Paladin der Seelen
wieder aber noch unterdrückte, vergnügte Quiekser ausstieß. »Selbst wenn ich es versuchte, er würde es mir gewiss nicht danken. Nein, Majestät. Ich würde mich ohne Zögern zwischen meinen Bruder und einen Armbrustbolzen der Roknari werfen, was ich übrigens schon getan habe. Aber die brüderliche Selbstaufopferung muss auch ihre Grenzen haben.«
Ista lächelte spöttisch. »So ist das also. Ich verstehe.«
Foix zuckte die Achseln. »Nun, wer weiß. Man wird sehen.«
»Allerdings.« Ista fühlte sich an die Winkelzüge bei Hofe erinnert, im Kleinen sozusagen. Sie würde Liss davor warnen müssen, in ihrer kleinen Schar keine Unstimmigkeiten zu fördern, sei es nun zufällig oder mit Absicht. Und was Foix betraf, war sie nicht sicher, ob er jemandes Rat bedurfte.
Mit einem Leuchten in den Augen erhob sich Foix. »Ich muss mich nun aufmachen und meinen Bruder zum Sieg beglückwünschen. Die Gelegenheit will ich auf keinen Fall versäumen.« Er beugte sich herunter und half ihr auf, mit einem Elan, der auch für Cardegoss gereicht hätte.
Später am Nachmittag – Liss stand bereits wieder an Istas Seite – beschloss Foix, an einem Holzfäller-Wettbewerb teilzunehmen. Vor den Augen der Damen ging er ohne Hemd in diesen schweißtreibenden Wettkampf. Auf seinem muskulösen Oberkörper waren kaum Narben zu erkennen, obwohl seine Haut an einigen Stellen immer noch ein wenig fleckig wirkte. Ista vermutete, dass er das Breitschwert mit derselben Wucht schwingen konnte wie jetzt die Axt. Doch entweder hatte er sich von seinen Verletzungen nicht so gut erholt, wie er stets behauptete, oder er verfolgte eine äußerst hintersinnige Strategie – auf jeden Fall schloss er den Wettkampf gut gelaunt als Zweiter ab. Er klopfte dem Sieger auf die Schulter, reichte ihm zum Glückwunsch einen Krug Bier aus und ging pfeifend davon.
Erst viel später fand Ista Gelegenheit, mit ihrer Zofe ein paar vertrauliche Worte zu wechseln. Sie zogen sich nach dem Abendessen auf den Balkon ihres prächtigen Gemachs zurück, das einen Blick auf den Stadtplatz bot. Auf der gepflasterten Fläche zu ihren Füßen hatte es zuvor ein Festmahl gegeben. Inzwischen waren die Reste fortgeräumt und Platz für Musik und Tanz geschaffen worden. Hunderte von Metalllaternen mit fein ausgestanzten Oberflächen waren rund um den Platz verteilt, hingen in den Bäumen vor dem Tempel und warfen ein filigranes Lichtmuster auf die Szenerie. Bislang ging es noch nicht allzu wild zu, denn die jungen Frauen wurden von ihren Familien gut beaufsichtigt. Ista vermutete, dass das ernsthafte Besäufnis erst später am Abend begann, wenn die Mädchen den Heimweg angetreten hatten.
Sie machte es sich auf einem Stuhl bequem, den man für sie herausgestellt hatte. Liss stützte sich auf die hölzerne Brüstung und schaute sehnsüchtig den Tänzern zu.
»Also«, sagte Ista nach einer Weile. »Was hatten du und Ferda vor dem Rennen miteinander zu besprechen? Was hat euch so aufgebracht?«
»Ach …« Liss verzog das Gesicht und drehte sich halb herum. »Dummheiten. Er wollte mir erzählen, es wäre unlauter von mir, am Rennen teilzunehmen, weil mein Botenpferd viel zu überlegen für so einen ländlichen Wettbewerb sei. Als ob sein Pferd nicht das Beste wäre, was Cardegoss aufzubieten hatte! Außerdem sei es ein unziemlicher Wettbewerb für eine Frau, sagte er. Dabei war ein halbes Dutzend anderer Frauen dabei! Bei einem Rennen zu Ehren der Göttin! Sämtliche Männer sind im Namen ihrer Frauen angetreten, auch Ferda – er hat sich Euch zu Ehren eingeschrieben.«
»Dann waren seine Einwände wohl nicht ganz angebracht, das muss ich zugeben«, murmelte Ista.
»Er war abscheulich! Nun, ich habe es ihm gezeigt.«
»Ja, aber du hast ihm auch gezeigt, dass er zumindest zum Teil Recht hatte. Dein Pferd war den Tieren aus Vinyasca weit überlegen.«
»Genau wie seins! Wenn ich deshalb nicht hätte antreten sollen, gilt das auch für ihn.«
Ista lächelte, und nach einem Augenblick wandte Liss sich wieder den ländlichen Tänzen zu, bei denen Männer und Frauen mal getrennt tanzten, wobei sie sich an den Händen fassten und im Reigen drehten, dann wieder zusammen, in komplizierten Figuren, die ein Ausrufer festlegte und laut verkündete, während die Musik weiterspielte. Meist ging es sehr wild zu, mit wirbelnden Röcken und Untergewändern und rhythmisch stampfenden Füßen.
Ista versuchte, sich darüber klar zu werden, ob die Missstimmung zwischen ihren beiden
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