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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Waschwasser hinterdrein. Ista nahm an, dass es in dieser Akademie überhaupt keine geräumigen Gemächer gab, aber ihres war zumindest groß genug für ein Bett, ein Beistellbett sowie einen Tisch mit mehreren Stühlen. Zudem verfügte es über einen Balkon, der einen Ausblick auf die Stadtmauer und auf den Fluss hinter dem Hauptgebäude gewährte. Kurze Zeit später wurde den beiden Frauen eine Mahlzeit gereicht, die auf Servierbrettern gebracht wurden und der Jahreszeit entsprechend mit Blumengebinden in Blau und Weiß geschmückt waren.
    Nach dem Abendessen nahm Ista ihre Zofe sowie Ferda und Foix als Eskorte und bummelte im verblassenden Tageslicht durch die Stadt. Mit ihren blauen Tuniken und den grauen Mänteln, die Schwerter mit Umsicht und nicht prahlerisch getragen, boten die beiden Ritter einen schmucken Anblick. Nicht wenige der Jungfrauen von Casilchas – und auch einige ältere Damen – schauten sich nach ihnen um, wenn sie vorübergingen.
    Der Tempel war in der üblichen Bauweise errichtet, wenn auch in recht bescheidenem Maßstab: Vier Gebäudeflügel mit Kuppeldach, jeweils eins für jedes Mitglied der Heiligen Familie, gruppierten sich um einen offenen Innenhof, in dessen Mitte das Heilige Feuer brannte. Der Turm des Bastards stand ein wenig abseits hinter dem Sitz Seiner Mutter. Die Gebäude waren aus dem einheimischen grauen Gestein gemauert; die Dachgewölbe jedoch bestanden aus reich beschnitztem Holz, und entlang der Balken tollte eine wirre, kleine Schar farbenfroh bemalter Dämonen. Hinzu kamen Heilige sowie Tiere und Pflanzen, die zum jeweiligen Gott passten. Da die Stadt kaum eine andere Möglichkeit zur Zerstreuung bot, nahmen alle am abendlichen Gottesdienst in diesem Tempel teil. Ista war der Götter müde, musste aber zugeben, dass der Gesang ihr Freude bereitete, denn die Akademie des Bastards konnte einen hervorragenden Chor aufbieten. Der fromme Gesamteindruck wurde allerdings ein wenig gestört, da die weiß gewandete Chorleiterin immer wieder zu Ista herüberschaute und herauszufinden versuchte, was diese von der Darbietung hielt. Ista seufzte innerlich und achtete darauf, stets gebührend zu lächeln und zu nicken und die Sorgen der Frau zu zerstreuen.
    Nach den drei Tagen auf der Straße waren Mensch und Tier erschöpft. Morgen würden sie alle hier Rast machen. Ista empfand ein Gefühl der Leichtigkeit – ob es nun von der Sonne herrührte, von der Anstrengung, von ihren fröhlichen jungen Begleitern oder einfach nur vom Abstand zu Valenda, vermochte sie nicht zu sagen. Doch sie war dankbar für diese Empfindung. Sie schmiegte sich unter das Federbett; sie empfand dieses Lager behaglicher als so manches schmuckvolle, aber weniger gemütliche Bett in den königlichen Schlössern. Sie schlief ein, noch ehe Liss auf ihrer Liegestatt zur Ruhe gekommen war.
     
    Ista träumte, und sie wusste, dass es ein Traum war.
    Sie überquerte den gepflasterten Innenhof einer Burg. Es war Mittag, irgendwann im späten Frühling oder frühen Sommer. Ein von steinernen Bögen überwölbter Wandelgang umsäumte den Hof; die zierlichen Säulen waren aus Alabaster und nach Art der Roknari mit einem filigranen Muster aus Weinreben und Blumen geschmückt. Die Sonne brannte heiß und hoch am Himmel, und die Schatten zeichneten sich schwarz und tief zu ihren Füßen ab. Sie stieg – nein, sie schwebte eine der Treppen empor, bis ganz hinauf, bis die Stufen oberhalb des Wandelgangs auf einer hölzernen Galerie endeten, und weiter … Am Ende der Galerie gab es einen Raum: Sanft glitt sie hinein, ohne die Tür zu öffnen. Das mit Schnitzwerk verzierte Holz teilte sich vor ihr wie Wasser, umschmeichelte ihre Haut und floss hinter ihr wieder zusammen.
    Der Raum war kühl und schattig, doch durch die geschlossenen Fensterläden fiel ein Netz von Lichtstrahlen ein und ließ die gedämpften Farben auf den Webteppichen aufglühen. In dem Raum, ein Bett. Auf dem Bett, eine Gestalt. Ista glitt näher heran, wie ein Geist.
    Die Gestalt war ein Mann, schlafend oder tot, auf jeden Fall bleich und reglos. Sein langer, hagerer Leib war mit einem Gewand aus ungefärbtem Leinen verhüllt, das über der Brust zusammengeschlagen war und an der Taille von einem Gürtel aus Leinen gehalten wurde. An der rechten Brust befand sich ein roter, dunkler Blutfleck auf dem Stoff.
    Trotz des drahtigen Körperbaus waren die Gesichtsknochen des Mannes beinahe zerbrechlich: hohe Stirn, schmale Kiefern, spitzes Kinn. Seine Haut war

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