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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Angriffsposition zu bringen – mit welchem Ziel auch immer? Oder waren es erschöpfte Krieger auf hastigem Rückzug? Wenn sie die Farben des Fürsten trugen, war es zumindest kein bunt zusammengewürfelter Haufen aus jüngeren Söhnen und Halunken, die mitgehen ließen, was ihnen in die Hände fiel, und die kaum besser waren als eine Räuberbande. Dies hier aber, so schien es, waren Männer, die mehr Disziplin besaßen und ein bestimmtes Ziel verfolgten.
    Als Ista auf ihrem taumelnden Pferd die nächste Anhöhe erreichte, hatte sie wieder einen guten Ausblick auf die Straße vor sich. Liss’ hoch gewachsener Fuchs war ihnen schon weit voraus und galoppierte immer noch unermüdlich.
    Plötzlich stockte Ista das Herz. Ein weiteres Dutzend jokonischer Reiter stürmte den strauchbewachsenen Abhang hinunter auf Liss zu – offensichtlich ein Trupp Kundschafter, der dem Hauptheer vorausritt. Ista versuchte, Winkel, Entfernungen und Geschwindigkeiten abzuschätzen. Die Jokoner preschten heran, als wollten sie Liss gleichsam von der Straße fegen, so wie ein Falke ein Eichhörnchen aus dem Geäst fischt. Liss hatte die Reiter noch nicht gesehen, und für einen Warnruf war sie schon zu weit weg. Ferda richtete sich in den Steigbügeln auf. Hilfloses Entsetzen spiegelte sich auf seiner Miene. Er trieb sein Pferd mit der Gerte an, doch das erschöpfte Tier konnte nicht schneller.
    Näher und näher kamen die Reiter – und endlich schaute Liss zur Seite und bemerkte sie. Selbst ihre ausdauernde Stute musste an den Grenzen ihrer Belastbarkeit gelangt sein. Liss preschte an den vorderen Reitern vorüber. Eine Armbrust schimmerte, ein Bolzen sirrte durch die Luft. Ferda schrie gequält auf, doch die Entfernung war zu groß gewesen, und der Schütze saß auf einem unruhig schwankenden Pferderücken, sodass der Schuss sein Ziel weit verfehlte.
    Die Patrouille erreichte die Straße. Ihre Anführer gestikulierten heftig. Zwei Reiter trennten sich vom Trupp und folgten Liss; der Rest machte kehrt, formierte sich auf der Straße und wartete ab.
    Ferda fluchte, blickte zurück, dann wieder nach vorn, und biss die Zähne zusammen. Er schlug den Mantel zurück und berührte den Schwertgriff, wobei er Ista mit einem besorgten Blick musterte und offenbar darüber nachdachte, wie er sie beschützen konnte, falls seine schwindende Schar durch dieses neue Hindernis brach. Immer mehr Reiter strömten über die letzte Anhöhe; die Reihe nahm scheinbar kein Ende.
    War erst Blut vergossen, würden die Ereignisse rasch außer Kontrolle geraten. Tote würden nach Vergeltung schreien.
    »Ferda!«, stieß Ista hervor. Es war kaum mehr als ein Krächzen. »Es gibt kein Entkommen. Wir müssen Halt machen und die Bedingungen unserer Kapitulation aushandeln.«
    »Auf keinen Fall, Majestät!« Gequält verzog er das Gesicht. »Bei meinem Eid und meiner Ehre, nein! Wir werden sterben, um Euch zu beschützen!«
    »Ihr könntet mich besser beschützen, wenn Ihr am Leben bleibt und mir mit Verstand und Selbstbeherrschung zur Seite steht, Ferda!« Zumal der bessere Teil des Verstandes und der Selbstbeherrschung ihrer Schar am Durchflussrohr zurückgeblieben war. Ista atmete tief durch, kämpfte moralische Bedenken nieder, die größer waren als die körperliche Angst, und sagte schließlich: »Wir halten an. Das ist ein Befehl!«
    Ferda biss die Zähne zusammen, doch ihm blieb keine Wahl. Die Masse der Jokoner war an sie herangekommen und trieb sie in die Reihe der Feinde, die auf der Straße Aufstellung genommen hatte. Ista konnte bei den wartenden Reitern ein halbes Dutzend schussbereiter Armbrüste erkennen, die diesmal gezielter schießen würden.
    Ferda hob die Hand. »Anhalten!« Die erschöpften Pferde seiner Schar kamen ungeordnet zum Stehen. Die Männer schlugen ihre Mäntel zurück und griffen nach den Waffen. »Stecken lassen!«, kommandierte Ferda.
    Einige Wachen schrien bestürzt auf, anderen liefen Tränen der Hilflosigkeit und Scham über die geröteten Gesichter. Doch sie gehorchten. Sie kannten die Regeln des Spiels so gut wie Ista. Und genauso gut wussten sie, wie oft diese Regeln gebrochen wurden.
    Die Jokoner kamen heran – die Schwerter gezogen, die Armbrüste und Speere bereit –, formierten zu beiden Seiten von Istas Trupp und näherten sich langsam.

 
7
     
     
     
    I
    sta stand in den Steigbügeln und bemühte ihr eingerostetes Roknari. Ihre Zunge war wie gelähmt, und es fiel ihr schwer, verständliche Worte zu formen: »Ich biete

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