Paladin der Seelen
Zufrieden kniff er die Augen zusammen, als er nichts bemerkte. Er wischte sein Schwert am besudelten Wappenrock sauber, erhob es dann zu einem kurzen Gruß in Istas Richtung und schob es zurück in die Scheide.
»Dürfte ich erfahren, mit welcher Dame ich die Ehre und das Vergnügen habe?«, erkundigte er sich.
»Ich …« Ista zögerte. »Ich bin Serady Ajelo, eine Verwandte des Herzogs von Baocia.«
»Ah.« Seine Brauen sanken herab. »Mein Name ist Porifors.« Er schaute zum lichten Ausgang der Klamm. »Ich muss meine Leute wieder finden.«
Ista bog prüfend ihre Finger. Sie wagte es kaum, ihre dunkel angelaufenen, aufgerissenen Handgelenke zu berühren – verkrustet, blutend, abgeschürft wie sie waren. »Und ich such die Meinen, war aber seit der letzten Mitternacht an das Pferd gefesselt. Ohne Rast, ohne Essen und Trinken und ohne Möglichkeit … nun, wenn Ihr Eure Heldenhaftigkeit abrunden wollt, dann seid so freundlich und wacht über mein Reittier und meine Sittsamkeit, während ich mir einen Busch suche.« Zweifelnd blickte sie den Einschnitt entlang. »Oder einen Felsbrocken, oder was auch immer. Obwohl ich bezweifle, dass mein Pferd mehr Lust verspürt als ich, auch nur einen weiteren Schritt zu tun.«
Erheitert nahm er ihre Worte zur Kenntnis. »Aber gewiss, Sera.«
Behände schwang er sich von seinem Streitross und griff nach den Zügeln ihres Pferdes. Als er ihre Handgelenke erblickte, verblasste sein Lächeln. Ista stieg schwerfällig ab, und er fing sie mit starken Armen auf. Seine Hände hinterließen rote, verschmierte Abdrücke auf ihrem Gewand. Er hielt sie einen Augenblick fest, bis er sicher war, dass sie fest auf den Füßen stand.
Er musterte sie von oben bis unten, und sein Lächeln verschwand gänzlich. »Ihr habt viel Blut auf Euren Kleidern.«
Sie folgte seinem Blick. Die Falten ihres Reitrockes waren auf Höhe der Knie mit Blutflecken gesprenkelt, teils eingetrocknet, teils frisch, denn der letzte Galopp hatte ihre wunde Haut in Fetzen abgeschält. »Ach, das sind bloß Kratzer, auch wenn sie mir ein wenig zu schaffen machen.«
Er runzelte die Stirn: »Und was würdet Ihr dann als ernst bezeichnen?«
Sie humpelte davon, vorbei an dem enthaupteten Anführer der Roknari. »Das da.«
Er senkte den Kopf und gestand ihr diesen Punkt zu.
Stolpernd umrundete Ista die toten Körper und ging ein paar Schritte talauf, auf der Suche nach einem Fels mitsamt Büschen. Als sie zurückkam, kniete er neben dem Bachlauf. Er lächelte und bot ihr etwas an, das auf einem Blatt lag. Nach einem Augenblicke der Verwirrung sah sie, dass es ein Stück Seife war.
»Oh«, sagte sie leise. Mehr brachte sie nicht hervor, ohne in Tränen auszubrechen. Sie ließ sich auf die Knie fallen und wusch sich die Hände in der eisigen Strömung, die munter über die Steine plätscherte. Dann wandte sie sich mit größerer Sorgfalt ihren geschundenen Handgelenken zu, um schließlich aus den hohlen Händen das kühle, klare Wasser zu trinken.
Er legte ein kleines, in Leintücher eingewickeltes Bündel auf einen flachen Stein und schlug es auf. Saubere Stofffetzen kamen zum Vorschein, die zu Verbänden zurechtgeschnitten waren. Vermutlich hatte er das Bündel aus seiner Satteltasche geholt: Was die Jokoner an solchem Material mitgeführt hatten, hatten sie bestimmt längst selbst aufgebraucht. »Ich fürchte, Sera, ich muss Euch bitten, noch ein Stück weiter zu reiten. Vielleicht solltet Ihr zuvor Eure Knie säubern und verbinden?«
»Oh. Ja. Ich danke Euch, mein Herr.« Sie setzte sich auf einen Stein und zog ihre Stiefel aus, zum ersten Mal seit längerer Zeit. Sorgfältig rollte sie den Hosenrock über die Beine empor und zog den Stoff an jenen Stellen ab, an denen er mit dem verkrusteten Blut verklebt war, das ihre Schürfwunden bedeckte. Ihr Retter stand bereit, ihr zu helfen, doch als Ista mit stoischer Ruhe fortfuhr, ließ er die frisch gewaschenen Hände sinken. Als Nächstes benutzte sie die Seife, was zwar schmerzte, zugleich aber befreite. Eiter nässte die scharlachroten Abschürfungen.
»Es wird eine Woche dauern, bis das geheilt ist«, sagte er.
»Vermutlich.«
Als berittener Krieger hatte er ohne Zweifel schon häufiger offene Stellen vom Reiten behandelt und besaß daher wohl einige Sachkenntnis. Er schaute ihr noch eine Weile zu, als wollte er sich davon überzeugen, dass sie zurechtkam. Dann strich er sich übers Gesicht und wandte sich den Leichen zu.
Er ging methodisch vor, und er war
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