Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)
Orlando für ein Name ist?«, hakte Elise schnippisch nach.
»Hallo? Das ist eine Stadt in Florida!«
Vier der WG-Bewohner saßen am Esstisch; Ajay war in seinem Zimmer und arbeitete an irgendetwas. Bis auf Will hatten alle ihr Tablet vor sich liegen, obwohl Nick mehr mit seinem Stück Schokoladenkuchen beschäftigt war. Die Jungs hatten Elise und Brooke direkt nach ihrer Rückkehr geweckt und Kaffee gekocht. Dann hatte Will den beiden alles über die Ritter, den Paladin, Lyle und die Tunnel erzählt, die zur Burg auf der Insel führten. Allerdings nichts von den Monstern – Will hielt es für besser, alle übernatürlichen Details wegzulassen, bis er sicher war, dass die Mädchen sich ihnen auch wirklich anschlossen. Nick und Ajay hatten ihm dabei zugestimmt. Als Will seinen Vortrag beendet hatte, übertrug Ajay die Fotos von den Masken auf die Tablets der anderen. Elise hatte während des Berichts zunehmend mehr Interesse gezeigt, aber Brooke blieb nach wie vor zurückhaltend. Zumindest saß sie mit am Tisch und sah sich die Aufnahmen an.
»Du hast kein Stipendium Nick, oder?«, fragte Will.
»Ich hab sogar ein Vollstipendium«, teilte Nick ihm mit und biss von seinem Kuchen ab. »Mann, ich liebe Schokoladenkuchen.«
»Ein Stipendium für Kunstturnen, aber nicht für Geografie«, bemerkte Elise. »Ich bin halb Französin, du Schwachkopf. Ich spreche fließend Französisch, mein Vater ist Franzose.«
»Ach ja? Und was ist mit deiner Mom? Die ist keine Französin.«
»Sie ist Vietnamesin und spricht Französisch. Und ich sage euch, das hier sind alles französische Namen. Oder besser gesagt fränkische. Aus dem Mittelalter.«
»Abgefahren«, fand Nick. »Es handelt sich also um einen Haufen mittelalterlicher französischer Typen.«
Brooke berührte Nick leicht am Arm. »Bitte sei still.«
»Leute, konzentriert euch«, mahnte Will. »Sobald wir herausgefunden haben, wer die übrigen Ritter sind und was sie vorhaben, können wir uns vielleicht eher ein Bild machen.«
»Aber eins wollen wir schon mal festhalten: Es handelt sich mit Sicherheit nicht um einen Haufen mittelalterlicher französischer Typen«, beharrte Elise und blickte Nick finster an.
»Sehen wir uns dieses Emblem über der Liste einmal genauer an«, schlug Will vor und zeigte auf das Foto auf Brookes Tablet.
Brooke betrachtete das Bild aus der Nähe. »Das hier könnten weiße Chrysanthemen sein. Wir brauchen ein Pflanzenlexikon.«
»Wo sollen wir das denn um diese Zeit hernehmen?«, fragte Will.
»Aus der Bibliothek«, erklärte Brooke, machte aber keine Anstalten aufzustehen.
»Wie denn?«, hakte Will verwirrt nach.
»Auf meinem Tablet.«
»Ich dachte, der Internetzugang wäre blockiert«, wandte Will ein.
»Für Server von außerhalb«, erklärte Brooke. »Aber nicht für die auf dem Campus.«
»Hast du das Lernprogramm etwa noch immer nicht absolviert?«, fragte Elise ungläubig.
»Ich hatte noch keine Zeit.«
»Zeig es ihm«, verlangte Elise.
Brooke drehte ihr Tablet so, dass Will den Monitor sehen konnte. Das Bild darauf – eine hochauflösende Darstellung des Gemeinschaftsraumes ihrer Wohnung – verwunderte ihn nicht. Allmählich gewöhnte er sich an diese unglaublich fortschrittliche Grafik. Dafür verblüffte ihn etwas anderes.
Um den Tisch herum saßen drei unfassbar lebensechte Versionen, fast schon Doppelgänger, von Brooke, Elise und Nick. Sie schauten Will aufmerksam an, in ihrer typischen Haltung und mit der Persönlichkeit – er wusste nicht, wie er es sonst nennen sollte – ihrer lebendigen Gegenstücke.
»Was in aller Welt …?«, stammelte er.
Elise, Brooke und Nick lachten; die Figuren auf dem Display lachten mit ihnen. Keine ihrer Handlungen war exakt synchron mit denen ihren echten Pendants, aber sie wirkten erschreckend ähnlich; als hätten sie alle einen Zwilling.
»Was sind das für Dinger?«, erkundigte Will sich.
»Sie heißen Syn-Apps«, antwortete Brooke.
»Eine Abkürzung für ›Synchronized Synthetic Applications‹«, erläuterte Elise.
Der vierte Stuhl, auf dem Will am richtigen Esstisch saß – und wo eine Version von »Will« die virtuelle Gruppe vervollständigt hätte – war leer.
»Und wo bin ich?«, fragte er.
»Du hast das Lernprogramm noch nicht absolviert, Dummerchen«, erwiderte Elise.
»Geh in die Bibliothek«, wandte Brooke sich an ihren Monitor. Daraufhin erhob sich Brookes Syn-App vom Tisch. Die Wände der Wohnung auf dem Bildschirm verwandelten sich nahtlos in die
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