Paladin der Seelen
mal eine Schreibfeder von einer Seite des Blattes zur anderen führen!«
»Da ist kein Kniff dabei!«, sagte er gequält. »Es ist ein Wunder . Man kann Wunder nicht aus Büchern lernen, oder mit Sprüchen herbeirufen.«
Ista biss die Zähne zusammen, zornig und schamerfüllt zugleich. »Ja«, sagte sie leise. »Ich weiß.« Sie lehnte sich zurück. »Also … was geschah mit der Heiligen?«
»Sie wurde ermordet. Von demselben Haufe jokonischer Plünderer, der uns auf der Straße in Tolnoxo überholt hat.«
»Ah«, hauchte Ista. » Diese Geistliche. Ich habe davon gehört. Die uneheliche Halbschwester des Grafen von Rauma, erzählte mir eine der Mitgefangenen.« Vergewaltigt, gefoltert und dann lebendig in den Trümmern des Turmes des Bastards verbrannt. So lohnen die Götter es ihren Dienern.
»Ist sie das?«, sagte dy Cabon interessiert. »Ich meine, war sie …«
Empört warf Liss ein: »Wie lästerlich, eine Heilige zu töten! Lord Arhys meinte, dass von den dreihundert Männern, die aus Jokona aufgebrochen sind, nicht mehr als drei lebend zurückgekehrt sind. Jetzt wissen wir warum!«
»Was für eine Verschwendung.« Der Geistliche schlug die heiligen Zeichen. »Aber wenn das so ist, wurde sie gewiss gerächt.«
»Ich wäre sehr viel mehr beeindruckt von Eurem Gott, dy Cabon«, stieß Ista zwischen den Zähnen hervor, »hätte er im Voraus für den Schutz eines einzigen Lebens sorgen können, anstatt dreihundert Leben im Nachhinein in maßloser Rache zu opfern.« Sie tat einen langen, tiefen Atemzug. »Mein zweites Gesicht ist zurückgekehrt.«
Sein Kopf ruckte herum, und wie gebannt schaute er sie an. »Wie kam es dazu? Und wann?«
Ista schnaubte. »Ihr wart dabei … zumindest beinahe. Ich bezweifle, dass Ihr diesen Traum vergessen habt.«
Sein überhitztes und gerötetes Gesicht wurde noch röter; dann erbleichte er. Was immer er sagen wollte, bekam er nicht heraus. Er setzte erneut an. »Der Traum war wirklich !«
Ista berührte ihre Stirn. »Der Bastard küsste mich hier, auf die Stirn, wie es einst seine Mutter tat, und betraute mich dabei mit dieser unerwünschten Bürde. Ich hatte Euch gesagt, dass Dinge von äußerster Tragweite hier geschehen sind. Das ist noch das Mindeste davon. Habt Ihr in Oby Gerüchte über eine Prinzessin Umerue gehört, die vor zwei oder drei Monaten hier in Porifors von einem ihrer eigenen Höflinge aus Eifersucht ermordet wurde? Und darüber, wie Sir Illvin dy Arbanos niedergestochen wurde?«
»O ja«, sagte Foix. »Das war der größte Tratsch dort, nächst dem Klatsch über Eure Rettung. Lord dy Oby sagte, es hätte ihm sehr Leid getan, von der Sache mit Lord Illvin zu hören, und dass Lord Arhys ihn sehr vermissen muss. Er kannte die Brüder schon lange, meinte er, schon bevor er Lord Arhys’ Schwiegervater wurde. Er sagte, sie steuerten stets gemeinsam durch diese Region von Caribastos, seit mittlerweile zwanzig Jahren, wie die rechte und die linke Hand eines Mannes an ein und demselben Zügel.«
»Nun, Ihr kennt nicht die wahre Geschichte dieses Verbrechens.«
Foix blickte interessiert, wenn auch zweifelnd drein. Dy Cabon schien besorgt.
»Drei Tage lang habe ich mich durch Lügen und Täuschung gekämpft. Umerue mag vielleicht einmal Prinzessin gewesen sein, doch als sie hierher kam, war sie eine Zauberin, vollkommen verzehrt von einem Dämon. Ausgeschickt, so wurde mir gesagt, um Porifors zum Abfall zu bewegen und einer Person auszuliefern, die dem Hof von Jokona angehört oder ihm nahe steht. Welche Auswirkung das auf den bevorstehenden Feldzug gegen Visping gehabt haben mag – besonders, wenn dieser Verrat erst im ungünstigsten Augenblick enthüllt worden wäre –, überlasse ich Eurer militärischen Vorstellungskraft, Foix.«
Foix nickte bedächtig. Offensichtlich hatte er wenig Schwierigkeiten, diesem ersten Teil der Geschichte zu folgen. Was den nächsten betraf …
»In einer geheimen, verworrenen Balgerei wurden sowohl Umerue wie auch Lord Arhys getötet.«
Dy Cabon blinzelte. »Ihr meint doch nicht etwa Lord Illvin, Majestät? Lord Arhys haben wir gerade gesehen.«
»Ganz recht! Der Dämon ging auf Arhys’ Ehefrau über – aus seiner Sicht war das ein Fehler, wie es scheint, denn sie zwang ihn gleich unter ihre Herrschaft und befahl ihm, Arhys’ losgelöste Seele zurück in dessen Körper zu stecken. Dabei raubte sie die Lebenskraft seines jüngeren Bruders Illvin, um den Leichnam in Bewegung zu halten. Irgendeine verdrehte Art des
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