Paladin der Seelen
Lösegeld!« Und auf Ibranisch: »Ich bin Se rady Ajelo, und der Herzog von Baocia ist mein Schutzherr! Ich verspreche Lösegeld für mich selbst und jeden meiner Männer!« Um sicher zu gehen, fügte sie auf Roknari hinzu: »Lösegeld für alle!«
Einer der Anführer löste sich aus der Reihe seiner Leute. Er trug ein Kettenhemd von besserer Qualität; das Leder seines Zaumzeugs, des Sattels und der Schwertscheide zeigte einen schmuckvollen Besatz aus Blattgold, und auf seinem Wappenrock aus grüner Seide waren die fliegenden Pelikane von Jokona mit goldenem und weißem Garn aufgestickt. Sein krauses Haar zeigte den typischen, bronze-blonden Farbton der Roknari; es war kunstvoll zu dünnen Zöpfen geflochten, die nach hinten gebunden waren und in einem dicken Zopf ausliefen. Mit einem Blick erfasste er die Zahl der Gefangenen aus Chalion. War da ein kurzes Aufblitzen von Respekt in seinen Augen gewesen, als er die Kleidung und Abzeichen des Ritterordens der Tochter erkannte? In all den Wochen ihrer Pilgerfahrt hatte Ista wie alle anderen die Lippen bei den Gebeten bewegt. Doch in Gedanken hatte sie jedes der gesprochenen Worte zurückgewiesen. Nun aber betete sie voller Inbrunst: 0 Herrin, in dieser Zeit Deiner Herrschaft, halte Deinen schützenden Mantel über diese Deine treuen Diener.
In passablem Ibranisch rief der Offizier: »Legt die Waffen nieder!«
Ein letztes, trotziges Zögern; dann löste Ferda seinen Mantel und zog sich das Wehrgehänge über den Kopf. Mit einem Scheppern fielen Schwert und Scheide in den Schmutz; dann gesellte sich sein Messer dazu. Die Männer folgten seinem Beispiel, ebenso widerwillig. Dann wurden ein halbes Dutzend Armbrüste sowie die zwei Speere jedes Reiters behutsamer auf den wachsenden Berg nutzloser Waffen gelegt. Die schaumbedeckten, schnaufenden Pferde standen still, als Ferda und seine Männer zum Absteigen gezwungen und ein Stück weggeführt wurden. Dann mussten sie sich niedersetzen. Die Jokoner umringten sie mit gezogenen Schwertern und gespannten Armbrüsten.
Einer der Krieger griff nach dem Zaumzeug von Istas Pferd und bedeutete ihr, abzusteigen. Als ihre Stiefel den Boden berührten, wären ihr beinahe die Beine unter dem Körper eingeknickt, so weich waren ihre Knie. Sie zuckte vor der erhobenen Hand des Mannes zurück, obwohl sie fast augenblicklich erkannte, dass er sie nur am Ellbogen hatte festhalten wollen, damit sie nicht zu Boden stürzte. Der Offizier kam näher und bedachte sie mit einem angedeuteten Gruß, der sie vielleicht beruhigen sollte.
»Edelfrau aus Chalion.« Es war zur Hälfte als Frage gemeint, denn ihre schlichten Gewänder bezeugten nicht den hohen Rang. Der Blick des Mannes glitt über ihren Körper hinweg auf der Suche nach Schmuck, Ringen, Broschen, doch er fand nichts dergleichen.
»Was tust du hier?«
» Ich habe jedes Recht, mich hier aufzuhalten.« Ista hob das Kinn. »Ihr habt meine Pilgerreise unterbrochen.«
»Quintarische Teufelsanbeter!« Er spuckte aus. »Für was betest du, Frau?«
Ista hob eine Augenbraue. »Um Frieden. Und Ihr werdet mich als Sera ansprechen.«
Er schnaubte, doch sie schien ihn überzeugt zu haben; zumindest hatte sie seine Neugier ein wenig befriedigt. Ein halbes Dutzend Männer stöberten in ihren Satteltaschen. Der Offizier schritt zwischen sie und scheuchte sie mit einem Wortschwall auf Roknari davon, der zu schnell war, als dass Ista folgen konnte.
Als der Rest des Heerzuges zu ihnen aufschloss, verstand sie allerdings die Zusammenhänge: Hastig ritten einige Männer mit grünen Beuteln herbei, die sie als Gehilfen der fürstlichen Schatzkammer auswiesen. Hinter ihnen kamen weitere Reiter heran, bei denen es sich offenbar um die befehlshabenden Offiziere handelte. Nun wurden die Satteltaschen abgenommen und noch einmal systematisch ausgeplündert, wobei eine ausführliche Bestandsliste aufgestellt wurde. Die Schreiber der Schatzkammer waren zugegen, um das Fünftel des Fürsten von Jokona zu sichern und dafür Sorge zu tragen, dass nichts unterschlagen wurde. Einer von ihnen lief ständig umher, und seine Feder huschte nur so über die Schreibtafel, während er die Pferde und Ausrüstung verzeichnete. Damit stand fest, dass dies ein organisierter Feldzug war, kein spontaner Raubzug.
Der Offizier erstattete seinen Vorgesetzten Bericht; zweimal hörte Ista das Wort Baocia heraus. Einer der Männer, der die Satteltaschen durchstöberte, ließ einen freudigen Ausruf hören. Ista nahm an, er hätte
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