge. »Und woran?«
Illvins Gesichtsausdruck wurde ernst und in sich gekehrt. »Nun, auf mich hatte sie dieselbe Wirkung. Zuerst. Dann erblickte sie Arhys, und ich war vergessen. Sie ließ mich fallen wie einen Sack Kleie. Und … mein Verstand kehrte zurück. Ich erinnerte mich endlich wieder daran, wo ich sie schon einmal gesehen hatte, obwohl sie damals eigentlich nicht dieselbe war. Sag, Arhys, erinnerst du dich an meinen kleinen Ausflug nach Jokona vor drei Jahren, als ich mich als Pferdehändler verkleidet hatte? Als ich Goram mit zurückbrachte, und einen Plan von Burg Hamavik?«
»Ja.«
»Ich habe einige Tiere beim Lord von Hamavik gekauft. Und zu viel dafür bezahlt, was ihn glücklich und redselig machte und dafür sorgte, dass er mich für einen Dummkopf hielt. Er lud mich zu einem Abendessen in sein Landhaus an der Küste ein. Allein schon daraus hätte ich schließen können, wie sehr er mich übers Ohr gehauen hatte, hätte ich es bis dahin nicht schon gewusst. Er zeigte mir prahlerisch seine kostbarsten Besitztümer, darunter auch seine Frau.
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