Paladin der Seelen
Wettkämpfen. Sie erbaten sich von ihrem Befehlshaber die Erlaubnis, ihr Glück zu versuchen. Ferda teilte die Männer sorgfältig ein, sodass zwei von ihnen Ista jederzeit zur Verfügung standen. Doch auch Ferda ließ sich von der Begeisterung anstecken, als er auf die Pferderennen aufmerksam wurde. Da er niemand anderen hatte, den er darum bitten konnte, fragte er Ista um Erlaubnis, und sie unterdrückte ein Lächeln und schickte ihn los, sein Pferd vorzubereiten.
»Mein Botenpferd«, sagte Liss mit sehnsüchtiger Stimme, »dürfte all diese Schindmähren wie Ackergäule aussehen lassen – was sie ohne Zweifel auch sind.«
»Nun, das Rennen für die Damen ist bereits vorüber«, entgegnete Ista. Sie hatte gesehen, wie die Siegerin vorübergeführt worden war, inmitten der jubelnden Angehörigen; Pferd und Mädchen waren mit blauweißen Girlanden geschmückt gewesen.
»Das war ein Rennen für Mädchen « , stellte Liss verächtlich fest. »Einige der erfahreneren Frauen bereiten sich gerade auf das längere Rennen vor – ich hab sie gesehen.«
»Und du bist sicher, dass es nicht Stallmägde, Verwandte oder Besitzer sind?«
»Nein, sie haben sich farbige Bänder an die Ärmel gebunden. Und sie sahen auch aus wie Reiterinnen.«
Genau wie Liss, zweifellos. Sie bemühte sich um einen würdevollen Gesichtsausdruck, wippte dabei aber unruhig auf den Zehenspitzen.
»Also gut«, sagte Ista belustigt. »Wenn zumindest Foix mich nicht alleine lässt …«
Foix lächelte und verbeugte sich ergeben.
»Oh, danke, Herrin, danke!«, rief Liss aufgeregt und war so schnell verschwunden, als wollte sie das Rennen schon zu Fuß anfangen. Zunächst musste sie allerdings zu den Ställen des Gasthauses zurück, wo sie ihre Reittiere untergebracht hatten.
Auf Foix’ Arm gestützt, bummelte Ista über das unbefestigte Gelände, um bei jedem Wettbewerb zugegen zu sein, an dem ihre Leute teilnahmen. Eine ihrer Wachen gewann einen Wettstreit, bei dem man im vollen Galopp mit einem Speer kleine Ringe von aufgestellten Pfosten pflücken musste. Bei einem weiteren Wettkampf ging es darum, nach einem Sprung vom Pferd einen jungen Ochsen niederzuringen. Hier blieb der Ochse Sieger. Die erfolgreichen Mitglieder der Truppe brachten ihre Preise zu Foix und zeigten sie Ista; halb aus Höflichkeit und halb mütterlich hatte diese für den staubbedeckten, humpelnden Ochsen-Ringer ebenso viele tröstende Worte übrig wie Glückwünsche für die siegreichen Wettkämpfer.
Zunächst hatte Ista ihren Begleittrupp als unvermeidliche Last akzeptiert und den Männern kaum Beachtung geschenkt.
Doch während der langen Tage ihrer Reise war sie mit den Namen und Gesichtern vertraut geworden, wie auch mit den Lebensgeschichten, von denen die meisten noch sehr kurz waren. Inzwischen waren es keine austauschbaren Gesichter mehr, nicht mehr nur Krieger, die für ihre Sicherheit sorgten; vielmehr hatte Ista gelernt, die meisten von ihnen als große Kinder zu sehen. Diese Veränderung ihrer Wahrnehmung empfand sie als bedrückend. Sie legte nicht den geringsten Wert darauf. Sie wollte nicht die Verantwortung für sie tragen. Ich hatte kein Glück mit Söhnen. Und doch, Treue musste in beide Richtungen wirken, wenn sie nicht den Keim des Verrats in sich tragen sollte.
Die Teilnehmer versammelten sich zum Pferderennen, und Foix fand für Ista einen Platz auf dem Abhang über der Straße, von dem aus sie über die Menge der anderen erwartungsvollen Zuschauer hinwegblicken konnte. In einer galanten Geste breitete Foix den Mantel auf dem Boden aus, den er wegen des warmen Wetters an diesem strahlend hellen Nachmittag über dem Arm getragen hatte, und Ista ließ sich darauf nieder. Von hier aus hatten sie einen hervorragenden Blick auf Start und Ziel des Rennens, die durch einen Baumstumpf neben der Straße gekennzeichnet waren. Die Rennstrecke verlief zwei Meilen die Straße entlang durch das Tal, dann um eine Gruppe Eichen auf einem Hügel herum und auf demselben Weg zurück.
Etwa zwanzig Pferde und ihre Reiter liefen auf der weiten Fläche um die Straße herum. Ferda dy Gura war dort, mit seinem glänzend schwarzen Ross. Er kürzte seine Steigbügel und musterte die übrigen Teilnehmer, als Liss auf ihrer langbeinigen Fuchsstute herankam. Er drehte sich zu ihr um und starrte sie an, überrascht, aber offensichtlich nicht begeistert. Anscheinend ließ er irgendeine unfreundliche Bemerkung fallen, denn Liss’ Gesicht verriet Enttäuschung. Doch schon im
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