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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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möchte Euch um eine Unterredung unter vier Augen bitten, wenn Ihr erlaubt.«
    Liss hatte Foix bisher über die Schulter gesehen und blickte nun auf. »Soll ich Euch allein lassen, Majestät?«
    »Nein. Wenn eine Herrin eine private Unterredung mit einem Herrn wünscht, der nicht zu ihrer engeren Verwandtschaft zählt, würde ein richtiges Kammerfräulein sich korrekterweise außer Hörweite begeben, doch stets in Sicht– und Rufweite bleiben.«
    »Ah.« Liss nickte verstehend. Ista würde diese Unterweisung niemals wiederholen müssen. Es mochte Liss an Bildung fehlen, doch sie hatte Verstand. Und es war eine Freude, endlich wieder eine solche Begleiterin zu haben – bei den fünf Göttern!
    »Ich könnte ihr etwas vorlesen, hier oder im Nebenzimmer«, bot Foix sich sogleich an.
    »Äh …« Dy Cabon zeigte auf einen Tisch und die dazugehörigen Stühle, die durch einen Torbogen hindurch im Nebenraum zu sehen waren. Ista nickte und ging voran. Foix und Liss machten es sich in der gemütlichen Fensternische bequem.
    Eine weitere Erörterung ihres heiligen Reiseweges, vermutete Ista, gefolgt von ein paar langweiligen Schreiben an dy Ferrej, um ihn von der neuen Route in Kenntnis zu setzen. Dy Cabon rückte Ista den Stuhl zurecht, dann umrundete er den Tisch und nahm selbst Platz. Sie hörte Foix’ Stimme aus dem Nebenraum; sie war zu leise, um einzelne Worte verstehen zu können, doch Ista vernahm den unverkennbaren Rhythmus kraftvoll dahineilender Strophen.
    Der Geistliche bildeten mit den Händen eine kleine Pyramide auf dem Tisch, die Fingerspitzen aneinander gedrückt, starrte einen Augenblick auf die Tischplatte und schaute Ista dann ins Gesicht. Mit ruhiger Stimme fragte er: »Was ist der wirkliche Grund für diese Pilgerfahrt, Majestät?«
    Ista runzelte die Stirn über diesen unverblümten Einstieg ins Gespräch. Sie beschloss, seiner Offenheit ebenso offen zu begegnen; so etwas war selten in Gegenwart einer Königin, und es verdiente Ermutigung. »Es war eine Flucht vor meinen Aufsehern. Und vor mir selbst.«
    »Ihr habt und hattet also niemals die Absicht, für einen Enkel zu beten?«
    Ista verzog das Gesicht. »Alle Götter Chalions zusammen könnten mich nicht dazu bringen, Iselle so sehr zu beleidigen. Oder meine neu geborene Enkeltochter Isara. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich selbst getadelt wurde, weil ich Ias nur eine Tochter geschenkt hatte. Neunzehn Jahre ist das nun her. Dasselbe Mädchen gilt nun als die strahlendste Hoffnung, die das Königreich von Chalion in den letzten vier Generationen gekannt hat!« Ihr heftiger Tonfall hatte dy Cabon sichtlich überrascht, und Ista zügelte sich. »Wenn ich einen Enkel bekomme, zur angemessenen Zeit«, fuhr sie ruhiger fort, »würde es mich sehr glücklich machen. Aber niemals werde ich die Götter um einen Gefallen bitten.«
    Er nahm diese Worte in sich auf und nickte. »Ja. So etwas hatte ich erwartet.«
    »Es mag ein wenig lästerlich sein, eine Pilgerfahrt auf diese Weise zu missbrauchen, und auch die treuen Ritter der Tochter, die der Orden mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Aber ich bin sicher nicht die Erste, die sich auf Kosten der Götter ein paar Feiertage macht. Meine Spende wird die Aufwendungen der Kirche mehr als ausgleichen.«
    »Das geht mich nichts an.« Dy Cabon wischte diese finanziellen Erwägungen mit einer Handbewegung beiseite. »Majestät, ich habe in den Büchern gelesen. Und mit meinen Vorgesetzten gesprochen. Und nachgedacht. Ich habe sogar … nun, das muss Euch nicht bekümmern.« Er atmete tief ein. »Wisst Ihr vielleicht, Majestät … Seid Ihr Euch bewusst … Nun, ich habe Grund zu der Annahme, dass Ihr möglicherweise mit einer außergewöhnlichen spirituellen Begabung gesegnet seid.« Er schaute ihr ins Gesicht und musterte sie durchdringend.
    Grund zu der Annahme? Woher? Was für verzerrte, verstohlene Gerüchte hatte der Mann gehört? Ista lehnte sich zurück, wich seinem Blick aber nicht aus. »Ich fürchte, da irrt Ihr Euch.«
    »Und ich glaube, Ihr unterschätzt Euch, Majestät. Unterschätzt Euch gewaltig. Ich gebe zu, so etwas findet sich selten bei einer Dame Eures Standes, aber ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass Ihr eine überaus ungewöhnliche Frau seid. Ich bin fest davon überzeugt, mit Gebet, Anleitung, Meditation und der rechten Unterweisung könntet Ihr ein Maß an spiritueller Empfindsamkeit erreichen, eine Berufung erfüllen, die … Nun, von der selbst die meisten

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